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Ist ein roter Riese seit Ururtagen.

Kein Held und kein Ritter wird ihn erschlagen.

Ist groß wie die Welt und hat Raum im Gedanken,

Zerstampft wie der Tod alle Grenzen und Schranken.

Die Herzen sind sein Höhlenquartier.

Er kennt alle Riegel und Schlösser der Gier.

Ist alt wie Gott selber und jung wie die Quelle,

Ein plumper Narr und ein lust’ger Geselle.

Muß immer zwei Menschlein zum Spiele haben,

Samt Wurzeln sie aus der Scholle graben,

Hoch, hoch sie ins Blaue des Himmels heben,

Bis sie im Taumel der Sterne schweben —

Dann hören sie grell sein mundnahes Lachen

Und erdenwärts stürzt ihr entsetzlich Erwachen.

So treibt es der Rote seit Ururtagen.

Hat schon manchen Helden und Ritter erschlagen.

Willibald Krain.

Münchhausens Ende.

Don Ludwig Bäte.

Es war still in Bodenwerder am 22. September I7Y7. Die
Leute lasen draußen die letzten Aartoffeln auf, an die man sich seit
den pungerjahren des Siebenjährigen Arieges so langsam gewöhnt
hatte, und manchmal kroch der scharfe Rauch eines Erdäpfelfeuers
beizend zu den Gärten hin, in denen die Äpfel glühten und der
Walnußbaum, der an den sonnwarmen Uferhängen herrlich gedieh,
bei dem leisesten Lufthauch prasselnd seinen Lruckstregen über die

dahlienbunten Rabatten schickte. Ainder spielten auf den Gassen-
steigen und von den Tennen stob hier und da der Dunst des
geworfelten Roggens in die klare, hohe, beinahe noch sommer-
linde Luft, die leuchtend und fast schmerzlich-schön über den ge-
breiteten Buchenwäldern stand, durch die die Weser gleißend ihre
glasgrünen Linien schob.

Der grauköpfige Major, der just über die Schiffsbrücke ge-
kommen war, hielt auf der kleinen Anhöhe am Ufer an und sog
mit kräftigem Atem dieser seiner Heimat Schöne in fid? ein.

„So gar kein IDcttcr heut' für die Linusen, die der alte
Aamerad vorhat", meinte er nachdenklich, schritt dann aber
schnell fürbaß, bis er gerade vor der Apotheke auf den König-
lich pannoverschen Domänenverwalter Meyringk stieß, der ttodj
ins Leid wollte und einigermaßen verwundert auf den Major
schaute, den man am Rachmittage hier selten zu sehen' ge-
wohnt war.

„Geh' Er lieber mit", knurrte der 2tlte, „und halte er
Maulaffen am Lager unseres Kumpanen und viellieben Wirts
feil, der fadste aus diesem Erdental zu retirieren gedenkt!"

Meyringk hielt erschrocken seinen Stab eine halbe Elle von
sich, so daß der Major beinahe zurückfuhr: „Das wolle . . ."

„Der Teufel! Seitdem er das Biest, die Bährnde, die ihm
der saubere Herr von Brunn dort" — er deutete nach polle
hin — „angeschnackt hat, endlich los ist, wird's schledster mit
ihm anstatt besser und der potzmindener Regimentsmedikus gibt
ihnt nur noch Tage."

Der Verwalter sann vor sich hin. Die Lrauensleute und
bald alle Wochen das paus voller Gäste und die Badereisen ttad;
Pyrmont mit allerlei flatterhaftem Volk und dann die mit allen
punden gehetzten hannöverschen Advokaten, da konnte frctlidj
das Lebensflämmlein, das sowieso nach dem Tode von Lrau Iako-
bine nur noch trübe brannte, langsam erlöschen.

„Komm' Er," entschied der graue Krieger barstch und hakte fid;
sans fa^on bei ihm ein, „helfe Er dem Lreunde die letzte Bataille
gewinnen!"

Sie brauchten nicht weit zu gehen. Rach ein paar Minuten
stieg der hohe Giebel des fast büuerlidjctt Sitzes derer von Mündi-
hausen, Linie Bodenwerder-Rinteln, aus den braungoldigen Ulmen
des Vorgartens; fd;arf schlug ein Hund an und der getreue Leib-
jäger Rösemeyer, der den perrn auf allen Lahrten begleitet, schloß
die nur lose eingehängte Tür auf und konnte kaum des Majors
Lrage nach dem Befinden des Kranken beantworten.

In der palle, von deren wänden überall die seltsamst ge-
formten Iagdbeutestücke, manchmal ein gedunkeltes Ahnenbild ein-
faffend, hingen, war's kühl. Der Diener bat die beiden in das an-
grenzende Besuchszimmer, in dem man so manchen Pfeifenkopf leer
geraucht, und Meyringk fiel's fdjmcr auf die Seele, daß er den
Lreiherrn oben lange nickst besucht. Aber man hatte so vielerlei
in diesen Wochen zu tun und die Mahnungen, bis aufs Letzte aus
den Domänen herauszuholen, die leeren Kaffen zu füllen, rissen nie
ab. Der Major, der seine Gedanken wohl erriet und der in diesem
ungewohnt-strengen Geist des paujes still geworden war, suchte ihn
abzulenken. Dann kam der Geistliche herunter und brackste die
Kunde, mit ans Sterbelager zu konimen.

Gedrückt schritten sie hinter Seiner Ehrwürden Rastor primarius
Hörnlein her über die mit Decken und Matten belegten Treppen,
bis ziemlich am Ende des langen, schmalen Lensterganges der
Pfarrer leise und behutsam die Schlafstubentür auftat.

Der Kranke saß aufrecht im Bett und sah lächelnd auf die
Getreuen, mit denen er in besseren Tagen so manchen Abend zu-
sammengewesen. Das vergnügliche Zucken lief wieder um die

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Dämon"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Krain, Willibald
Entstehungsdatum
um 1923
Entstehungsdatum (normiert)
1918 - 1928
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 159.1923, Nr. 4069, S. 26

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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