„So so I" meint die Bäuerin. „Da niüaßt's wohl ©s alle
zwoa selber scho' schöne Zopf' g'habt hab'n, wia Ihr Enk des-
zweg'n g'stritt'n habt's!"
Er gibt keine Antwort drauf, sondern schaut in den Vinkel
und pfeift dazu.
Da faßt die Rosl, sein einziges Rind, die beim Stricken auf
der ©fenbank das ganze Leidwesen mit angehört hat, einen selbst-
aufopfernden, uneigennützigen Entschluß und verschwindet.
„Da gehst D' halt iatzt zum Glaser 'nüber" — rät die Bäuerin
drinnen — „und gibst eahm a guat's Mort und sagst es eahm
zweg'n de dreiazwanz'g Lensterscheib'n!"
„Bai" schreit er wütend. „Dös tua i' net und wann D' Di'
auf ’n Kopf stellst I"
Er rennt ein paarmal durch die Stube, wirft einen Stuhl um
und bleibt vor ihr stehen: „Natürli', daß der jung' Gischpi überall
aufdrah'n tat, der alt' Lmmeran hätt' bei eahm um schön's Vetter
o'g'halt'n l Dös tua' i' net und wann no' dreiazwanz'g Lenster-
scheib'n kaputt wer'n!"
Auf einmal bleibt er stehen und horcht: „Vas war denn
iatzt dös?"
„Vas hast D' denn?" fragt die Bäuerin erstaunt.
„was dös mar, macht' i' wissenl" brummt er, reißt die Tür
auf und stolpert in die Nacht hinaus.
Gleich drauf hört man hinten im Garten einen Mords-
spektakel.
Jetzt kommt er auch schon hereingestolpert und hat die Rosl
am Arm. Blutrot ist sie wie der Feldmohn und schaut auf den
Boden, als hätt' sie einen Kronentaler verloren.
„Voaßt D'I" — schreit er und schnappt nach Lust.
„ksastD' denn heut' den hellicht'n lsirnbrand?" ruft die Bäuerin
und schüttelt den Kopf. „Vas willst D' denn iatzt wieder mit
dem Dirndl?"
„Voaßt D'" — schreit er wieder — „bei was i's verwischt
Hab' ?"
„Na!" sagt sie. „Bei was denn? Do' net beim Lenster-
einglasen?"
„Na!" antwortet er und schiebt die Sünderin unter'r Lampen-
licht. „Beim Lenstereinglasen net, aber do' bei der Glaserei: Am
Zaun is s' g'standen und hat am Glaser a Bußl geb'n!"
,,D' Nosl?" sagt die Bäuerin verwundert und schaut über die
Strickbrille hinweg dem Dirndl in's blutrote Gesicht.
„No ja!" stottert das Dirndl. „Vann er halt sonst dem
Vätern de dreiazwanz'g Lensterscheib'n net ein-
glast!"
„Schau!" spottet er fuchsteufelswild. „So a opferwillig's
G'schöpf! Da gehst D' aus lauter vaterliab' und Mitleid 'naus
an 'n Zaun und gibst an Glaser a Bußl, bloß damit der wild-
fang Dei'm Vätern de dreiazwanz'g Lensterscheib'n einglast?! So
a opferwillig's Dirndl is do' no' net dag'wesen, seitdem daß 's Dorf
steht! Da müaßt' ma' Dir ja völli' a Taferl setzen an's kjaus
mit Enkerm Bildnis drauf, wia Ihr zwoa Enk a ©pferbußl gebt's
unter',» lfollerbaam!"
„Gern ha'm ma uns ja aa' scho' lang und hei rat'n will
er mi' aa' — der Glaser!" murmelt die Rosl.
„Dös gib t's net!" schreit der Bauer.
„warum soll's denn dös net geb'n!" mischt sich jetzt die
Bäuerin d'rein. „wann s' anand' gern ha'm. . . und nacha" —
lacht sie — „wann der Bauer auf de Meis' zu de dreiazwanz'g
neuen Lensterscheib'n kimmt!"
Er will noch schimpfen und fluchen. . . aber auf einmal muß
er selber lachen, er weiß nicht, wie und warum . . . und im nächsten
Augenblick hat ihn die Bäuerin von vorn und die Rosl von hinten
um den kjals und er brummt: „No' ja, in Gott's Nam'. . . aber
dös sag' i'Enk glei', bloß zweg'n de dreiazwanz'g kaputten
Lensterscheib'n tua i's — sonst net um alles in der
weit!"
Das Null er l.
Hausfrau: „Du hast Dir während meiner Abwesenheit einen
Vollbart tvachsen lassen? Ja, sag' nur, wer hat Dir den» das
erlaubt?" — Köchin: „Ich!"
20» ge und TTnfclnge.
Die Klügste» lind die Mutigsten meist nicht
lind zaghaft Menschen oft mit große» Gaben.
Die Dummen haben stets mehr Zuversicht,
Schon weil sie weniger Bedenken haben.
o. e. cu.
©in moderner Junge.
„Also tägliäi kam ein Geier und hackte dem Prometheus die
Leber heraus, die immer wieder Nachwuchs: Nun, Ferdl, was
mag Prometheus dabei gedacht haben?" — „Wenn doch nur einmal
ein fleischloser Tag kam'!"
Das Schiedsgericht.
^Däsar lief, seiner selbst nicht froh,
In Laus und Los herum.
Ei» Wort vom Freunde Cicero
Erschien ihm keck und dumm.
Der hatte heut' ganz nebenbei
Erklärt von ungefähr,
Daß er von ihnen allen zwei
Der bessere Redner wär'.
„Das gibt's nicht!" schimpfte Cäsar. „Nein!
Wart', dem steig' ich auf's Dach!
Wie könnt' denn ich noch Cäsar sein,
Stlind' ich in was wem nach?!"
So traf ihn seine Frau und frug
Die Sache schnell heraus.
Sie lächelte und sagte klug:
„Sei still! Ich mach' das aus.
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zwoa selber scho' schöne Zopf' g'habt hab'n, wia Ihr Enk des-
zweg'n g'stritt'n habt's!"
Er gibt keine Antwort drauf, sondern schaut in den Vinkel
und pfeift dazu.
Da faßt die Rosl, sein einziges Rind, die beim Stricken auf
der ©fenbank das ganze Leidwesen mit angehört hat, einen selbst-
aufopfernden, uneigennützigen Entschluß und verschwindet.
„Da gehst D' halt iatzt zum Glaser 'nüber" — rät die Bäuerin
drinnen — „und gibst eahm a guat's Mort und sagst es eahm
zweg'n de dreiazwanz'g Lensterscheib'n!"
„Bai" schreit er wütend. „Dös tua i' net und wann D' Di'
auf ’n Kopf stellst I"
Er rennt ein paarmal durch die Stube, wirft einen Stuhl um
und bleibt vor ihr stehen: „Natürli', daß der jung' Gischpi überall
aufdrah'n tat, der alt' Lmmeran hätt' bei eahm um schön's Vetter
o'g'halt'n l Dös tua' i' net und wann no' dreiazwanz'g Lenster-
scheib'n kaputt wer'n!"
Auf einmal bleibt er stehen und horcht: „Vas war denn
iatzt dös?"
„Vas hast D' denn?" fragt die Bäuerin erstaunt.
„was dös mar, macht' i' wissenl" brummt er, reißt die Tür
auf und stolpert in die Nacht hinaus.
Gleich drauf hört man hinten im Garten einen Mords-
spektakel.
Jetzt kommt er auch schon hereingestolpert und hat die Rosl
am Arm. Blutrot ist sie wie der Feldmohn und schaut auf den
Boden, als hätt' sie einen Kronentaler verloren.
„Voaßt D'I" — schreit er und schnappt nach Lust.
„ksastD' denn heut' den hellicht'n lsirnbrand?" ruft die Bäuerin
und schüttelt den Kopf. „Vas willst D' denn iatzt wieder mit
dem Dirndl?"
„Voaßt D'" — schreit er wieder — „bei was i's verwischt
Hab' ?"
„Na!" sagt sie. „Bei was denn? Do' net beim Lenster-
einglasen?"
„Na!" antwortet er und schiebt die Sünderin unter'r Lampen-
licht. „Beim Lenstereinglasen net, aber do' bei der Glaserei: Am
Zaun is s' g'standen und hat am Glaser a Bußl geb'n!"
,,D' Nosl?" sagt die Bäuerin verwundert und schaut über die
Strickbrille hinweg dem Dirndl in's blutrote Gesicht.
„No ja!" stottert das Dirndl. „Vann er halt sonst dem
Vätern de dreiazwanz'g Lensterscheib'n net ein-
glast!"
„Schau!" spottet er fuchsteufelswild. „So a opferwillig's
G'schöpf! Da gehst D' aus lauter vaterliab' und Mitleid 'naus
an 'n Zaun und gibst an Glaser a Bußl, bloß damit der wild-
fang Dei'm Vätern de dreiazwanz'g Lensterscheib'n einglast?! So
a opferwillig's Dirndl is do' no' net dag'wesen, seitdem daß 's Dorf
steht! Da müaßt' ma' Dir ja völli' a Taferl setzen an's kjaus
mit Enkerm Bildnis drauf, wia Ihr zwoa Enk a ©pferbußl gebt's
unter',» lfollerbaam!"
„Gern ha'm ma uns ja aa' scho' lang und hei rat'n will
er mi' aa' — der Glaser!" murmelt die Rosl.
„Dös gib t's net!" schreit der Bauer.
„warum soll's denn dös net geb'n!" mischt sich jetzt die
Bäuerin d'rein. „wann s' anand' gern ha'm. . . und nacha" —
lacht sie — „wann der Bauer auf de Meis' zu de dreiazwanz'g
neuen Lensterscheib'n kimmt!"
Er will noch schimpfen und fluchen. . . aber auf einmal muß
er selber lachen, er weiß nicht, wie und warum . . . und im nächsten
Augenblick hat ihn die Bäuerin von vorn und die Rosl von hinten
um den kjals und er brummt: „No' ja, in Gott's Nam'. . . aber
dös sag' i'Enk glei', bloß zweg'n de dreiazwanz'g kaputten
Lensterscheib'n tua i's — sonst net um alles in der
weit!"
Das Null er l.
Hausfrau: „Du hast Dir während meiner Abwesenheit einen
Vollbart tvachsen lassen? Ja, sag' nur, wer hat Dir den» das
erlaubt?" — Köchin: „Ich!"
20» ge und TTnfclnge.
Die Klügste» lind die Mutigsten meist nicht
lind zaghaft Menschen oft mit große» Gaben.
Die Dummen haben stets mehr Zuversicht,
Schon weil sie weniger Bedenken haben.
o. e. cu.
©in moderner Junge.
„Also tägliäi kam ein Geier und hackte dem Prometheus die
Leber heraus, die immer wieder Nachwuchs: Nun, Ferdl, was
mag Prometheus dabei gedacht haben?" — „Wenn doch nur einmal
ein fleischloser Tag kam'!"
Das Schiedsgericht.
^Däsar lief, seiner selbst nicht froh,
In Laus und Los herum.
Ei» Wort vom Freunde Cicero
Erschien ihm keck und dumm.
Der hatte heut' ganz nebenbei
Erklärt von ungefähr,
Daß er von ihnen allen zwei
Der bessere Redner wär'.
„Das gibt's nicht!" schimpfte Cäsar. „Nein!
Wart', dem steig' ich auf's Dach!
Wie könnt' denn ich noch Cäsar sein,
Stlind' ich in was wem nach?!"
So traf ihn seine Frau und frug
Die Sache schnell heraus.
Sie lächelte und sagte klug:
„Sei still! Ich mach' das aus.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Das Schiedsgericht"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1918
Entstehungsdatum (normiert)
1913 - 1923
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 149.1918, Nr. 3828, S. 214
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg