aber sachlich, „ich weiß natürlich, was sie in den Literaturgeschichten
über mich geschrieben haben. Schöpfer der zartesten und tiefsten
Liebeslieder unsrer Zeit und so weiter. Daraus folgert man „ein
vielgeliebter". Ls ist umgekehrt, mein liebes Fräulein, Hören Sie
die Lerche wieder? Ihre Lieder steigen aus der unerfüllten Sehn-
sucht — gehen Sie jetzt, Fräulein, gehen Sie," setzte er herb und
stöhnend zu, „ich spüre wieder meinen Anfall — lassen Sie das
Mitleid, bitte — ’s ist nur der gewohnte kleine Anfall — nichts
für Mädchenaugen aber — gehen Siel"
Sie ging. Nein, sie schleppte sich, steif wie eine alte Frau, an
den überquellenden Rosenbüschen hin. war das noch ein Herz in
ihrer Brust, dies tote, zentnerschwere Ding? war das noch Lerchen-
gesang, diese schmetternde Iüngstegerichtsposaune in den Lüften?
6a, nun barst sie. Ihr war, das blaue Frühlingsgewölbe stürze
ein. wie ein Überlasteter, ächzend, wandte sie sich sangsam um,
schrie auf — auf der Weidenbank lag langgestreckt ein Mensch,
ein Arm zuckte, sank schlaff herab —
wie ein Raubtier brach sie pflückend, reißend, in die Rosen-
büsche. wie eine Gazelle sprang sie, eine Rosenflut ans Herz ge-
preßt, zur Bank. Und herzte ihn und deckte ihn mit Rosen und
ruhte nimmer, bis im Frühlingspark ein alter Dichter selig unter
ihren Küssen starb . . . ^rit} Müller-Partenkirchen.
Salome.
Ich sah im Traume Salome
Beim Tanz der sieben Schleier;
Betörend war ihr Negligee -
Ich fühlte mich schon freier. .
Doch endlich sprach ich: „Salome!
Oer Tanz der sieben Schleier
War wirklich gut, doch iut's nicht, he.
Vielleicht ein Dutzend Eier?"
Da saß ich lang, in Sorgen schwer
Und Seufzer, kaum zu hehlen;
Das Haupt des Täufers - ja, woher
Es nehmen und nicht stehlen?
„Was? Eier?? Jetzt noch??" jauchzte schon
Das Kind, „dann laß das Töten!
Schnell her damit! Doch - Diskretion!
Sonst geht Mein Nimbus flöten!" Bernhard Schäfer.
Oer Atem war mir noch geraubt -
O wehe, da begann es!
Stolz rief das Kind: „Gib mir das Haupt
Oes Täufers, des Johannes!"
177
über mich geschrieben haben. Schöpfer der zartesten und tiefsten
Liebeslieder unsrer Zeit und so weiter. Daraus folgert man „ein
vielgeliebter". Ls ist umgekehrt, mein liebes Fräulein, Hören Sie
die Lerche wieder? Ihre Lieder steigen aus der unerfüllten Sehn-
sucht — gehen Sie jetzt, Fräulein, gehen Sie," setzte er herb und
stöhnend zu, „ich spüre wieder meinen Anfall — lassen Sie das
Mitleid, bitte — ’s ist nur der gewohnte kleine Anfall — nichts
für Mädchenaugen aber — gehen Siel"
Sie ging. Nein, sie schleppte sich, steif wie eine alte Frau, an
den überquellenden Rosenbüschen hin. war das noch ein Herz in
ihrer Brust, dies tote, zentnerschwere Ding? war das noch Lerchen-
gesang, diese schmetternde Iüngstegerichtsposaune in den Lüften?
6a, nun barst sie. Ihr war, das blaue Frühlingsgewölbe stürze
ein. wie ein Überlasteter, ächzend, wandte sie sich sangsam um,
schrie auf — auf der Weidenbank lag langgestreckt ein Mensch,
ein Arm zuckte, sank schlaff herab —
wie ein Raubtier brach sie pflückend, reißend, in die Rosen-
büsche. wie eine Gazelle sprang sie, eine Rosenflut ans Herz ge-
preßt, zur Bank. Und herzte ihn und deckte ihn mit Rosen und
ruhte nimmer, bis im Frühlingspark ein alter Dichter selig unter
ihren Küssen starb . . . ^rit} Müller-Partenkirchen.
Salome.
Ich sah im Traume Salome
Beim Tanz der sieben Schleier;
Betörend war ihr Negligee -
Ich fühlte mich schon freier. .
Doch endlich sprach ich: „Salome!
Oer Tanz der sieben Schleier
War wirklich gut, doch iut's nicht, he.
Vielleicht ein Dutzend Eier?"
Da saß ich lang, in Sorgen schwer
Und Seufzer, kaum zu hehlen;
Das Haupt des Täufers - ja, woher
Es nehmen und nicht stehlen?
„Was? Eier?? Jetzt noch??" jauchzte schon
Das Kind, „dann laß das Töten!
Schnell her damit! Doch - Diskretion!
Sonst geht Mein Nimbus flöten!" Bernhard Schäfer.
Oer Atem war mir noch geraubt -
O wehe, da begann es!
Stolz rief das Kind: „Gib mir das Haupt
Oes Täufers, des Johannes!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Salome"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1920
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1930
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 153.1920, Nr. 3931, S. 177
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg