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vergessen? Hab' ich
was zu sagen?"

„Rann mir's schon denken", erwiderte ich zögernd. „Am
Eingang des Waldes haust eine böse Hexe, die lockt die Rinder
an, die eigentlich zu dir wollen, verspricht ihnen süße Lachen,
zeigt ihnen gruselige Bilder, kocht ihnen berauschende Laste,
lehrt sie laute häßliche Lieder und wilde Tänze, führt sie zu
einem verzauberten Zwerg aus gleißendem Gold, lehrt sie, wie

von Seefeld.

Wo das Märchen wohnt ? Das hat mir
mein Rind verraten. Ich brauche ihm nur
tief in die Augen zu schauen, dann führt es
mich schon. Tief hinein in den Wald, wo
kein weg mehr ist, wo uralte Lichten sich
von fernen Zeiten erzählen, wo die Rot-
kehlchen überrascht aufflattern und die Eule
einsam mit den Augen zwinkert.

Bin wieder einmal, als mir der Lärm
zu laut, der Tag zu bunt geworden, mit
der kleinen Erika dahin geflüchtet. Schwei-
gend schritten wir auf grünem Teppich hin
zum bemoosten Felsen. Ein munterer Buch-
fink zeigte uns die schmale Spalte, den Ein-
gang zur Märchengrotte. Glühwürmchen
leuchteten uns voran. Tief im Grunde
fanden wir die kleine Tür. Ein alter Specht
klopfte an, da sprang sie auf. Im Felsen-
kämmerlein begrüßte uns freudig das
Märchen. Ein Mägdlein mit wallendem
Haar, gekrönt von einem Diadem aus
Tautropfen, im langen Schleiergewand,
das seine zarten weißen Füßchen um-
schmeichelte.

„Endlich besucht mich wieder mal ein
Erdenkind", sprach cs erfreut und doch so
traurigen Blicks: „Schon lange liegen meine
Schätze unberührt. Sagt, warum konimt
denn niemand mehr? Brauchen mich die
Menschen nimmer, haben sie Schöneres
draußen gefunden? Sind meine Wunder
gar niemand niehr

man die Welt und die Menschen verachtet. Und ohne daß sie'^
merken in ihrem Rausch, schneidet sie jedesmal ein Stückchen
von ihren Herzen heraus und spricht einen Zauberfluch über
sie. Da müssen sie dann immer wieder kommen, immer wieder,
bis sie kein Herz mehr haben. Dann jagt sie die Hexe mit
Ruten und Steinwürfen davon — und die Rinder, die so groß

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Wo das Märchen wohnt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stockmann, Hermann
Entstehungsdatum
um 1920
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1930
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 153.1920, Nr. 3935, S. 209

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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