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es ebenfalls. „Sic haben eine Katze?" fragte er vorwurfsvoll.
„Nein, ich bin Bauchredner", lachte ich. Als das „Miau" sich
iviederholte, ließ der Mensch sich nichts mehr vormachen. „Wissen
Sie, daß das Mitnehmen lebender Tiere verboten ist?" — „3 wo",
erwiderte ich kaltblütig — obwohl mir angst wurde, falls der
Mann recht hätte — „kleine Tiere kann man mitnehmen. Ich
habe schon die größten Kater, auch Affen von Kommersen mit
der Bahn hcimgefahren. Und wo wäre denn die Grenze? Ich
nehme zum Beispiel an, daß Sie einige Flöhe haben..." (Man
konnte das recht wohl annehmen!) Die Mitreisenden lachten. Der
„Mensch" verschoß zornige Blicke, wieder tönte es „Miau", dies-
inal lauter und kläglich. Aus deni Gepäcknetz über den: Menschen
antwortete das wütende Gekläff eines sicher ausgewachsenen
Hundes, der in einem Rucksack verstaut war. Der Besitzer schien
erst betroffen, daun fand er seine Fassung und Unverschämtheit
wieder und wollte, daß ich mit der Katze mir einen anderen Platz
suche. Da legte sich ein Herr ins Mittel, der im Gang stand:
Der Hund müsse ins Hundekupee, und ob er denn überhaupt eine
Fahrkarte für ihn habe — und er wolle den Schaffner holen.
Nun packte der Mensch seinen lebendigen Rucksack und — ver-
schwand. Der Herr, der mir so nett geholfen hatte, setzte sich
schmunzelnd auf den freigewordenen Platz.

Der Zug fuhr schon wieder. Ich nahm den Korb herunter,
um die Katze nach ihren wünschen zu fragen. Kaum lüftete ich
den Deckel, schon war sie niit einem Satz draußen, wohin,
konnte ich nicht sehen, denn es war schon dunkel gemacht. Zum
Glück kam eben der Schaffner mit seiner Laterne. Ihm flüsterte
ich zu: „Hier haben Sie zehn Mark, ich habe hier ein kleines
Kätzchen, das ist mir eben ausgekommen. Ich beschwöre Sie,
leuchten Sie mir, helfen Sie mir suchen! Ich muß sie wieder

haben. Eine Erbschaft hängt ab davon, sie gehört meiner Erb-
tante." Der Schaffner, ein gutmütiger Altbayer, leuchtete alles ab,
oben und unten, Schlafende wurden aufgeweckt und brummten,
dachten zunächst beklomnien an Lebeusmittelausfuhrkontrolle. Plötz-
lich schrie ein Fräulein in der anderen Ecke auf. Die Katze hatte
ihre Haarfrisur erklommen und sich int Haarnetz dermaßen ver-
fangen, daß die Befreiung sich zu einem üblen Zerstörungswerk
und beinahe rohen Gewaltakt gestaltete. Ich nahm die Katze
dann, steckte sie in ihren Korb und band den Decke! fest. Die
folgenden Stunden verbrachte ich damit, das zu der verwüsteten
Frisur gehörige, glücklicherweise junge reizende Gesichtchen wieder
in Drdnung zu bringen, die Falten mit Pralines zu glätten und
harte Buße einzuleiten. Nachdem wir, wie gewöhnlich, festgestellt
hatten, daß wir auf großem Umwege beinahe ein klein wenig ver-
wandt waren, vertrugen wir uns so gut, daß die Kleine mein
Katzenvieh streichelte, fütterte und bemutterte.'

Morgens in Berlin angekommen steuerte ich mit meinem Tiger
in Taschenausgabe sofort zur Tante Lhristine. „Ich bringe Dir
einen Weihnachtsgruß von Lousine Hedwig — na, Du wirst
schauen!" Ich steifte mich in Athletenpositur, um die vor Freuden-
schreck etwa ohnmächtig werdende Taute ausfangen zu können und
öffnete den Korb Die Erbtante setzte ein bitterböses Gesicht

auf, ihr künstliches Gebiß klapperte in zorniger Erregung: „Na,
Ihr seid wohl alle toll geworden? wo ich Katzen nicht ausstehen
kann! was soll dann ich mit dem Biest?" — „Aber, Tante, Du
hast Dir doch eine zu Weihnachten gewünscht!" — „I bewahre."
„Du hast doch Hedwig geschrieben, Du wünschest Dir" — „Katzen-
zungen". Zum Unglück schüttete ich »das Bad noch vollends
aus und sagte: „Siehst Du, das kommt von Deiner schlechten,

zitterigen Schrift." D.

Splitter.

N n t it v w iindr r.

Wenn es einem
glückt, macht mau eine
große Reise, wenn es
einem mißglückt, brennt
inan durch.

Im Scherze Vor-
würfe machen, ist die
edelste Form, zu tadeln.

Wer auf seine Macht
sein Glück baut, ist besser
daran, als wer auf sein
Glück seine Macht baut.

Männer werden mit
der Zeit gesetzt, Mäd-
chen bleiben mit der Zeit
sitzen.

Wir erleiden mehr
Enttäuschungen durch
erfüllte, als durch un-
erfüllte Wünsche.

S».

Nicht jeder gute
Mensch kann wohltätig
sein — wie auch nicht
alle „Wohltäter" gute
Menschen sind.

„Ich habe einen Sekretär aus der Zeit Ludwigs des Sechzehnten." — „Was
Sie nicht sagen — und der ist geistig noch aus der Höhe?"

Dem einen lächelt
das Schicksal — den
anderen grinst es an.

Ein guter Samen
blüht auch auf dein Mist-
haufen auf — oft nur
um zu zeigen, was da-
raus am richtigen Orte
hätte werden können.

T. llobel.

Splitter.

von T. vesa.

Erwirb dir Liebe! Lass'
in Dankbarkeit
Die Herzen and'rer Men-
schen für dich schla-
gen!

Es kommt die Zeit,
Daßand're Freudenherb
sich dir Versager.;
Es kommt die Zeit,

Da düster brennen deines
Lebens Kerzen.
Und deine Svinic sinkt
am Himmelsraird,
Und du erschauernd stehst
mit leerem Herzen
Und leerer Hand.s

14
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Naturwunder"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1921
Entstehungsdatum (normiert)
1916 - 1926
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 154.1921, Nr. 3937, S. 14
 
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