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verloren. „Ich werde sie wohl leider nicht mehr sehen", sprach er
zu sich. Aber desto häufiger sah er jetzt seinen Sohn lhans, der
des Vaters Geldbörse neuerdings in einer Art in Anspruch nahm,
daß der Vater besorgte, sein Sohn sei auf Abwege gekommen. In
der Not des Kerzens wandte sich Klingberger an den Freund seines
Sohnes, Hermann Lenz, und klagte diesem sein Leid. Aber Lenz
wollte mit dem Bekenntnis nicht Herausrücken und verriet nur so-
viel, daß eine Dame die Hand im Spiele habe. „Ich selbst", sagte
er. „kann in dieser Angelegenheit nichts ausrichten; denn Hans
hängt mit einer Leidenschaft an dem Geschöpf, daß jede Inter-
vention zum Scheitern verurteilt ist. Außerdem spielt die Dame
eine ungewöhnliche Rolle in der Gesellschaft!"

„Können Sie mir wenigstens die Adresse der Dame verraten?"
Hermann bedauerte. „Dann sagen Sie mir doch, wie sie aussieht?"

„wie sie aussieht?" wiederholte Hermann. „vielleicht kann
ich Ihnen ein Bild von ihr besorgen."

Klingberger schüttelte Hermann zum Zeichen seines Linverständ-
niffes die Hand. Noch am gleichen Tag überbrachte Hermann ein
Kouvert, dem Klingberger das aus einer Filmzeitung ausgeschnittene
Bild einer leichtgeschürzten Diva entnahm mit der Unterschrift:

„Die berühmte Künstlerin Schia Schey in ihrer Lieblings-
rolle als Hudschi-Hudschi im Filmdrama „Die Sonne von
Timbuktu."

Klingberger zuckte zusammen. Dann ging er mit langen
Schritten das Zimmer auf und ab: „Herr Lenz, wollen Sie mir noch
einen Gefallen erweisen?" — „Mit Vergnügen, Herr Klingberger,
wenn es meine Ehre erlaubt und keine Verhandlungen zwischen
dem Liebespaar betrifft I"

Klingberger erwiderte: „Mitnichten! Sie haben nur ein ein-
ziges Wort zu sagen. Aber Sie müssen es tun in Gegenwart der
Diva, meines Sohnes und der ganzen Gesellschaft. Gder besser,
Sie singen dieses Wort und zwar so laut, daß es das ganze Lokal
hört l Sie sind ja musikalisch und ich werde Ihnen die Noten auf-
schreiben. Sie öffnen diesen Umschlag erst, wenn die Gesellschaft
versammelt ist und legen dann los."

„Enthält das Wort eine Beleidigung?" — „Durchaus nicht!" —
„Gut!" Hermann nahm den Umschlag an sich und verabschiedete
sich vom Alten.

Am Abend war ein großer Teil der Lebewelt in der „Adonis-
bar" versammelt, Hans Klingberger saß neben seiner Schia Schey
und lächelte verträumt in ihr rosig angehauchtes, geschminktes Ge-
sicht. Der ganze Tisch war von Freunden und Verehrern der
schönen Diva besetzt und an den rückwärtigen Tischen saßen Gia
Gey und Ria Rey mit ihren Anbetern und platonischen Verehrern
zusammen.

Da zog Hermann den Umschlag aus der Tasche, riß ihn aus
und sang mit starker Stimme:

Maestoso.

£?a - a - der - lum - pen.

Schia Schey gab es einen Riß. Sie warf das Sektglas um,
erbleichte, gab sich einen Ruck, stand auf, rannte nach der Garderobe,
eilte zur Tür hinaus, rief ein Auto her, sprang hinein und fing
an zu schluchzen.

wie versteinert saß die Gesellschaft am Tisch, den Schia Schey
soeben verlassen. Kein Wort wurde gesprochen.

Als Hans am anderen Tag in der Wohnung der Diva er-
schien, wurde ihm gesagt, Schia Schey, alias Scholastika Scheyerlinger,
sei unbekannt wohin abgereist und würde nicht wieder in die Stadt
zurückkehren.

Der Blutstropfen.

Der Ritter ODo war ju gast
Seim König Mlireis.

Defi rechter ward sofort erfasst
von Liebe ssebeheiss.

Hoch Ritter Vüo merkte nir,

Ruch nir Der greife Rer,

Drum fragt Die lortjter hinterrücks
Um Rat Die alte her:

,,wie mach' ich’s, önfj Den Ritter ich
Zur Liebe mir entflamm’ ?"

Die fjere sprach: „geruhige Dich,
Das werben wir gleich hab'n!

wenn er ein warmes Iröpfiein Blut
von Dir ohn’ wissen trinkt,

Dann packt ihn heisse Liebesglut.
Schau, Dass Die List gelingt!"

Die IvaiD oerjweifett: wie? llnD wo?
UnD wer Vermittler war' ?

Da juckt sse was - „ha!" ruft sie froh,
„Ein floh roirD Sekretär!"

201
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Blutstropfen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Ritter, Karl
Entstehungsdatum
um 1920
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1930
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 153.1920, Nr. 3934, S. 201

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