Den Fremden ansah und d'rauf jäh entschwand.
Doch der war so behext von diesem Bild,
So hingerissen durch den schnellen Traum,
Daß er des Ländlers Frage blind bejahte,
Jedweden Preis bezahlte, den der wollte,
Und mit dem Teppich vor der Türe stand.
Eh' er noch nüchtern wurde vou dem Zauber.
Doch niemand wußte, wie der Spuk geschah.
War es ein Dämon, der dem Kaufmann diente?
War's ein Geheimnis, das sein Laus verbarg?
Er schwieg — und keiner konnte es ergründen.
Auch der Kalis, jung, kühn und lebensfroh.
Vernahm von diesem sonderbaren Lande!
Und sprach: „Das dunkle Rätsel will ich lösen!"
Doch insgeheim bewegten seine Seele
Mehr als das Rätsel jene dunkeln Augen,
Die seine Freunde voll Begeisterung priesen.
So ging er hin, allein und wohl verkleidet,
Trat in's Gewölb', begehrte einen Teppich
Und mäkelte und schacherte zum Scheiu,
Bis Soliman, der ihn dabei gemustert
Und bei sich seine Kaufkraft abgeschätzt,
Ihn vor ein köstliches Gewebe führte;
Denn reich und edel deuchte ihm der Fremde.
Der aber hielt mit seinem Lob zurück.
Da schwebte plötzlich fiißer Ambraduft
Durch das Gewölbe. Sanftes Rosenlicht
Floß von der Decke und aus einem Vorhang,
Vor dem der Teppich ausgebreitet lag,
Lob sich ein Antlitz, so voll Luld und Glanz,
Daß der Kalif im tiefsten Lerzen
bebte.
Der Ländler fah's und sprach mit
schlauem Lächeln:
„Lerr, willst Du?!" — „Ja!" rief
der Kalif. „Ich will!"
And sprang, eh' Soliman sich noch
verseh'n,
Linzu und fing mit seinen starken
Armen
Im Vorhang das verborgene schöne
Kind,
Das mehr aus Scham ihn wehrte
als im Lerzen.
„Oho!" schrie voll Entrüstung Soli-
man.
„Der Teppich war es! Laß doch
meine Tochter!"
„Rein!" lachte der Kalif. „Der
Vorhang war's!
Mein Weib wird sie. Sonst folgst
Du mir zum Kadi!
Sie ist mir Zeugin!" — „Zeugin ist sie mir!"
Rief Soliman. Da neigte sich das Mädchen
Und seufzte, rosiger als das Rosenlicht:
„Ich glaube wirklich, Vater, 's war der Vor-
hang !"
So sah er, daß die eigne List ihn fing,
Und brummte: „Gut, der Kuckucksvorhang
war's!"
Sb.
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Doch der war so behext von diesem Bild,
So hingerissen durch den schnellen Traum,
Daß er des Ländlers Frage blind bejahte,
Jedweden Preis bezahlte, den der wollte,
Und mit dem Teppich vor der Türe stand.
Eh' er noch nüchtern wurde vou dem Zauber.
Doch niemand wußte, wie der Spuk geschah.
War es ein Dämon, der dem Kaufmann diente?
War's ein Geheimnis, das sein Laus verbarg?
Er schwieg — und keiner konnte es ergründen.
Auch der Kalis, jung, kühn und lebensfroh.
Vernahm von diesem sonderbaren Lande!
Und sprach: „Das dunkle Rätsel will ich lösen!"
Doch insgeheim bewegten seine Seele
Mehr als das Rätsel jene dunkeln Augen,
Die seine Freunde voll Begeisterung priesen.
So ging er hin, allein und wohl verkleidet,
Trat in's Gewölb', begehrte einen Teppich
Und mäkelte und schacherte zum Scheiu,
Bis Soliman, der ihn dabei gemustert
Und bei sich seine Kaufkraft abgeschätzt,
Ihn vor ein köstliches Gewebe führte;
Denn reich und edel deuchte ihm der Fremde.
Der aber hielt mit seinem Lob zurück.
Da schwebte plötzlich fiißer Ambraduft
Durch das Gewölbe. Sanftes Rosenlicht
Floß von der Decke und aus einem Vorhang,
Vor dem der Teppich ausgebreitet lag,
Lob sich ein Antlitz, so voll Luld und Glanz,
Daß der Kalif im tiefsten Lerzen
bebte.
Der Ländler fah's und sprach mit
schlauem Lächeln:
„Lerr, willst Du?!" — „Ja!" rief
der Kalif. „Ich will!"
And sprang, eh' Soliman sich noch
verseh'n,
Linzu und fing mit seinen starken
Armen
Im Vorhang das verborgene schöne
Kind,
Das mehr aus Scham ihn wehrte
als im Lerzen.
„Oho!" schrie voll Entrüstung Soli-
man.
„Der Teppich war es! Laß doch
meine Tochter!"
„Rein!" lachte der Kalif. „Der
Vorhang war's!
Mein Weib wird sie. Sonst folgst
Du mir zum Kadi!
Sie ist mir Zeugin!" — „Zeugin ist sie mir!"
Rief Soliman. Da neigte sich das Mädchen
Und seufzte, rosiger als das Rosenlicht:
„Ich glaube wirklich, Vater, 's war der Vor-
hang !"
So sah er, daß die eigne List ihn fing,
Und brummte: „Gut, der Kuckucksvorhang
war's!"
Sb.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Vorhang"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1918 - 1918
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 149.1918, Nr. 3826, S. 197
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg