Dann
Minril t’ gudi Sril:
's is rrscht dnhrem so richtig Jdjrrn,
Waniis platscht ürautz' oder schneit.
Mcmn's schern is, wat' man hin un' her,
Wo's hingrht un' wo 'naus,
Man hetzt sich atz, ueriirrt sei' Griü
An' Hot nor Arger ürantz'.
Wann awwer iBuDDrlmröörr io,
Do is Sie Sach sieguem,
Do üätscheit mich mei' sfroa un' sacht:
cheut sileiwe mer Laheem!
tönrl Ifrnnh.
Erklärlich.
„Ein großer Hundefreund scheinen Sic nicht zu sein!'?" —
„Nein... ich bin nämlich Besitzer eines Eckhauses."
Anzeige.
Witwer, 42 Jahre alt, sucht neue Lebensgefährtin oder
sonst einen Posten, der persönlichen Mut erfordert.
Aus dem Leben.
2n diesem bunten Lebensreigen,
Wo Ehre, Gold und Vorteil winken,
Sah ich schon manchen abwärts steigen,
Und manchen sah ich aufwärts sinken.
®. «. W.
Zur Mode 1920.
„Was, so erkältet?" — „Ja, ich war vorgestern auf dem
Kostümfest, und da waren die Damen alle so leicht angezogen."
o arm sie war, die Lreitenmoserin, ein Goldstück hing ihr
doch noch in einem Leinensäckchen um den alten bsals, als
sie ins Arnienhaus hat wandern müssen.
Der Bürgermeister wußte das. Die Schwafflerkatharina hatte
es ihm ins Vhr gewispert: „War' noch schöner — Armenhaus —
auf Köschten unsrer G'meind' — und klimpert ihr ein Goldstück
im Genick —"
„Lin Goldstück kann nicht klimpern, Katharina, und wenn
der Mensch gar nichts zwischen sich und seinem Grab hat, dann
— dann —Lr schwieg. Er schwieg immer hinter „dann". Das
war nicht Dummheit. Das war Klugheit, Hinter jeden: „dann"
gehen die Wege so vielfach auseinander, als es Menschen gibt.
Mochte sich ein jeder seine Straße wählen. Ls genügte, daß der
Bürgermeister bis zum Kreuzungspunkte niitging. Ls ist ein Unglück,
daß so viele Führer auch noch hinterm Kreuzweg ihre Leute gän-
geln wollen.
So behielt die Breitcnmoscrin ihr Goldstück und hielt es blank
im reinen Leinenbeutel um den saub'ren Hals. Und da hätten wir
schon eine wcgfortsetzung hinterm „dann": „Hat der Mensch rein
gar nichts zwischen sich und seinem Grab, dann kann er auch nicht
sauber bleiben."
womit nicht gesagt sein soll, daß die Schwafflerkatharina sauber
war. Es wurmte sie und wurmte sie, bis sie dem Bürgermeister
wieder in den Ghren liegen konnte: „war' noch schöner — jetzt
im Krieg, wo jeder Mensch sein letztes Goldstück hergibt —."
„Du auch, Katharina?"
„Ich? — ich bin doch nicht im Armenhaus —."
„Eben drum, da gibt sich's leichter, wenn aber einer erst
einmal im Armenhause ist, dann — dann — aber immerhin, sagen
will ich's ihr und daß es ganz ihr freier Wille ist, wenn — wenn —
Neuerdings schwieg der Bürgermeister auch hinter „wenn". Kriegs-
zciten machen kürzerischer.
Auch die Breitenmoserin hat's kurz gemacht, hat das Leinen-
täschchen aufgenestclt, in der Hauptstadt drin, vorn, Schalter in der
Reichsbank. —
„Ich muß doch bitten," hat der Beamte seine Stirn gerunzelt,
„Ihre Toilette anderswo zu ordnen."
„Toilette" war ihr neu. Sie stand da mit halbentblößtcr Brust:
„Der Bürgermeister hat mir aber g'sagt, ich müßt' es hier tun."
Ja, wär's kein alter, dürrer Hals gewesen, dann —
Da sprang das blanke Goldstück aus dem reinen Leinen uni
den saub'ren Hals. vier große Srlberstücke wandelten dafür hinein.
Hatten aber nur zwei Jahre oder dreie darin Ruhe. Denn
wieder ging die Schwaffler um im Dorf: ,,wär' noch schöner —
Armenhaus — wo jetzt das Silber g'sammelt wird —."
Und ruhte nicht, bis sich der Leinenbeutel wieder austat, das
Silber herausklingelte und Papier hineinraschelte. Lin Markschein
aber war ihr doch zu schmutzig. So arm sie war — noch was
Dreckiges um den Hals auf ihre alten Tage — ?
Sie gaben ihr zehn Nickelstücke.
Hatten aber nur ein Jährlein Ruhe, bis es im Dorfe wieder
wispernd umging: „war' noch schöner — Armenhaus — wo jetzt
das Nickel für die U-Boot' g'sammelt wird . .
Als sich die welke Brust zum drittenmal im Krieg entblößte,
waren es der Nickelstücke nur mehr neun. Das zehnte war ent-
schlüpft und düngte irgendwo im Deutschen Reiche eine Ackerfurche
nicklig.
Denn so alt sie war, die Breitenmoserin, zum Kartoffelklauben
war sie noch zu brauchen.
242
Minril t’ gudi Sril:
's is rrscht dnhrem so richtig Jdjrrn,
Waniis platscht ürautz' oder schneit.
Mcmn's schern is, wat' man hin un' her,
Wo's hingrht un' wo 'naus,
Man hetzt sich atz, ueriirrt sei' Griü
An' Hot nor Arger ürantz'.
Wann awwer iBuDDrlmröörr io,
Do is Sie Sach sieguem,
Do üätscheit mich mei' sfroa un' sacht:
cheut sileiwe mer Laheem!
tönrl Ifrnnh.
Erklärlich.
„Ein großer Hundefreund scheinen Sic nicht zu sein!'?" —
„Nein... ich bin nämlich Besitzer eines Eckhauses."
Anzeige.
Witwer, 42 Jahre alt, sucht neue Lebensgefährtin oder
sonst einen Posten, der persönlichen Mut erfordert.
Aus dem Leben.
2n diesem bunten Lebensreigen,
Wo Ehre, Gold und Vorteil winken,
Sah ich schon manchen abwärts steigen,
Und manchen sah ich aufwärts sinken.
®. «. W.
Zur Mode 1920.
„Was, so erkältet?" — „Ja, ich war vorgestern auf dem
Kostümfest, und da waren die Damen alle so leicht angezogen."
o arm sie war, die Lreitenmoserin, ein Goldstück hing ihr
doch noch in einem Leinensäckchen um den alten bsals, als
sie ins Arnienhaus hat wandern müssen.
Der Bürgermeister wußte das. Die Schwafflerkatharina hatte
es ihm ins Vhr gewispert: „War' noch schöner — Armenhaus —
auf Köschten unsrer G'meind' — und klimpert ihr ein Goldstück
im Genick —"
„Lin Goldstück kann nicht klimpern, Katharina, und wenn
der Mensch gar nichts zwischen sich und seinem Grab hat, dann
— dann —Lr schwieg. Er schwieg immer hinter „dann". Das
war nicht Dummheit. Das war Klugheit, Hinter jeden: „dann"
gehen die Wege so vielfach auseinander, als es Menschen gibt.
Mochte sich ein jeder seine Straße wählen. Ls genügte, daß der
Bürgermeister bis zum Kreuzungspunkte niitging. Ls ist ein Unglück,
daß so viele Führer auch noch hinterm Kreuzweg ihre Leute gän-
geln wollen.
So behielt die Breitcnmoscrin ihr Goldstück und hielt es blank
im reinen Leinenbeutel um den saub'ren Hals. Und da hätten wir
schon eine wcgfortsetzung hinterm „dann": „Hat der Mensch rein
gar nichts zwischen sich und seinem Grab, dann kann er auch nicht
sauber bleiben."
womit nicht gesagt sein soll, daß die Schwafflerkatharina sauber
war. Es wurmte sie und wurmte sie, bis sie dem Bürgermeister
wieder in den Ghren liegen konnte: „war' noch schöner — jetzt
im Krieg, wo jeder Mensch sein letztes Goldstück hergibt —."
„Du auch, Katharina?"
„Ich? — ich bin doch nicht im Armenhaus —."
„Eben drum, da gibt sich's leichter, wenn aber einer erst
einmal im Armenhause ist, dann — dann — aber immerhin, sagen
will ich's ihr und daß es ganz ihr freier Wille ist, wenn — wenn —
Neuerdings schwieg der Bürgermeister auch hinter „wenn". Kriegs-
zciten machen kürzerischer.
Auch die Breitenmoserin hat's kurz gemacht, hat das Leinen-
täschchen aufgenestclt, in der Hauptstadt drin, vorn, Schalter in der
Reichsbank. —
„Ich muß doch bitten," hat der Beamte seine Stirn gerunzelt,
„Ihre Toilette anderswo zu ordnen."
„Toilette" war ihr neu. Sie stand da mit halbentblößtcr Brust:
„Der Bürgermeister hat mir aber g'sagt, ich müßt' es hier tun."
Ja, wär's kein alter, dürrer Hals gewesen, dann —
Da sprang das blanke Goldstück aus dem reinen Leinen uni
den saub'ren Hals. vier große Srlberstücke wandelten dafür hinein.
Hatten aber nur zwei Jahre oder dreie darin Ruhe. Denn
wieder ging die Schwaffler um im Dorf: ,,wär' noch schöner —
Armenhaus — wo jetzt das Silber g'sammelt wird —."
Und ruhte nicht, bis sich der Leinenbeutel wieder austat, das
Silber herausklingelte und Papier hineinraschelte. Lin Markschein
aber war ihr doch zu schmutzig. So arm sie war — noch was
Dreckiges um den Hals auf ihre alten Tage — ?
Sie gaben ihr zehn Nickelstücke.
Hatten aber nur ein Jährlein Ruhe, bis es im Dorfe wieder
wispernd umging: „war' noch schöner — Armenhaus — wo jetzt
das Nickel für die U-Boot' g'sammelt wird . .
Als sich die welke Brust zum drittenmal im Krieg entblößte,
waren es der Nickelstücke nur mehr neun. Das zehnte war ent-
schlüpft und düngte irgendwo im Deutschen Reiche eine Ackerfurche
nicklig.
Denn so alt sie war, die Breitenmoserin, zum Kartoffelklauben
war sie noch zu brauchen.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Beim schlechde Wedder"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1920
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1930
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 152.1920, Nr. 3905, S. 242
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg