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Die Visitenkarte.

Ir» priratjimtucr des Agenten saßen sie einander
gegenüber: Mayer, der die Konzerte arrangierte, und
Wüstenetzki, der Violinvirtuose.

Mayer erhob die väterliche Stimme und sprach
also: „Mein lieber lvüstenetzki, Sie missen nun über
die einzelnen Stationen Ihrer Konzertreise Bescheid.
Ich habe wie ein Bruder für Sie gesorgt. Ich habe
Ihnen alle Steine als da sind: lhotelxortiers, Eisen-
bahnbilletts, Autochauffeure, aus dem Wege geräumt;
das heißt, ich habe sie Ihnen eigentlich in den weg
geräumt, will sagen in die Reise, Hier haben Sie den
plan Ihrer Tournee. Zimmer sind bestellt, Rund-
reisefahrschein ist in meiner Tasche, sogar die wagen,
die Sie in die Säle bringen sollen, sind von meinen
Vertretern vorgemerkt. Ich weiß, Sie sind ein un-
praktischer Mensch. Sie haben nichts anderes zu tun,
als einige Besuche zu machen, wo, das ist auch im
Reiseplan vermerkt. Rur . . . apropos . . . haben Sie
eigentlich Visitenkarten?" — wüstenetzki erwiderte:
„Daaank . . Tauauausend Daaaank. Ich bin Musiker,
versteh'» Sie? Ich bin Kiiinstler, Hab'ich recht? Ich
bin zu waich für das Leeeben . . . Fühlen Sie mich
an I Aber, wenn Sie mir befääählen, werd' ich Besuche
machen, tvarum auch niiicht? Ich wäääärde mir
auch machen lassen visitkart. Mit tausend Freuenden I"

Drei Tage später sollte wüstenetzki auf die Reise
gehen. Mayer hatte ihm eingeschärft: „Um sieben
Uhr aufstehen. Dreiviertel acht auf die Bahn gehen.
In den Zug steigen. In den rich-ti-gen Zug I" Er
weckte ihn auch eigenhändig. Das heißt, er rief ihn per
Telephon an und hängte erst ein, nachdem wüstenetzki,
verschlafen, aber doch geantwortet hatte. Immerhin,
Mayer gab sich noch nicht zufrieden. „Der Junge ist
ein Kapital... der Junge muß sich mir verzinsen ..
murmelte er, zog sich an und war kurz vor halb in
lvllstenetzkis Wohnung. Richtig, der junge Meister
war noch nicht aufgestanden. Sein Telephon befand
sich nämlich auf dem Nachtkästchen.

Ein paar Minuten später war er's. Nach einer
Viertelstunde saß er im Auto. Bald darauf hatte Mayer
ihn im Zuge verstaut. Und saß neben ihm und predigte
nochmals alle Verhaltungsmaßregeln, „Haben Sie sich
Visitenkarten niachen lassen?" fragte Mayer schließlich
noch. — „Gewiiiiß .. gewiiiiß I" erwiderte der Künstler
und schon hatte er seine Brieftasche in der Hand.

Mayer empfing einen der viereckigen Kartons und
blickte erschrocken auf. „Ja um Himmels willen, da
steht ja ... da steht ja Graf Melchior zu Krakowitz."

„Ach ja," meinte lvüstenetzki und errötete lieblich.
Und dann erzählte er schüchtern, er sei in ein paxier-
geschäft gegangen und dort habe man ihm visiten-
karten-probcn gezeigt und auf diesen Mustern da
haben lauter hochadelige Nanicn gestanden: Baron
soundso und Graf von dortunddort und Fürst zu
daundda. Und da habe es ihm so schrecklich leid getan,
den vornehmen Kreis durch seinen gemeinen Bürgers-
namen zu stören, und das Fräulein sei so blond ge-
wesen und habe so lieb dreingeschaut, „Hab' ich eeeben
für Graf Krawitz drucken lassen, Hauptfach', ich Hab'

NUN visitkart, nicht wahr?" Richard Rieß.

Jvo net -

O Leut', >' glaab' mit mir is rum,
Lang leb' i' g'wih net mehr,
vö alle Seelnonn' laatt mir heut'
Scho' 's rwoat'mal über <l' Ouer.

lstz, wo’s a bester'; stier hrb'n
g'loll'n,

8rad iah, da sollt' i' geh'?

I' mag netl llaa, iatz bleib i' no',
Dö DUelt is amai 2’ schö'l

Zwar reih i' koane staam mehr aus,
üorbei is’s mit 'm Ciab’n,

T geh' halt mit der neuen Zeit
Und leg' mi' iah auls Schiab'n.

va leid’t’s mir, grad wia’s früaber
war,

Viani aa' a glaseil Ulei' —

Und is dös drunt’ und schad't mir nix,
Da’ schenk' is’s wieder ei'.

Und mit der Klampfa spiel' und sing'

1' 2wisch'n ’nei’ a Liad:

fiaa, Leut'! 6s is no' lang net gar,

I' bin no' lang net milad.

£. CI). Raucckcr.

199
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"No' net!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stockmann, Hermann
Entstehungsdatum
um 1921
Entstehungsdatum (normiert)
1916 - 1926
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Tod
Gitarrist
Lied <Motiv>
Leben

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 154.1921, Nr. 3960, S. 199
 
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