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Der Schle

andern Morgen sahen sie ihn, wenn sie an seinem Hause vor-
beigingen, ganz r»uhig sein Pfeifchen an der Thürschwelle rauchen.

Caire begab sich öfters in das Kaffeehaus der Stadt, wo
er mit dem Hauptmann der Zollbeamten zusammentraf. Sie
machten dann zuweilen eine Parthie Billard und das Gespräch
fiel auch natürlich auf das gesetzwidrige und gefährliche Gewerbe
des Juweliers.

„Herr Caire," sagte der Hauptmann, nachdem er so eben
zwei Parthien gewonnen hatte, „Sie sind ein vortrefflicher Junge
und es thut mir wirklich leid. Sie ein so gefährliches Handwerk
treiben zu sehen."

„Gefährlich, Hauptmann!" ,. . . Es ist mir ja noch nichts
Arges begegnet."

„Bis jetzt zwar noch nicht; aber es ist noch nicht aller Tage
Abend. Denn bedenken Sie wohl, Herr Caere, hier bin ich Ihr
Freund, aber außerhalb der Stadt muß ich Ihr Feind sein, so
will es der Dienst und die Pflicht geht mir über Alles, auch
habe ich die strengsten Befehle an meine Untergebenen erlassen.
Ehe ein Monat vergeht, wette ich mit Ihnen, daß man Sie ein-
fangen wird."

„Und ich wette mit Ihnen zehn Louisdor," sagte Caire, „daß
während einem Monat ich wie früher meine Maare einschmug-
geln will und daß noch obendrein Sie mir selbst diese
Maare bringen werden."

„Ich? — Sie fabeln. Caire!"

„Ganz und gar nicht. Wollen Sie wetten?"

„Sie belieben nur zu scherzen?"

„Wollen Sie wetten?"

„Gut, es sei; ich wäre doch begierig zu wissen, wie das zuginge."

Das Geld wurde bei dem Kaffeesieder hinterlegt und die
Bedingungen der Weitung von beiden Partien unterzeichnet.

Eine geraume Zeit verstrich, und Caire hatte den Hauptmann
nicht mehr gesehen. Der festgesetzte Termin war auf dem Punkte
abzulaufen. Jedoch zwei Tage vor dieser Frist begab sich Caire
in das Kaffeehaus, und die erste Person die er sah, war der
Hauptmann der Mauth.

„Nun", sagte dieser letztere in scherzhaftem Tone, „und unsre
Weitung?"

„Zum Henker", sagte Caire verlegen, „die hätte ich fast
vergessen."

„Gut, gut," sagte der Hauptmann, sich die Hände reibend,
„ich werde also morgen meine zehn Luisd'or einstecken!"

„Ich Dummkopf! Wie konnte ich es nur vergessen. Alles
ist jedoch noch nicht verloren, ich habe ja noch zwei Nächte—"

„Bis ich Ihnen aber die verbotene Waare bringe, da muß
es sonderbar zugehcn."

„Wahrlich, Sie haben recht, auch will ich mich für über-
wunden bekennen. Reden wir nicht mehr davon, und um Ihnen
zu beweisen, daß ich keinen Groll gegen Sie hege, lade ich Sie
auf eine Jagdparthie für morgen ein."

„Top, ich nehme es an," sagte der Hauptmann, ganz
außer sich vor Freude, die Partie gewonnen zu haben.

ichhändler. 55

Den andern Tag gingen beide auf die Jagd. Caire schoß
einen prächtigen Hasen. Der Hauptmann aber erlegte nichts.
Da man müde war und Hunger verspürte, kehrte man in einem
nahegelegcnen Bauernwirthshause ein.

Als der Hauptmann seine Blicke in der etwas ärmlichen
Stube umherschweifen ließ, gewahrte er zu seiner großen Freude
einen prächtigen Hasen an der Wand hängen, aus deffen frischer
Kopfwunde noch das Blut floß.

„Wollt Ihr mir den Hasen verkaufen?" sagte er zum Bauer.

„Ich kann nicht, Herr Hauptmann, ich habe versprochen,
ihn morgen nach Brianyon zu tragen."

„Ihr könnt ja einen andern schießen. Es darf mir nicht
nachgesagt werden, daß ich einmal leer von der Jagd zurückge-
kehrt bin. Ich gebe Euch zwei Thaler dafür."

„Zwei Thaler kann man mitnehmen," dachte der Bauer,
„und in der That kann ich ja morgen früh einen andern er-
legen." Er willigte also ein.

Der Hauptmann zahlte ihm die zwei Thaler aus und steckte
den Hasen in die Jagdtasche.

Beide kehrten nun wieder nach Brianyon zurück. Ehe sie
sich trennten, begaben sie sich noch zusammen in das Kaffeehaus.
Caire lenkte das Gespräch sogleich auf die Wette und bat den
Kaffeesieder, das hinterlassene Geld zu bringen.

„Es ist ja erst morgen der Termin verfallen," sagte lachend
der Kapitain.

„Gleichviel, da wir jetzt gerade hier sind, so nehme ein Jeder,
was ihm zukommt. Wer hat aber eigentlich verloren?"

„Welch' sonderbare Frage. Sie haben verloren," sagte der
Hauptmann.

„Sind Sie desien gewiß?"

„Ob ich dessen gewiß bin? Seit einem Monat Hab' ich
Ihnen doch wahrlich keine verbotene Waare gebracht!"

„Wenn Sie aber dennoch verloren hätten!"

„Ich?"

„Oeffnen Sie einmal Ihre Jagdtasche und nehmen Sie den
Hasen heraus!"

„Was Henker soll ich mit dem Hasen machen?"

„Schneiden Sie ihm einmal den Bauch auf."

Der Hauptmann erblaßte. Er öffnete das Thier, welches
ganz mit Genfer Uhren angefüllt war.

„Wohlan, haben Sie gewonnen?"

„Verdammter Schleichhändler, du wirst es mir bezahlen."

„Der ist jetzt weit von hier. Uebrigens hätten Sie Unrecht,
auf ihn böse zu sein. Ich war es, der alles berechnete und ein-
leitete. Hätten wir beide nichts getroffen, so hätte ich das Jagd-
stück gekauft, um Sie zu bewegen, daffelbe zu thun. Hätten Sie
im Gegentheil einen Hasen geschossen, so hätte ich ihn während !
dem Nachtcffcn ausgetauscht. Was sagen Sie dazu, Herr Haupt-
mann?"

„Ich sage, daß Sie ein verschmitzter Kamerad sind."

Nachdem Caire diese Probe seiner Geschicklichkeit abgelegt,
gab er sich jedoch nicht mehr mit dem Schmuggeln ab; er starb
geehrt und geliebt von seinen Mitbürgern.
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