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,.J! Wo denkst Du hin, liebe Adalgise!"

„Ich meine doch, ich hätte einen Schirm mitgebracht!'

Der G ch n u p f e n.

ffiJtt der Ejausmeifterin mar ein
furchtbarer verdacht er-
wacht, „Denken Sie sich nur!"
sagte sie zu der Frau Assessor
vom ersten Stock, als sie für
diese die Treppe wischte, „Seit
vorgestern hat mein Mann den
Schnupfen!"

„Na ja!" meinte die ahnungs-
lose Frau Assessor. „Was ist da
weiter dabei?"

Die Esausmeisterin betrachtete
sie mitleidig, „Sie müssen näm-
lich wissen" — erklärte sie mit
düsterer Stimme geheimnisvoll —

„wir haben seit vorgestern eine
neue Magd, die ist vom Lande
— und die hat den Schnupfen
mitgebracht . , ."

„Und da meinen Sie, , ." rief die Frau Assessor, plötzlich be-
greifend, und starrte die andere an.

Diese nickte bloß mit fürchterlicher Gebärde, nahm ihren Putz-
eimer und verschwand.

Wie mittags der Ejerr Assessor heimkani, hatte er auch den
Schnupfen. Seine Frau schaute ihn durchdringend an, „Bist Du
vielleicht" --- fragte sie mit unheilvollen: Tone — „bist Du viel-
leicht aus der Treppe dem neuen Hausmeistermädchen vom Lande
begegnet, weil Du den Schnupfen hast?"

„Evas ist denn das für ein Unsinn?!" sagte er, durch die
plötzliche Frage etwas verwirrt,

„Ha!" rief sie. „Du wirst verlegen! D ich Elnglückliche!"
Und stürzte hinaus.

Am andern Tage hatte bereits die halbe Straße den Schnupfen
und in allen Häusern raunte und tuschelte man, in allen Ehen
gab es Sturm in: Kalender, in allen Stiegenhäusern waren Zu-
sammenkünfte und Besprechungen von der Schlechtigkeit der
Ulänner, . ,

Der Stimm l> n g s m e n fcb.

'ei Müllers läutete es, „Das ist sicher wieder der Eiuber!"
sagte Frau Müller, „Iedesmal koinmt er, wenn er weiß,
daß wir essen, um sich dazu einzuladen I" — „Wart' mit den: Auf-
trägen!" meinte Herr Müller, „vielleicht bringen wir ihn los l"
Eiuber trat ein, bemerkte mit Mißbehagen, daß noch keine An-
stalten zum Mittagessen getroffen waren, und beschloß, durch ein
geistreiches Gespräch die Familie zu zwingen, daß sie mit den: Essen
herausrücke; denn allzulange ließ es sich ja doch nicht auf dem
Herde zurückhalten.

„Sehen Sie" — sagte er — „ich bin ein Sonderling, Aber
ich fahre ganz gut dabei, Jetzt zum Beispiel plagt sich schon alles
ab mit Weihnachtsvorbereitungen, Das macht mir nicht die ge-
ringste Mühe, Ich feiere die Feste, wie sie mir selber passen,
nicht, wie sie in: Kalender stehen. Ich habe Heuer Christkindl
schon in: gefeiert, als ich in Urlaub war und häufig in einem

wunderbaren Tannenwalde spa-
zierenging, Da brauchte ich mir
nicht erst einen Baun: zu kaufen
und bescheren konnte ich nur
auch, was ich wollte, Dstern
habe ich auf Neujahr gefeiert,
Neujahr auf Dstern und so in
bunter Reihe ganz nach meinem
Belieben. So bin ich eigentlich
der einzige wirklich freie Mensch,
frei von der Tyrannei der Zeit!

, , Avas ist's denn eigentlich
bei Euch mit dem Mittagessen?"
fragte er vertraulich seinen
Freund, den Herrn Müller,
Dieser wechselte rasch einen
Blick mit seiner Frau, die wie
auf Kohlen saß. „Ach, weißt
Du" — lächelte er — „wir sind
auch solche Sonderlinge und frei
von der Tyrannei der Zeit I wir
essen heute erst am Abend zu
AI i t ta g !" .

„Du kommst ja so spät, Alois — Du bist doch nicht
etwa lvicder im Wirtshaus gewesen?"

Nur die Hausmeistersmagd, die Rest von: Lande, ging trotz
ihres Schnupfens ahnungslos und vergnügt herum und nieste die
Welt voll . . .
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Im Dusel" "Der Schnupfen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Verschlagwortung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Bahr, Johann
Entstehungsdatum
um 1918
Entstehungsdatum (normiert)
1913 - 1923
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Weltkrieg <1914-1918>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 149.1918, Nr. 3830, S. 228

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Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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