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Wie schön es sei in unsrem Sonnen-
Cannero, drang auch nach Preußen.

Da kamen sie von dort und prüften.

Wenn Preußen prüfen, prüfen sie
methodisch gründliche „Höhenlage?

— schön, das paßt. Sonnentage? auf
das Jahr so viele — einverstanden.

Preise? So und so und so — in
Ordnung. Arzt im Dorfe, Schulen
in der Nähe, Steuern mäßig — hm,
alles äußerst günstig. Sonderbar,
höchst sonderbar, daß alles klappt. Da
muß irgend etwas sonst nicht stimmen

— sagen Sie mal. Bester, wie fteht's
mit der Polizei von Lannero?"

„?tilizia, Reinlichkeit?" versteht
Herr Clerici, der gute Freund der Deutschen, doch ein weniges
befremdet von dem scharfen Kreuzverhör, ,.o, sauber ist hier
alles, es steht gut mit unsrer p>ulizia."

„Pu — pu — ? polizia,mem' ich — wie fteht's mit der Polizei?"
„O, Polizei, es gibt nicht."

„Wie? keine Polizei in Lannero?"

„No — mente polizia, Signore."

„Polizeilos? — unerhört!"

„Si, man hört nicht Polizei, man sieht nicht Polizei — wozu
Polizei?"

Der Mann aus Preußen ist sprachlos: „Wie, wozu Poli-
zei? Nun, denken Sie doch bloß, es würde was gestohlen!"
„O, nix Dieb in Lannero, seit ich bin geboren."

„So? und vorher? vor Ihrer Geburt, Verehrter, he?"

„Vor ich bin geboren — o, ist mir
gleich."

„Da haben wir es: Schlamperei!
Wenn die schon bei den Diebereien
einreißt, wie wird's erst sein bei einem
Mord?"

„O, mordere, beißen — cs nie-
mand beißt in Lannero, auch nicht
Hunde."

„Ich meine, wenn zum Beispiel
auf der Via Nazionalc einer kalt ge-
macht wird?"

„O, wenn ist kalt — dann man
macht warm ihn mit Feuer."

„Sie verstehen nicht — wenn einer
umgebracht wird, meine ich?"

„Gebracht um was, bitte?"

„Ums Leben — Messer — Gurgel — whupp — tuttoeaputo
fuccicato."

„O, Sie meinen, wenn ist gesterbt?"

„Nicht gestorben, sondern abgemurkst — bandito coraune,
miserable — und nun liegt der Mensch da auf der sonnigen
Via Nazionale, und die Sonne scheint, und alles blüht — und
der Ermordete tut keinen Schnaufer mehr — und weit und breit
keine Spur von Polizei — Sie müssen doch was tun in solchem
Falle — auch wenn's keine Polizei gibt in diesem verwahrlosten
Nest?"

„Si," nickt er freundlich, „ja, man tut."

„Tut — tut — was, mein Lieber, was tut man dann?"

„Dann, man begräbt ihn."

Der langsame Hochzeiter

Von Jos. Magn. Wehner

Peter, der älteste Sohn eines reichen Rhönbauern, wollte,
obwohl er von den Eltern und vom ganzen männlichen Dorf
getrieben wurde, um keinen Preis heiraten. Alle Bräute, die
ihm der Vater insgebeim ausmachte, vertrockneten oder nahmen
einen andern,- denn Peter, der kleine, dickfellige Junge, war
nicht aus seinem Haus auf die Freite zu bringen, mochten ihm
auch Pfarrer, Vater, Schmied und Wirt mit grob- und fein-
knütteligen Worten auf die Spur dreschen,- er sagte höchstens
ja, putzte, wenn es hoch ging, den Wagen, aber ehe er fahrt-
bereit war, ging immer die Sonne unter, und dann stand er,
das glänzend polierte und fetttriefende Kummet um den Hals,
stockbeinlg im Hof und ließ den Vater knurren und die Mutter
von der Küche her zetern,- ihm war es genug, daß der böse Tag
herum war.

Auch der liebe Gott stand auf seiner Seite. Einmal, als es
wirklich brenzlig wurde — es war Sonnabend, und der Wagen

stand für morgen schon daheim im Hof —, da fiel es den guten
Ochsen, mit denen er gerade ackerte, ein, unter ungewöhnlichen
Luftsprüngen das Weite zu suchen. Sie schleiften Pflug und
Fuhrmann in einer mächtigen Staubwolke so lange, bis Peter
einige Wunden im Gesicht hatte. So war er von der Braut-
schau entbunden. Im nächsten Jahre brannte das Haus ab, und
als es wieder Frühling wurde, war Peter dreißig Fahre alt
geworden.

Der Vater neigte sich langsam der Erde zu. Peter ging den
Ackern zu Leibe und dachte nicht ans Heiraten. Da faßte der
Alte einen plan.

Er besprach sich mit den jungen Männern des Dorfes, die
meistens schon verheiratet waren und deshalb einen wohlge-
nährten Zorn auf den glücklichen Peter hatten, und als er am
nächsten Sonntag zu Mittag gegessen hatte und sich gerade auf
einer Schütte Stroh im Garten zum Schlafen niederlegcn

S. 28-?)

282
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Dann ...." "Der langsame Hochzeiter"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Scharf, Theo
Hentrich, Gerhard
Entstehungsdatum
um 1924
Entstehungsdatum (normiert)
1919 - 1929
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 161.1924, Nr. 4118, S. 282
 
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