Laben sie es von den Faltern, den losen,
Die mit den Veilchen am Bache kosen?
Ahmen sie nach den Tau der Wiese,
Der auf den Zweigen blinzelt und lacht?
ünd hat wohl mein Schätzlein, die blonde Liese,
Den fröhlichen Kursus'schon durchgemacht?
Retnhold v. La Croix.
Semper idem.
„Der Professor ist so zerstreut, daß er
jüngst den ersten Maikäfer in den Stall
sperrte und seine Ziege auf die Redaktion
der „Tagespost" schickte."
B e k n n n t in a ch u » g.
■ . . Leider kann in dieser Woche wieder
keine Marmelade verteilt werden; dafür wird
in der nächsten Woche die doppelte Ration
abgegeben. Der Magistrat.
Strenge Zensur.
„Wie sind denn die Liebesbriefe Deiner
Verlobten?" - „Sehr zahm." - „Wieso?"
- „Sie werden zuerst von ihrer Mutter, ihrer
Schwester und ihren beiden Tanten zensiert!"
Aus einem Roman. Gegen Mitternacht hauchte die Gräfin ihre schöne Seele ans. Ihr letzter Seufzer war. . .
Die Verlagshandlnng sieht sich gezwungen, voin nächsten Heft an einen Kriegsznschlag von fünfundzwanzig Prozent zu erheben.
Die Maus.
SVnaralf, die Lieblichste von
allen — war in Schwer-
mut verfallen. — Ihres Geistes
lvallen — sonst hell und heiter —
verlor sich immer weiter — in
düsteres Brüten und Grübeln
— das schlimmste von allen
Übeln. — Da versagte jede Me-
dizin. — Die Arzte gingen her
und hin — mit vergrämtem
Sinn. — lvas sie auch ver-
schrieben — zu widerfahren den
schlimmenITrieben — ist um-
sonst geblieben.
Der Sultan, der sie über
die Maßen gern hatte — und
sie jetzt so fern hatte — weil sie
ihn mied, wenn sie ihren bösen
Stern hatte —■ ries ratlos herbei
- zuletzt ihrer zwei: — Ihre
Leibsklavin, die in derlei auch
von allen den schlauen — und
klugen Frauen am meisten
besaß sein eigenes vertrauen. —
Dazu den Schalksnarren, den er
erkor — weil der seinen Humor
— noch nie verlor — und oft auch des Fürsten Sorgen beschwor.
„lvißt denn auch Ihr nicht," srug der Gebieter -- und ließ
sich nieder — „warum sie meidet Spiel, Tanz und Lieder - warum
sie an Blumen keinen Gefallen findet - und ans den sonnigen
Hallen verschwindet — um sich int finstersten Eck, das wir haben —
Stunden und Tage ohne Zweck zu vergraben?!"
„Herr," sprach die Sklaviir und schaute sich um ob rings-
herum — pfiffig und stumm — kein Lauscher wäre „vernimm,
wie ich Dir das Unheil erkläre! — Sie stellte eine goldene Falle
aus. — Darin fing sie eine Ul aus das zierlichste Käuzchen
mit dem rosigsten Schnäuzchen mit deit zartesten Ghren. Die
hat sie jetzt plötzlich verloren — und findet sie nimmer.
Daher das Gewimmer - das stündlich wird schlimmer und mich
selber noch bringt aus dem Häuschen. - Denn sie jammert bloß
stets: „Hol' mir mein Mäuschen I" — Und ich kann's doch nicht
fangen — weil ich nicht weiß, wohin sie gegangen!"
„lvartet!" sprach der Narr — der schnell fertig war. — Denn
offenbar — schien ihm das Rätsel klar. — Binnen weniger Stunden
— hatte er im runden - Garten-
saal hinter verschlossenen Türen
- aus allen Revieren — Tau-
sende von Mäusen gefangen -
die mit Piepsen und Bangen
mit Schnuppern, Schwänzeln und
Zappeln - mit Trippeln und
Trappeln — mit Schwippeln und
Schwappein — sich im Joch troll-
ten — und aus dem Loch wollten.
Über das Kunterbunter —
lachte der Sultan munter. — Doch
die Sklavin seufzte: „Sie ist nicht
d'runter! — Denn die eine, die
ihre — trug um die Beine die
viere — je ein goldenes Ringlein
— ein winziges Dinglein —
das sie als Kennzeichen — ver-
ändern dergleichen — lang vor-
dem Entweichen - dem Lieb-
ling ließ dar-.-cichen!"
„lvartet!" sprach der Narr
— der wieder schnell fertig war.
— Denn offenbar — schien ihm
die Hilfe klar. — Er bestellte
beim Goldschmied Mohammed -
der gleich gegenüber dem Minarett — seinem Geschäft nachgeht
- und die feinsten Ringe dreht — zehntausend davon — und am
andern Tage schon — hatte jede der Mäuse — in dem Gehäuse
— wie die eine, die ihre — um die Beine, die viere — je ein
goldenes Ringlein — ein winziges Dinglein.
Der Sultan mußte das Lachen verbeißen — und tat
brummig: „lvas soll das heißen?! — Das Geld so hinaus-
zuschmeißen — statt sich zu befleißen - das richtige Mäuschen zu
finden! — Denn es kann doch nur eines sein — und das kann
ja iticht Drittes sein!"
„lvartet!" sprach der Narr der schon wieder fertig war.
Denn offenbar — schien der weitere Plan ihm klar. — Er ries
die Paschas, die Effendis, die lveisen im Rate — die Leibwachen
und Türhüter aller Grade — die Köche, die Küchenjungen, die
Gärtner — die Kameltreiber, die Elefantenstallpsörtner — die
Tänzerinnen, die Sängerinnen — die Mägde von draußen und
die von drinnen. — Jeder und jede bekam eine lllaus — und
mußte hineingehen in's Haus — und bei Dinarah sprechen der-
180
Die mit den Veilchen am Bache kosen?
Ahmen sie nach den Tau der Wiese,
Der auf den Zweigen blinzelt und lacht?
ünd hat wohl mein Schätzlein, die blonde Liese,
Den fröhlichen Kursus'schon durchgemacht?
Retnhold v. La Croix.
Semper idem.
„Der Professor ist so zerstreut, daß er
jüngst den ersten Maikäfer in den Stall
sperrte und seine Ziege auf die Redaktion
der „Tagespost" schickte."
B e k n n n t in a ch u » g.
■ . . Leider kann in dieser Woche wieder
keine Marmelade verteilt werden; dafür wird
in der nächsten Woche die doppelte Ration
abgegeben. Der Magistrat.
Strenge Zensur.
„Wie sind denn die Liebesbriefe Deiner
Verlobten?" - „Sehr zahm." - „Wieso?"
- „Sie werden zuerst von ihrer Mutter, ihrer
Schwester und ihren beiden Tanten zensiert!"
Aus einem Roman. Gegen Mitternacht hauchte die Gräfin ihre schöne Seele ans. Ihr letzter Seufzer war. . .
Die Verlagshandlnng sieht sich gezwungen, voin nächsten Heft an einen Kriegsznschlag von fünfundzwanzig Prozent zu erheben.
Die Maus.
SVnaralf, die Lieblichste von
allen — war in Schwer-
mut verfallen. — Ihres Geistes
lvallen — sonst hell und heiter —
verlor sich immer weiter — in
düsteres Brüten und Grübeln
— das schlimmste von allen
Übeln. — Da versagte jede Me-
dizin. — Die Arzte gingen her
und hin — mit vergrämtem
Sinn. — lvas sie auch ver-
schrieben — zu widerfahren den
schlimmenITrieben — ist um-
sonst geblieben.
Der Sultan, der sie über
die Maßen gern hatte — und
sie jetzt so fern hatte — weil sie
ihn mied, wenn sie ihren bösen
Stern hatte —■ ries ratlos herbei
- zuletzt ihrer zwei: — Ihre
Leibsklavin, die in derlei auch
von allen den schlauen — und
klugen Frauen am meisten
besaß sein eigenes vertrauen. —
Dazu den Schalksnarren, den er
erkor — weil der seinen Humor
— noch nie verlor — und oft auch des Fürsten Sorgen beschwor.
„lvißt denn auch Ihr nicht," srug der Gebieter -- und ließ
sich nieder — „warum sie meidet Spiel, Tanz und Lieder - warum
sie an Blumen keinen Gefallen findet - und ans den sonnigen
Hallen verschwindet — um sich int finstersten Eck, das wir haben —
Stunden und Tage ohne Zweck zu vergraben?!"
„Herr," sprach die Sklaviir und schaute sich um ob rings-
herum — pfiffig und stumm — kein Lauscher wäre „vernimm,
wie ich Dir das Unheil erkläre! — Sie stellte eine goldene Falle
aus. — Darin fing sie eine Ul aus das zierlichste Käuzchen
mit dem rosigsten Schnäuzchen mit deit zartesten Ghren. Die
hat sie jetzt plötzlich verloren — und findet sie nimmer.
Daher das Gewimmer - das stündlich wird schlimmer und mich
selber noch bringt aus dem Häuschen. - Denn sie jammert bloß
stets: „Hol' mir mein Mäuschen I" — Und ich kann's doch nicht
fangen — weil ich nicht weiß, wohin sie gegangen!"
„lvartet!" sprach der Narr — der schnell fertig war. — Denn
offenbar — schien ihm das Rätsel klar. — Binnen weniger Stunden
— hatte er im runden - Garten-
saal hinter verschlossenen Türen
- aus allen Revieren — Tau-
sende von Mäusen gefangen -
die mit Piepsen und Bangen
mit Schnuppern, Schwänzeln und
Zappeln - mit Trippeln und
Trappeln — mit Schwippeln und
Schwappein — sich im Joch troll-
ten — und aus dem Loch wollten.
Über das Kunterbunter —
lachte der Sultan munter. — Doch
die Sklavin seufzte: „Sie ist nicht
d'runter! — Denn die eine, die
ihre — trug um die Beine die
viere — je ein goldenes Ringlein
— ein winziges Dinglein —
das sie als Kennzeichen — ver-
ändern dergleichen — lang vor-
dem Entweichen - dem Lieb-
ling ließ dar-.-cichen!"
„lvartet!" sprach der Narr
— der wieder schnell fertig war.
— Denn offenbar — schien ihm
die Hilfe klar. — Er bestellte
beim Goldschmied Mohammed -
der gleich gegenüber dem Minarett — seinem Geschäft nachgeht
- und die feinsten Ringe dreht — zehntausend davon — und am
andern Tage schon — hatte jede der Mäuse — in dem Gehäuse
— wie die eine, die ihre — um die Beine, die viere — je ein
goldenes Ringlein — ein winziges Dinglein.
Der Sultan mußte das Lachen verbeißen — und tat
brummig: „lvas soll das heißen?! — Das Geld so hinaus-
zuschmeißen — statt sich zu befleißen - das richtige Mäuschen zu
finden! — Denn es kann doch nur eines sein — und das kann
ja iticht Drittes sein!"
„lvartet!" sprach der Narr der schon wieder fertig war.
Denn offenbar — schien der weitere Plan ihm klar. — Er ries
die Paschas, die Effendis, die lveisen im Rate — die Leibwachen
und Türhüter aller Grade — die Köche, die Küchenjungen, die
Gärtner — die Kameltreiber, die Elefantenstallpsörtner — die
Tänzerinnen, die Sängerinnen — die Mägde von draußen und
die von drinnen. — Jeder und jede bekam eine lllaus — und
mußte hineingehen in's Haus — und bei Dinarah sprechen der-
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Maus"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1918
Entstehungsdatum (normiert)
1913 - 1923
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 149.1918, Nr. 3825, S. 186
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg