„Ihr Zug".
Landgcrichtsrat Rnifflcr hat sich nach langen fahren wieder
einmal zu einer Reise entschlossen. Auf dem Bahnhof übergibt er
seinen Handkoffer einen: Gepäckträger, nennt ihm sein Reiseziel und
erkundigt sich, an welchem Schalter er die Fahrkarte zu kaufen habe.
Der Gepäckträger gibt Auskunft und wartet mit dem Raffer. Aber
cs stehen viele, viele Leute vor dem Landgcrichtsrat Rnifflcr am
Schalter und erst nach einer Viertelstunde hat er glücklich seine
Fahrkarte in Händen. Der Gepäckträger meldet sich. ..Mein Herr
Ihr Zug..."
Aber da unterbricht ihn der Landgcrichtsrat Rnifflcr. ..Was
für einen Unsinn reden Sic da.
Mann? Ihr Zug? Was soll
das heißen? Sic haben einen
bestimmten Zug im Sinne, ver-
wenden aber zu dessen unter-
schiedlicher Bezeichnung ein Pro-
nomen possessivum, das geeig-
net ist, zwischen meiner Person
und jenem Zuge ein Eigentums-,
beziehungsweise Bcsitzverhältnis
auzudeutcn. Wie kommen Sic
dazu, Mann? Rönnen Sic be-
haupten, daß der fragliche Zug
mein Eigentum sei, Eigentum
im Sinne des römischen, ursprüng-
lich nur auf Grundstücke angc-
wcndctcn „dominium“ als Be-
zeichnung des Rechtes auf die
— abgesehen von Vorschriften
des Gesetzes und cntgcgcnstchcn-
dcn Rechten Dritter — gänzliche
und ausschließliche Herrschaft
über eine Sache, beziehungsweise
im Sinne des Paragraphen gOZ
des Bürgerlichen Gesetzbuches, der
besagt: „Der Eigentümer einer
Sache kann. soweit nicht das
Gesetz oder Rechte Dritter cnt-
gcgcnstchcn, mit der Sache nach
Belieben verfahren und andere
von jeder Mitwirkung ausschließcn?" Können Sic tatsächlich be-
haupten. daß ich, volkstümlich ausgcdrückt, mit dem fraglichen Zuge
machen kann, was ich will?
Und ferner: Rönnen Sie mir, wenn nicht das Eigentum, so doch
den Besitz an dem fraglichen Zuge zuschrcibcn? Wobei zu bemerken
ist. daß zwar der Laie gemeinhin keinen Unterschied macht zwischen
Eigentum und Besitz, mährend doch der Eigentümer der rechtliche
Beherrscher der Sache, der Besitzer aber der tatsächliche Beherrscher
der Sache ist, was natürlich nicht ausschließt, daß, wie es auch
meistens der Fall ist, die rechtliche und die tatsächliche Herrschaft zu.
sammcnfallcn. Denken Sie an den
Paragraphen 854 des Bürger-
lichen Gesetzbuches: „Der Besitz
einer Sache wird durch die Er-
langung der tatsächlichen Gewalt
über die Sache erworben — mit
andern Worten: Der Besitz kommt
dadurch zustande, daß die Sache
sich in dem äußeren Machtbereich
einer Person befindet." Rönnen
Sie behaupten, daß der fragliche
Zug sich in meinem äußeren
Machtbereich befindet? Reines-
wcgs.
2Ufo, mein lieber Mann, Sic
dürfen unter keinen Umständen
von jenem fraglichen Zuge, wenn
Sie ihn auf meine Person be-
ziehen, sagen „Ihr Zug", son-
dern müssen sich einer mehr den
tatsächlichen Verhältnissen cnt-
sprcchendcir Wendung bedienen,
etwa: Der Zug, mit dem Sie
fahren wollen. — Und nun:
was wollten Sic mir eigentlich
sagen?"
„Ich wollte sagen: Der Zug,
mit dem Sic fahren wollen, geht
in einer Minute. Aber jetzt ist
er schon fort." -»n.
Ls Herbstelt!
Verdeutschung.
Frau Inspektor: „Ja, liebe Frau Poslrat, wir Frauen
müssen auch zur Pcrdcntschung der Fremdwörter beitrage». Ich
zum Beispiel sage nie mehr Adresse, sondern immer nur Anschrist."
— Frau Postrat: „Ach, da darf ich Tic wohl nicht mehr mit
Frau Inspektor, sondern must Cie mit Frau Aufseher anreden?"
Häufige Korrekturen.
Tante Berta hatte sich zum Geburtstage ein Album gewünscht.
Schön, ich kaufte ihr eines. Es kostete natürlich furchtbar viel Geld.
Als mir das Fräulein im Laden das Paket überreichte, fiel mir
etwas ein, was man bei Geschenken beobachten muß. „Ist der Preis
aue-radicrt, Fräulein?" — „O, schon ein dichendmal."
Glossen.
Hausfrauen.
Frauen gibt's, die des Haushalls Sachen
Ewig ordnen jahrein, jahraus,-
Sie kommen vor lauter Ordnung machen
Aus der llnordnung nie heraus.
o. «r. D.
DUf.
Was du tun willst, künd' nicht an,
Sage nur, was du getan!
Niemals gilt der Henne Schrei
Einem ungelegten Ei. o.a. W.
Vererbung.
Sentenz.
Mit Älindhcit schlägt uns die Liebe im
rauschenden Tanz;
Erst glaubt man, man küßt Aphroditen und
schließlich bleibt nur — eine Gans!
Haz.
Daß Vorzüge und Laster sich erben fort auf die Kinder Aber daß auch auf Schwiegersöhne Talente sich erben,
Gleichwie Raffe und Älut, Freund, das ist längst mir bekannt. Weiß ich erst, seit man Fix zum Dozenten berief.
Ofb. Slempllnger.
119
Landgcrichtsrat Rnifflcr hat sich nach langen fahren wieder
einmal zu einer Reise entschlossen. Auf dem Bahnhof übergibt er
seinen Handkoffer einen: Gepäckträger, nennt ihm sein Reiseziel und
erkundigt sich, an welchem Schalter er die Fahrkarte zu kaufen habe.
Der Gepäckträger gibt Auskunft und wartet mit dem Raffer. Aber
cs stehen viele, viele Leute vor dem Landgcrichtsrat Rnifflcr am
Schalter und erst nach einer Viertelstunde hat er glücklich seine
Fahrkarte in Händen. Der Gepäckträger meldet sich. ..Mein Herr
Ihr Zug..."
Aber da unterbricht ihn der Landgcrichtsrat Rnifflcr. ..Was
für einen Unsinn reden Sic da.
Mann? Ihr Zug? Was soll
das heißen? Sic haben einen
bestimmten Zug im Sinne, ver-
wenden aber zu dessen unter-
schiedlicher Bezeichnung ein Pro-
nomen possessivum, das geeig-
net ist, zwischen meiner Person
und jenem Zuge ein Eigentums-,
beziehungsweise Bcsitzverhältnis
auzudeutcn. Wie kommen Sic
dazu, Mann? Rönnen Sic be-
haupten, daß der fragliche Zug
mein Eigentum sei, Eigentum
im Sinne des römischen, ursprüng-
lich nur auf Grundstücke angc-
wcndctcn „dominium“ als Be-
zeichnung des Rechtes auf die
— abgesehen von Vorschriften
des Gesetzes und cntgcgcnstchcn-
dcn Rechten Dritter — gänzliche
und ausschließliche Herrschaft
über eine Sache, beziehungsweise
im Sinne des Paragraphen gOZ
des Bürgerlichen Gesetzbuches, der
besagt: „Der Eigentümer einer
Sache kann. soweit nicht das
Gesetz oder Rechte Dritter cnt-
gcgcnstchcn, mit der Sache nach
Belieben verfahren und andere
von jeder Mitwirkung ausschließcn?" Können Sic tatsächlich be-
haupten. daß ich, volkstümlich ausgcdrückt, mit dem fraglichen Zuge
machen kann, was ich will?
Und ferner: Rönnen Sie mir, wenn nicht das Eigentum, so doch
den Besitz an dem fraglichen Zuge zuschrcibcn? Wobei zu bemerken
ist. daß zwar der Laie gemeinhin keinen Unterschied macht zwischen
Eigentum und Besitz, mährend doch der Eigentümer der rechtliche
Beherrscher der Sache, der Besitzer aber der tatsächliche Beherrscher
der Sache ist, was natürlich nicht ausschließt, daß, wie es auch
meistens der Fall ist, die rechtliche und die tatsächliche Herrschaft zu.
sammcnfallcn. Denken Sie an den
Paragraphen 854 des Bürger-
lichen Gesetzbuches: „Der Besitz
einer Sache wird durch die Er-
langung der tatsächlichen Gewalt
über die Sache erworben — mit
andern Worten: Der Besitz kommt
dadurch zustande, daß die Sache
sich in dem äußeren Machtbereich
einer Person befindet." Rönnen
Sie behaupten, daß der fragliche
Zug sich in meinem äußeren
Machtbereich befindet? Reines-
wcgs.
2Ufo, mein lieber Mann, Sic
dürfen unter keinen Umständen
von jenem fraglichen Zuge, wenn
Sie ihn auf meine Person be-
ziehen, sagen „Ihr Zug", son-
dern müssen sich einer mehr den
tatsächlichen Verhältnissen cnt-
sprcchendcir Wendung bedienen,
etwa: Der Zug, mit dem Sie
fahren wollen. — Und nun:
was wollten Sic mir eigentlich
sagen?"
„Ich wollte sagen: Der Zug,
mit dem Sic fahren wollen, geht
in einer Minute. Aber jetzt ist
er schon fort." -»n.
Ls Herbstelt!
Verdeutschung.
Frau Inspektor: „Ja, liebe Frau Poslrat, wir Frauen
müssen auch zur Pcrdcntschung der Fremdwörter beitrage». Ich
zum Beispiel sage nie mehr Adresse, sondern immer nur Anschrist."
— Frau Postrat: „Ach, da darf ich Tic wohl nicht mehr mit
Frau Inspektor, sondern must Cie mit Frau Aufseher anreden?"
Häufige Korrekturen.
Tante Berta hatte sich zum Geburtstage ein Album gewünscht.
Schön, ich kaufte ihr eines. Es kostete natürlich furchtbar viel Geld.
Als mir das Fräulein im Laden das Paket überreichte, fiel mir
etwas ein, was man bei Geschenken beobachten muß. „Ist der Preis
aue-radicrt, Fräulein?" — „O, schon ein dichendmal."
Glossen.
Hausfrauen.
Frauen gibt's, die des Haushalls Sachen
Ewig ordnen jahrein, jahraus,-
Sie kommen vor lauter Ordnung machen
Aus der llnordnung nie heraus.
o. «r. D.
DUf.
Was du tun willst, künd' nicht an,
Sage nur, was du getan!
Niemals gilt der Henne Schrei
Einem ungelegten Ei. o.a. W.
Vererbung.
Sentenz.
Mit Älindhcit schlägt uns die Liebe im
rauschenden Tanz;
Erst glaubt man, man küßt Aphroditen und
schließlich bleibt nur — eine Gans!
Haz.
Daß Vorzüge und Laster sich erben fort auf die Kinder Aber daß auch auf Schwiegersöhne Talente sich erben,
Gleichwie Raffe und Älut, Freund, das ist längst mir bekannt. Weiß ich erst, seit man Fix zum Dozenten berief.
Ofb. Slempllnger.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Es herbstelt!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1923
Entstehungsdatum (normiert)
1918 - 1928
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 159.1923, Nr. 4080, S. 119
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg