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Zum 19. März

Iosephitag is! Leit und Kinda,

Des is a Fest fürs ganze Laus.

Leut' ruckt da Voda im Zylinda
And in da schwarz'n' Los n aus.

Und mit 'n Voda geht da Ahndl,

Der ho aßt aa' Sepph und da dritt'.
Da Peperl, kriagt as erschte Zahndl,
Sunst müaßt er aa' in d' Kirch'n mit.

Da Pfarra sagt in sein« Predi':
„Leut' is a Fest von guat'm Schlag,
Leut' Ham, verheirat' oda ledi'.

De Seppln eahnan Namastag."

Schaugt net da Michi und da Peda,
Da Franz und Kaschpa fuchti' drei'?
Des glaub' i' scho', heut' möcht' a jeda
A Pepperl oda Seppl sei'.

Da heili' Joseph schiaglt abi
Vom Poschtamentl an da Wand
Als wollt er sag'n: „O mei', da Hab' i'
A nette G'sellschaft beianand."

Und nach 'm Bet'n kimmt as Essn.

De Bratwürscht' stehnga auf 'm Tisch,
De ko' ma' mit 'n Meta meff'n.

Da wer'n de Seppln Wieda frisch.

Da Pepperl is da allag'schwinda.
Langt si' de größte Bratwurscht 'raus.
Iosephitag is, Leit und Kinda,

Des is a Fest fürs ganze Laus!

Lermann Franz.

Es wäre möglich.

von Fritz lNüller-partenkirchen.

Ich lasse nnr's nicht nehmen, Eidechsen sind die vergnügtesten
Tiere. Ich kann es nicht mit einem Lidechsengelächter beweisen
oder mit verstandesmäßigen Logikschlüssen, aber ich fühle es. Und
Gefühl ist stärker als verstand, wer's nicht glaubt, der stelle den
schärfsten Verstandesmenschen auf ein Brett über einem Abgrund.
Der verstand wird ihm beweisen, daß er sichersteht, ganz sicher,
aber das Gefühl -

Also abgemacht, Eidechsen sind vergnügt. Ich bin's auch,
sobald ich eine sehe. Schade, daß sie 'gar so scheu sind. Ulit einer

Eidcchs Zwiesprach halten dürfen, bannte gut zwei Drittel aller
Trübsal, wenn ich einer nur eine Minute Aug in Aug —

ksnsch — es war im Sommer im Gartenhäuschen — husch,
schlüpfte eine auf meinen Schreibtisch! Nur nicht rühren! was
sie für ein Goldauge hatte, welche zarten Farben auf dem Körper,
den die Anmut formte! Jetzt muß sie mich gesehen haben,
schade -

Aber sie bleibt. Ich darf noch immer sehen, wie sie lieblich
atmet, darf — .

lfazi! den Teufel auch, nun Hab' ich niesen müssen, schade,
daß sie jetzt adieu —

Nein, nicht adieu, sie bleibt. Ich darf sie haardünn züngeln
seh'n. Db ich's wagen darf, mit ihr zu sprechen? „Eidechslein,
lieb Eidechslein —"

wahrhaftig, immer bleibt sie noch. Db sie wohl gelähmt ist?
lfusch, schießt sie blitzend übers grüne Tuch, schade, schade —

Mas ist das? lvieder kommt sie. Dicht zu mir heran. Mir
steht fast der Atem still vor wundrigkeit. Das Glück, dies Glück!
Ulir zuckt cs in den Fingern. Ich kann nicht anders. Ich muß
versuchen, sie zu streicheln, wenn dann auch das Glück zu Ende
sein wird -

Nein, es ist nicht zu Ende. Wunder über Wunder, das Dechs-
lein läßt sich ruhig streicheln. Es blinkt mich an, ich blinke cs an.
Ich sage „Dechsleiu, liebes Dechslein". wetten wir, es hat iw
seiner Sprache eben „Menschlein, liebes Menschlein" gesagt!

Ein tiefes Glücksgefühl durchströmt mich. Friedevoll verbunden
bin ich mit der Allnatur und wunschlos, völlig wunschlos. „Un-
begreiflich", murmle ich, „daß dieses scheueste der Geschöpfe Gottes—"

„Gar -nicht unbegreiflich," sagt hinter mir des Freundes
Stimme, „es ist eine ganz junge Eidechse. Es weiß noch von
keiner Schlechtigkeit der Menschen oder Tiere. Die Eltern hatten
noch nicht Zeit gehabt, cs aufzuklären ..."

Das Eidechslein ist die ganze goldne Stunde, wo die Sonne
auf das grüne Tuch schien, freundlich glitzernd zwischen nnr und
meinem Freund gesessen, lilein Freund hat mir noch vieles mit-
geteilt. Ich habe, ohne es zu hören, immerzu genickt und bin
von Zeit zu Zeit dem Eidechslein zärtlich über seine kühle Baut
gefahren.

Dann verschwand die Sonne. Mit ihr die Eidechse. Aber
sie lief nicht fort, zögernd ging sie Schritt für Schritt. Und als
sie über das offene Fenster gebogen war und ich schon seufzen
wollte, da streckte sie plötzlich nochnial das feinfeine Köpfchen übers
Eck: „Ich komme wieder, morgen mit der Sonne komm' ich wieder."

Ich träumte von ihr. Ich sehnte mich nach ihr. lvie habe
ich am nächsten Tag gewartet und gewartet! Sie kam an diesem
Tage nicht. Nie wieder kam sie.

„vielleicht hat sie ein Feind gefressen?" sagte ich düster.

„I wo," sagte mein Freund, „ihre Eltern haben sie inzwischen
aufgeklärt, das ist alles."

„So wünschte ich - so wünschte ich — I" schrie ich. Aber da
schoß mir eine Helligkeit durch die Gedanken, eine wehe Helligkeit.

Mein Freund nickte mir zu, als läse er in einem aufgeschlag'nen
Buch: „Ja," nickte er trübe, „bei den Menschen ist cs ganz genau
so. wenn wir eidechsenjung sind und bis zum Rande glitzernd
angefüllt mit vertrauen, kommen mahnend unsere Eltern mit
aufgehobenen Fingern: „Kinder, laßt euch über eure Feinde

aufklären" "

„Und Du meinst also," sagte ich langsam, „wenn sie's nicht
täten, wenn unsre Väter schwiegen, unsre Mütter nichts vom Feind
erzählten -P"

„Es wäre möglich," sagte er gedankenvoll, „es wäre möglich."

SO
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Josefitag"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stockmann, Hermann
Entstehungsdatum
um 1921
Entstehungsdatum (normiert)
1916 - 1926
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 154.1921, Nr. 3947, S. 90
 
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