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„kntfleiich, Verräter", jeder schrie,

„/Nein wird öieskaiü!" — „fllir winkte sie!
„Oos lügst öu, stotterbrut!"

„mir winkte sie!" — „5o fahr' jiir ljöll'!"
Sein breites 5chwert zog jeder schnell
lv west! — Schon strömt ihr 6lut!l

wo stost zu Lol Burg liebelt
schaut,

Liest west'n ihr lüchlein sirmin-
traud,

lZa, Wink' nur, falsche Käst' !j

Iwei Kasse stoben durch den
Wald,

Iwei Kitter blieben, starr und
kalt,

so dreimal west!l am Plast.

sim prunksaal rechts, um neu»
Uhr g'rad',

halb zehn Uhr in der Kemenat -
lv stört's mit Schmerjgeächj!l
wischt' sirmintrauüis Staub im
Haus

Und schüttelt' nur ihr Staubtuch
aus,

Sah süchtig nie nach Kittern aus,
winkt' weder links noch rechts!

i. n.

nach rückwärts auf der Lanklehne. Alter Geistesadcl glänzte durch
dieStirne. Seine Lippen schürzten sich wie bei einem, dem gesagt
wird: „Trink!"

„Mein Baum war schattendicht —"

Hub sie die erste Zeile an mit Pathos, stockte und begann von
neuem, schlicht und mit verhaltner Arast:

„Mein Baum war schattcndicht —

(!) Herbstwind, komm und zeige,

Indem du ihn entlaubst,

Den Himmel durch die Zweige."

Schweigen. Nur der weide Zweige schlugen aneinander: Bravo I

Sie sah ihn voll an: „wie gefällt Ihnen das Gedicht?"

„Technisch nicht übel."

„Pfui, das klingt wie — wie Neid."

„Fehlgeschossen."

„Ich dachte nämlich, daß Sie auch ein — ein Dichter —"

„ — waren, Fräulein, waren — es ist eine weile her."

„Also doch," sagte sie warm, „Sie müssen nämlich wissen, ich
habe mir immer gewünscht, einmal einen Dichter kennen zu lernen,
und ich freue mich —"

„Nicht zu früh, was an Ihrer Seite sitzt, ist nur ein Nest,
ein müdes Beingehäuse."

„„Entlaubte Zweige," bitte, „durch die der Hinimcl scheint" —
Sie sollten cs auswendig lernen."

„warum?"

„weil es so schön ist."

„Na ja."

„Mir hat noch nie ein Gedicht so
gut gefallen."

„So so."

„Um seinetwillen freue ich mich auf
das Alter," sagte sie innig, „der Verfasser
muß ein wundervoller Mensch sein."
„Ls geht an."

„Sie sollten sich schämen - daß Sie's
wissen, Herr, vor solchem Genossen sollten
Sie Ihr Haupt in Ehrfurcht neigen!"

„Isttechnisch undurchführbar, liebes
Fräulein," wetterleuchtete es über sein
Gesicht, „sintemalen man sich nicht gut
vor sich selbst verneigen —"

„wie — was — Sie wären —"
„waren, Fräulein, waren. Ich war
fünfundzwanzig, als ich's machte. Die
erste Ebbeahnung in der Flut der Iugend.
Da gelingt gar manches. Auch mal eine
kleine Fälschung." Line Lerche in der
Höhe schien mit der Stimme umzu-
schlagen.

„Fälschung?" rief Agathe und um-
faßte den alten Dichterkopf mit einem
beinah mütterlichen Blick, „Dichter
können gar nicht fälschen!"

„Nun, dann tut's die Zeit, die
hinterherhinkt — 's ist dasselbe."

Sic hörte kaum. Etwas war ihr
eingefallen. Die Mohnblumen ihres
Sommeihutes zitterten: „Ietzt weiß

ich's, Sie sind auch der Dichter jener
schönen — ja, jener wunderbaren Liebes-
lieder, die —"

„Gott, in gewissen Iahren licbesdichtet jeder. Hören Sie den
Pirol drüben am Sec? Alle Pirole flöten um diese Zeit. Ls hangt
mit dem Frühling zusammen. Line zwangsläustge Tcmperatur-
auslösung, nichts weiter, liebes Fräulein."

Zorn stieg in ihr auf, lieblicher, wortloser Zorn.

„Werden Sie erst zwanzig Iahre älter, Fräulein —"

„Ich — ich werde noch nach fünfzig Iahren Ihre — Ihre
Verse lieben!"

Der alte Dichter nickte freundlich-melancholisch: „Meine Verse?
Nein, sich selber lieben Sie, es ist die ewige Mbjektverwechslung."

„Gut" — sie sah auf einmal reif aus — „warum lieben Sie
sich selber nicht mehr, Sie — Sie vielgeliebter P"

„Zwei Fragen in einer, wie dies Frauen lieben. Seien wir
methodisch. Zunächst, ich mich: Ich war beim Arzt, er gibt mir
noch ein knappes vierteljährlein — das Herz — Sie verstehen,
daß man mit einem so befristeten Herz sich selber nicht mehr groß
zu lieben pflegt —"

Er atmete schwer, seine Augen schlossen sich. Sic spürte inner-
lichst: kein Theater, Wahrheit schloß da einen lebensbitteren Ning
auf der Bank unter der weide. Sie hätte „ach, Sic Armer!" sagen
mögen. Aber es wäre zu wenig gewesen, Theater also. Darum
schwieg sie mit gepresstem Schweigen, wie junge Knospen schweigen,
die nicht wissen, wohin mit ihrer Liebe Fülle.

„Dann ad zwei: vielgeliebter," sagte er ein wenig mühsam

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Rivalen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Winkler, Rolf
Entstehungsdatum
um 1920
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1930
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 153.1920, Nr. 3931, S. 176

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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