sogar an Kathi, der bisher makellosen Küchendirn, da entschloß sich des Huberbauern anständigere Ehehälfte kurzerhand
und übergab den Staubsaugeapparat heimlicherweise einem Ort, wo
er am wenigsten wirken konnte - dem Mühlbach.
stcns untersagt — nicht ohne ein paar schöne Worte über „primaner-
würde" und „Dekorum wahren" damit zu ucrknüpsen.
Wilhelm Haufe hatte indessen Zeit, sein curriculum vitae film
artig vor seinem inneren Auge abrollcn zu lassen, warum er Hypnose
geschrieben statt Hypotenuse? Kunststück! wenn man als fahrender
Hypnotiseur sein Brot verdiente!
Lür einen soliden Beruf hatte Wilhelm Hauke nie das rechte
Sitzfleisch entwickelt, auch nicht für solche, wobei besagtes Sitzfleisch
gehörig in Bewegung kam: Laufbursche und roter Radler, Detcktiv-
gchilfe und Rennfahrer, Ausrufer im Kintopp und Lazarettgehilfe,
Dcgcnverschlucker, wilder wann und Tierbändiger im Zirkus, alles
hatte er betrieben, ohne irgendwo lange bei der Stange zu bleiben.
Aber merkwürdig I Immer wieder gelang es ihm, ein Druckpöstchcn
zu ergattern — er brauchte die Arbeitgeber nur mit einem grellen
Strahl seiner gewöhnlich verschleierten Blicke zu umspielen, um sofort
aus einer grösseren Zahl von Mitbewerbern den Vorzug zu erhalten.
Lange blieb ihm diese werbende Kraft seines Auges selbst ein Rätsel,
bis ihm einer von der Zunft darüber den Star stach, welch unge-
wöhnliche Gabe ihm verliehen war und er sich mit Leib und Seele
dem bedenklichen Handwerk des Hypnotiseurs verschrieb. In valeska
Lotterhos fand er bald ein geeignetes Medium — und so feierte
„Willi und Wall!, das hypnotische Doppelphänomcn" in den Varietes
und Kintopps zweiten Grades allabendlich Triumphe, Sie verdienten
gut und konnten sich bald von dem Ertrag ihrer Kunst, die sic nicht
ohne nötigen Humbug ausübten, gemächlich zur Ruhe setzen.
Zu dumm, dass cs walli, sei» Medium plötzlich mit dem Ehr.
geiz zu tun kriegen mußte! Sic wollte „auch in die besseren Etab-
lissemangs" auftretcn und sah das Hindernis zur Erreichung dieses
Ziels in der mangelhaften Allgemeinbildung Willis. Hauke mußte
einen Titel haben wie Graf Eagliostro oder Doktor Laustus, die
Lrzzauberer, dann würden sich ihnen alle Türen zu der besseren
Gesellschaft erschließen, vr. Hauke! Klang das nicht besonders gut?
Also sollte Hauke zunächst die Reifeprüfung nachholen, als Vorstufe
zu größeren Geistestaten. — Haukes widerstand war vergeblich;
sein Medium würde streiken, wenn er nicht wenigstens einen versuch
in diesem Sinn machte. So willenlos sie ihm sonst ergeben, in diesen:
Punkte setzte sic seinen hypnotischen Abwchrversuchen energischen
widerstand entgegen. And schon erlag Hauke einem größeren Hypnoti-
seur, als er selbst einer war — der Liebe zu seinem Medium. Also
verschaffte er sich wohl oder übel ein dünnleibiges Kompendium,
„Die Reifeprüfung in vierzehn Tagen", und prägte sich per Auto-
suggestion das disparate wissen ein, das in diesem Schmöker will-
kürlich zusammengctragcn war. Schon war ihm vor dem „Mündlichen"
nicht mehr bange.
vor dem „Schriftlichen" aber graute ihm ahnungsvoll — stand
er doch von jeher mit Rechtschreibung, Ausdruck und Grammatik
seiner Muttersprache auf dem Kriegsfüße, vorsichtshalber ließ er
daher sein „Gesuch uni Zulassung zur Aufnahmeprüfung für Prima"
von einem entgleisten Juristen anfertigen. wie es nun im einzelnen
zuging —ob der ominöse Winkeladvokat gegen das reichlich bemessene
Honorar die fehlenden Zeugnisse kunstreich ergänzte — ob dem wohl-
löblichen Schulrat eine fatale Hanicnsvcrwcchselung unterlief — oder
ob cs Hauke gelang, durch Lernwirkung diese Behörde magisch zu
beeinflussen — genug, Wilhelm Hauke hatte die Erlaubnis erhalte»,
sich in den letzten Tagen bei Direktor Lorschepicpe der schriftlichen
Aufnahmeprüfung für prima zu unterziehe». Hun hatte er den
Salat! Utit der Prüfung war cs Essig! walli, sein Medium, würde
ihm gehörig den Marsch blasen. . .
„. . . Also warum Sc Hypnose schreiben, wissen Se nicht? Dann
können Sc mir vielleicht sagen, warum Se bei ihrer Aufgabe so
viele kuriose Kreise zieh'» ? Die hall» doch was zu bedeuten - oder
nicht?" Böser Wille flackerte in Wilhelm Hauke bei diesem erneuten
Angriff Professor Spitzwinkels auf. Genug, daß er den Schaden hatte,
für den Spott dankte er! Wilhelm Hauke ließ sich nicht ungestraft
verhohncpiepcln. — Ein Blick nach dem Vordergrund überzeugte ihn,
daß die Primaner scincni Vorhaben keine Hotiz schenken würden; diese
benützten den Amstand, daß der Professor ihnen den Rücken zukehrte,
lieber dazu, sich allerhand aufschlußreiche Zcttelchcn mit Ansätzen und
Auflösungen zuzustcckcn. Willi Hauke erhob sich langsam, fixierte
den Professor mit einem grellen Vollstrahl aus seinen gewöhnlich
verschleierten Blicken und sagte dazu mit einschläferndem leisen Sing-
sang, nicht ohne die erforderlichen Handbcwcgungcn: „. . . Iawoll,
Herr Professor— mit die Kreise — da Hab ick doch meine Absicht
wenn ick so meine Kreise ziehe — mal so — mal so — mal nach'»
Umfang — un mal nach die Bähe — un egal Kreise — und denn mal
hier ooch parallele — da werd'n ma das Ding schon drchn — und
meine Aufgabe — die wer’« Se nu woll ooch vastehcn, nich wahr,
Herr Professor?"
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und übergab den Staubsaugeapparat heimlicherweise einem Ort, wo
er am wenigsten wirken konnte - dem Mühlbach.
stcns untersagt — nicht ohne ein paar schöne Worte über „primaner-
würde" und „Dekorum wahren" damit zu ucrknüpsen.
Wilhelm Haufe hatte indessen Zeit, sein curriculum vitae film
artig vor seinem inneren Auge abrollcn zu lassen, warum er Hypnose
geschrieben statt Hypotenuse? Kunststück! wenn man als fahrender
Hypnotiseur sein Brot verdiente!
Lür einen soliden Beruf hatte Wilhelm Hauke nie das rechte
Sitzfleisch entwickelt, auch nicht für solche, wobei besagtes Sitzfleisch
gehörig in Bewegung kam: Laufbursche und roter Radler, Detcktiv-
gchilfe und Rennfahrer, Ausrufer im Kintopp und Lazarettgehilfe,
Dcgcnverschlucker, wilder wann und Tierbändiger im Zirkus, alles
hatte er betrieben, ohne irgendwo lange bei der Stange zu bleiben.
Aber merkwürdig I Immer wieder gelang es ihm, ein Druckpöstchcn
zu ergattern — er brauchte die Arbeitgeber nur mit einem grellen
Strahl seiner gewöhnlich verschleierten Blicke zu umspielen, um sofort
aus einer grösseren Zahl von Mitbewerbern den Vorzug zu erhalten.
Lange blieb ihm diese werbende Kraft seines Auges selbst ein Rätsel,
bis ihm einer von der Zunft darüber den Star stach, welch unge-
wöhnliche Gabe ihm verliehen war und er sich mit Leib und Seele
dem bedenklichen Handwerk des Hypnotiseurs verschrieb. In valeska
Lotterhos fand er bald ein geeignetes Medium — und so feierte
„Willi und Wall!, das hypnotische Doppelphänomcn" in den Varietes
und Kintopps zweiten Grades allabendlich Triumphe, Sie verdienten
gut und konnten sich bald von dem Ertrag ihrer Kunst, die sic nicht
ohne nötigen Humbug ausübten, gemächlich zur Ruhe setzen.
Zu dumm, dass cs walli, sei» Medium plötzlich mit dem Ehr.
geiz zu tun kriegen mußte! Sic wollte „auch in die besseren Etab-
lissemangs" auftretcn und sah das Hindernis zur Erreichung dieses
Ziels in der mangelhaften Allgemeinbildung Willis. Hauke mußte
einen Titel haben wie Graf Eagliostro oder Doktor Laustus, die
Lrzzauberer, dann würden sich ihnen alle Türen zu der besseren
Gesellschaft erschließen, vr. Hauke! Klang das nicht besonders gut?
Also sollte Hauke zunächst die Reifeprüfung nachholen, als Vorstufe
zu größeren Geistestaten. — Haukes widerstand war vergeblich;
sein Medium würde streiken, wenn er nicht wenigstens einen versuch
in diesem Sinn machte. So willenlos sie ihm sonst ergeben, in diesen:
Punkte setzte sic seinen hypnotischen Abwchrversuchen energischen
widerstand entgegen. And schon erlag Hauke einem größeren Hypnoti-
seur, als er selbst einer war — der Liebe zu seinem Medium. Also
verschaffte er sich wohl oder übel ein dünnleibiges Kompendium,
„Die Reifeprüfung in vierzehn Tagen", und prägte sich per Auto-
suggestion das disparate wissen ein, das in diesem Schmöker will-
kürlich zusammengctragcn war. Schon war ihm vor dem „Mündlichen"
nicht mehr bange.
vor dem „Schriftlichen" aber graute ihm ahnungsvoll — stand
er doch von jeher mit Rechtschreibung, Ausdruck und Grammatik
seiner Muttersprache auf dem Kriegsfüße, vorsichtshalber ließ er
daher sein „Gesuch uni Zulassung zur Aufnahmeprüfung für Prima"
von einem entgleisten Juristen anfertigen. wie es nun im einzelnen
zuging —ob der ominöse Winkeladvokat gegen das reichlich bemessene
Honorar die fehlenden Zeugnisse kunstreich ergänzte — ob dem wohl-
löblichen Schulrat eine fatale Hanicnsvcrwcchselung unterlief — oder
ob cs Hauke gelang, durch Lernwirkung diese Behörde magisch zu
beeinflussen — genug, Wilhelm Hauke hatte die Erlaubnis erhalte»,
sich in den letzten Tagen bei Direktor Lorschepicpe der schriftlichen
Aufnahmeprüfung für prima zu unterziehe». Hun hatte er den
Salat! Utit der Prüfung war cs Essig! walli, sein Medium, würde
ihm gehörig den Marsch blasen. . .
„. . . Also warum Sc Hypnose schreiben, wissen Se nicht? Dann
können Sc mir vielleicht sagen, warum Se bei ihrer Aufgabe so
viele kuriose Kreise zieh'» ? Die hall» doch was zu bedeuten - oder
nicht?" Böser Wille flackerte in Wilhelm Hauke bei diesem erneuten
Angriff Professor Spitzwinkels auf. Genug, daß er den Schaden hatte,
für den Spott dankte er! Wilhelm Hauke ließ sich nicht ungestraft
verhohncpiepcln. — Ein Blick nach dem Vordergrund überzeugte ihn,
daß die Primaner scincni Vorhaben keine Hotiz schenken würden; diese
benützten den Amstand, daß der Professor ihnen den Rücken zukehrte,
lieber dazu, sich allerhand aufschlußreiche Zcttelchcn mit Ansätzen und
Auflösungen zuzustcckcn. Willi Hauke erhob sich langsam, fixierte
den Professor mit einem grellen Vollstrahl aus seinen gewöhnlich
verschleierten Blicken und sagte dazu mit einschläferndem leisen Sing-
sang, nicht ohne die erforderlichen Handbcwcgungcn: „. . . Iawoll,
Herr Professor— mit die Kreise — da Hab ick doch meine Absicht
wenn ick so meine Kreise ziehe — mal so — mal so — mal nach'»
Umfang — un mal nach die Bähe — un egal Kreise — und denn mal
hier ooch parallele — da werd'n ma das Ding schon drchn — und
meine Aufgabe — die wer’« Se nu woll ooch vastehcn, nich wahr,
Herr Professor?"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Staubsaugeapparat"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1923
Entstehungsdatum (normiert)
1918 - 1928
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 159.1923, Nr. 4077, S. 92
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg