pünktlich kam dann auch der Hausarzt.
Der alte Spitzbube war offensichtlich mit im Komplott. (D Ab-
grund von Schlechtigkeit!
Er untersuchte den Patienten gründlich, machte dann ein etwas
bedenkliches Gesicht und sagte: „Hm! Ich bin mir noch nicht
ganz klar!"
„Ich mir aber schon!" dachte sich der Privatier und kochte
innerlich.
„Jedenfalls machen wir jetzt gleich einen kräftigen Wickel!"
fuhr der Doktor zur jungen Frau fort. „Der ist das allerbeste!
Dann bleiben wir nachmittags schön ini Bett und bis morgen
wird hoffentlich alles vorbei fein I"
„Ja, bis morgen wird alles vorbei sein!" wütete Emil in
seinem Innern und erklärte sich mit dem Wickel einverstanden.
Er merkte das triumphierende Ausstammen im Auge seiner
Jrau gar wohl und hörte dann auch, als sie den Arzt hinaus-
begleitete, die beiden leise flüstern. Ja, er glaubte sogar deutlich
zu vernehmen, wie sie heimlich lachten. B herzlose Natter! (D noch
schlimmerer Helfershelfer!
Und mit welcher Liebe sie ihm den Wickel machte! Recht
dick und fest! Und mit welcher Liebe sie ihm empfahl, ja im Bett
zu bleiben! Sie würde bald wieder da sein! Nur eine dringende
Besorgung I
„Jawohl!" dachte er. „Um vier Uhr am Schillermonuinent!
Nicht wahr, Du Here?!"
Kaum war sie aus deni Zimmer, da riß er auch schon den
Wickel herunter und stand auf den Beinen. Ulit Sturmeseile
kleidete er sich an, schlüpfte auf den Gang, damit die Köchin, die
in der Küche mit den Tellern klapperte, nichts vernahm — und ini
nächsten Augenblick war er auch schon aus der Treppe uud auf
dem weg nach dem Schillermonument.
Es war nebelstockpechrabenfinster. Die Lichter brannten bereits.
Aber die milchdicke Dunstluft verschlang ihren Schein.
„Um so besser!" dachte er sich. „Um so sicherer werde ich Euch
beide überrumpeln: Dich, Du falsche Schlange, die ich an meinem
ahnungslosen Busen genährt habe — und ihn, den „alten Be-
kannten", den ich zwar gar nicht kenne, der aber meine Rache
fühlen soll — und das wie!"
Zähneklappernd teils vor Wut, teils von dem Wickel eilte er
so rasch als möglich dahin und hatte denn auch bald das grimmige
Vergnügen, im Nebel vor sich eine Gestalt auftauchen zu sehen,
in der er seine Frau erkannte.
„Ia, schau nur um! Mich siehst Du ja doch nicht! Mich ahnst
Du ja doch nicht I Ich lieg' ja im „Wickel" — oder was!"
Schleunigen Schrittes ging sie weiter — er nicht minder schleunig
hinterdrein.
Jetzt sah uian schon in düsteren gewaltigen Umrissen den
Schiller aufsteigen.
Ha — und da l
Die Haare standen ihm beinahe buchstäblich zu Berge. Da
kam ein männliches Wesen int Mantel aus dem Dunkel hervor,
schritt seiner Frau entgegen und beide schüttelten sich mit triuni-
xhierendent Lachen die Hand und gingen nebeneinander weiter.
Mit zwei Sätzen war er an ihrer Seite.
„Hab' ich Euch?!" schrie er. „Hab' ich Euch?!"
„Siehst Du" — sagte da der „alte Bekannte" zornig — „jetzt
hat ihn der Kuckuck doch da trotz all' Deiner Vorsicht und Schlau-
heit!"
„wir wollten nämlich" — wendete er sich dann an den privalier
— „zum Ehristkindl einen Pelzmantel kaufen für Dich . . jetzt
kannst Du gleich mitgehen I"
Da sah er: Es war sein Schwiegervater — der (Oberinspektor,
Deutsche Genien.
Iftafi an (iurmgefällten Eirfjeit
Hurt) erblüht manch' frühlingstrieb,
Sei, mein veutschlanü, dir ein Seichen,
Daß dir schöne Hoffnung blieb!
Es zwingt die neue Seit, so viel
Des eilten zu entfernen,
wir haben jetzt ein neues Siel:
wir muffen vergessen und lernen.
Ich sehe aus Kampf und Zturmgebraus
Ein freundliches Sicht uns schimmern,
wenn wir uns ban'n ein gemütliches Haus
ffllt einfach möblierten Simmern.
wir unterlagen in dem Kampf mit Eisen.
Es bricht die Seit des großen frledens an.
ffetzt wollen wir lm Seiffesstrelk beweisen,
daß man auch ohne Waffen siegen kann!
dies sollte nun für Sroße und für Kleine
die Losung unserer deutschen Sukunft fein:
wir müssen jetzt nicht schassen nur Vereine,
wir alle müssen schaffen im Verein.
NIberl kioSench.
»Ja, Fritzl, was machst denn Du für komische
Schweinderln?" — „Aber Du sagst doch immer, Mama,
es gibt keine Schinken mehr!"
Wahrscheinlich.
„Die jungen Müllers streiten ja gar nicht mehr.
Ob sie sich gezankt haben?"
Zu früh.
Meine dreieinhalbjährige Nichte
lehnt sich sehr gern zum offenen Fen-
ster hinaus, um das Leben auf der
Straße zu beobachten. Ihre Mutter
hat das aber streng verboten, weil
sie hinunterfallen könnte. Neulich
komme ich gerade zu Besuch und finde
die Kleine in Tränen aufgelöst. „Nun,
Lottchen" — frage ich — „weshalb
weinst Du denn?" — „Js guckte
bloß mal zum Fenster hinunter" —
schluchzt sie — „da hat mich die
Mama schon behauen... und is
war doch noch gar nich hinunder-
defallen!"
Vorteilhaft.
„Ihr Gatte hat das Obst-Still-
leben doch schließlich noch verkauft?"
— „O gewiß l Unser Söhnchen hatte
sich, wie es noch frisch war, hinauf-
gesetzt — und nun ist es mein Mann
als „Chaos" sofort glänzend losge-
worden!"
Wohl erzogen. Papa bearbeitet die Kehrseite seines Sprößlings mit dem Spanischen. Heulend ruft da
Karl: „Gelt, Du entschuldigst schon, Papa, daß ich Dir den Rücken wende?"
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Der alte Spitzbube war offensichtlich mit im Komplott. (D Ab-
grund von Schlechtigkeit!
Er untersuchte den Patienten gründlich, machte dann ein etwas
bedenkliches Gesicht und sagte: „Hm! Ich bin mir noch nicht
ganz klar!"
„Ich mir aber schon!" dachte sich der Privatier und kochte
innerlich.
„Jedenfalls machen wir jetzt gleich einen kräftigen Wickel!"
fuhr der Doktor zur jungen Frau fort. „Der ist das allerbeste!
Dann bleiben wir nachmittags schön ini Bett und bis morgen
wird hoffentlich alles vorbei fein I"
„Ja, bis morgen wird alles vorbei sein!" wütete Emil in
seinem Innern und erklärte sich mit dem Wickel einverstanden.
Er merkte das triumphierende Ausstammen im Auge seiner
Jrau gar wohl und hörte dann auch, als sie den Arzt hinaus-
begleitete, die beiden leise flüstern. Ja, er glaubte sogar deutlich
zu vernehmen, wie sie heimlich lachten. B herzlose Natter! (D noch
schlimmerer Helfershelfer!
Und mit welcher Liebe sie ihm den Wickel machte! Recht
dick und fest! Und mit welcher Liebe sie ihm empfahl, ja im Bett
zu bleiben! Sie würde bald wieder da sein! Nur eine dringende
Besorgung I
„Jawohl!" dachte er. „Um vier Uhr am Schillermonuinent!
Nicht wahr, Du Here?!"
Kaum war sie aus deni Zimmer, da riß er auch schon den
Wickel herunter und stand auf den Beinen. Ulit Sturmeseile
kleidete er sich an, schlüpfte auf den Gang, damit die Köchin, die
in der Küche mit den Tellern klapperte, nichts vernahm — und ini
nächsten Augenblick war er auch schon aus der Treppe uud auf
dem weg nach dem Schillermonument.
Es war nebelstockpechrabenfinster. Die Lichter brannten bereits.
Aber die milchdicke Dunstluft verschlang ihren Schein.
„Um so besser!" dachte er sich. „Um so sicherer werde ich Euch
beide überrumpeln: Dich, Du falsche Schlange, die ich an meinem
ahnungslosen Busen genährt habe — und ihn, den „alten Be-
kannten", den ich zwar gar nicht kenne, der aber meine Rache
fühlen soll — und das wie!"
Zähneklappernd teils vor Wut, teils von dem Wickel eilte er
so rasch als möglich dahin und hatte denn auch bald das grimmige
Vergnügen, im Nebel vor sich eine Gestalt auftauchen zu sehen,
in der er seine Frau erkannte.
„Ia, schau nur um! Mich siehst Du ja doch nicht! Mich ahnst
Du ja doch nicht I Ich lieg' ja im „Wickel" — oder was!"
Schleunigen Schrittes ging sie weiter — er nicht minder schleunig
hinterdrein.
Jetzt sah uian schon in düsteren gewaltigen Umrissen den
Schiller aufsteigen.
Ha — und da l
Die Haare standen ihm beinahe buchstäblich zu Berge. Da
kam ein männliches Wesen int Mantel aus dem Dunkel hervor,
schritt seiner Frau entgegen und beide schüttelten sich mit triuni-
xhierendent Lachen die Hand und gingen nebeneinander weiter.
Mit zwei Sätzen war er an ihrer Seite.
„Hab' ich Euch?!" schrie er. „Hab' ich Euch?!"
„Siehst Du" — sagte da der „alte Bekannte" zornig — „jetzt
hat ihn der Kuckuck doch da trotz all' Deiner Vorsicht und Schlau-
heit!"
„wir wollten nämlich" — wendete er sich dann an den privalier
— „zum Ehristkindl einen Pelzmantel kaufen für Dich . . jetzt
kannst Du gleich mitgehen I"
Da sah er: Es war sein Schwiegervater — der (Oberinspektor,
Deutsche Genien.
Iftafi an (iurmgefällten Eirfjeit
Hurt) erblüht manch' frühlingstrieb,
Sei, mein veutschlanü, dir ein Seichen,
Daß dir schöne Hoffnung blieb!
Es zwingt die neue Seit, so viel
Des eilten zu entfernen,
wir haben jetzt ein neues Siel:
wir muffen vergessen und lernen.
Ich sehe aus Kampf und Zturmgebraus
Ein freundliches Sicht uns schimmern,
wenn wir uns ban'n ein gemütliches Haus
ffllt einfach möblierten Simmern.
wir unterlagen in dem Kampf mit Eisen.
Es bricht die Seit des großen frledens an.
ffetzt wollen wir lm Seiffesstrelk beweisen,
daß man auch ohne Waffen siegen kann!
dies sollte nun für Sroße und für Kleine
die Losung unserer deutschen Sukunft fein:
wir müssen jetzt nicht schassen nur Vereine,
wir alle müssen schaffen im Verein.
NIberl kioSench.
»Ja, Fritzl, was machst denn Du für komische
Schweinderln?" — „Aber Du sagst doch immer, Mama,
es gibt keine Schinken mehr!"
Wahrscheinlich.
„Die jungen Müllers streiten ja gar nicht mehr.
Ob sie sich gezankt haben?"
Zu früh.
Meine dreieinhalbjährige Nichte
lehnt sich sehr gern zum offenen Fen-
ster hinaus, um das Leben auf der
Straße zu beobachten. Ihre Mutter
hat das aber streng verboten, weil
sie hinunterfallen könnte. Neulich
komme ich gerade zu Besuch und finde
die Kleine in Tränen aufgelöst. „Nun,
Lottchen" — frage ich — „weshalb
weinst Du denn?" — „Js guckte
bloß mal zum Fenster hinunter" —
schluchzt sie — „da hat mich die
Mama schon behauen... und is
war doch noch gar nich hinunder-
defallen!"
Vorteilhaft.
„Ihr Gatte hat das Obst-Still-
leben doch schließlich noch verkauft?"
— „O gewiß l Unser Söhnchen hatte
sich, wie es noch frisch war, hinauf-
gesetzt — und nun ist es mein Mann
als „Chaos" sofort glänzend losge-
worden!"
Wohl erzogen. Papa bearbeitet die Kehrseite seines Sprößlings mit dem Spanischen. Heulend ruft da
Karl: „Gelt, Du entschuldigst schon, Papa, daß ich Dir den Rücken wende?"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Stilgerecht"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1918 - 1918
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 149.1918, Nr. 3829, S. 222
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg