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Versammelten doch in herzliches Gelächter aus und Stuß sagte:
»Um den brauchen wir uns nicht zu kümmern. Der weiß, wo
die Pipe tropft." — Indessen hatte sich der Kaufmann Taler
fast unmerklich aus dem Zimmer entfernt, und als er nach einiger
Zeit wieder zurückkam, blieb die Tür hinter ihm offen stehen.
Er holte vom Büfett eine Scktflaschc herbei, hielt sie schief gegen
die Decke, wie wenn er mit einer Kanone schösse, und als der
Propfen plötzlich knallend zur Höhe flog, trat wie auf ein Zeichen
zum Erstaunen aller der Küfer ein. Er hatte beide Arme vor
sich ausgestreckt und trug zwischen den Händen, so gut wie mög-
lich ausgespannt, den durchschossenen Hosenboden, jene denk-
würdige Scheibe des Schützenfestes. Doch war er verlegen und
obgleich Peter Bichler mit allen anderen unwillkürlich zu lachen
begann, blieb der Schritt des Küfers doch noch unsicher, als
könnte von neuem auf die Scheibe geschossen und so seine eigene
Brust getroffen werden. Doch da ihm der Ankcrwirt statt einer
Pistole ein volles Weinglas entgegenhielt, auf daß Nepomuk
ankrinken solle zum Zeichen der Freundschaft, gewann der Küfer
festeren Boden unter den Füßen und Taler sagte: »Nepomuk!
Lege die Scheibe über das Bett des Kindes,- sie soll dem kleinen
Peter leicht sein." Scharte tat, wie man ihm befohlen hatte, und
ergriff bierauf eines der inzwischen vollgeschenkten Sektgläser.
Vor dem Trinken klopfte er plötzlich halb spaßhaft, halb ernst
dreimal auf die Brust, als ob er eine Schuld zu bekennen hätte,
fuhr dann mit der Hand durch die Luft, um alles Geschehene
wie von einer schwarzen Tafel abzuwischen, ja, er.blies sogar
noch mit dem Atem über die verwischte Stelle. Dabei geschah
es, daß sich der Luftzug zwischen den Lippen zu einem lauten

pfiff verwandelte, als ob das Leben eine Schnurre wäre. Wäh-
rend nun alle in neuer Freundschaft und übermütiger Heiterkeit
anstießcn und der Wirt meinte, er hätte nie gedacht, je einmal
wieder so fröhlich zu werden, brachte der Kaufmann Taler in
Form eines kleinen Verses, den er sich auf dem Weg zum Küfer
ausgedacht hatte, folgenden Trinkspruch aus:

V Mensch, sei nicht verdrossen
und laß die Zähren steh'n,
ist auch mal fehlgeschossen,
die Welt bleibt dennoch schön!

Stuß wollte nun aus der Kücke auch die Wirtin hercinholen,
damit auch sie zur allgemeinen Versöhnung mittrinke. Doch
Taler vertrat ihm leicht den Weg und sprach: Man lasse die
Frauen aus unserem Spiel! Sie hätten in solchen Dingen ein
anderes Ohr und auch ein anderes Herz. Leicht könnte man
Theres mehr verletzen als ihr gut tun. Das Moos wird in der
Stille von selber über den Stein wachsen. — Worauf man sich
damit begnügte, unter sich auf Thereses zukünftiges Wohl zu
trinken.

Beendet wurde diese Feier damit, daß man die denkwürdige
Scheibe noch zu Nacht desselben Tages über der Tür des Gast-
zimmers festnagelte, wo sie nun als ein sonderbares Zeichen des
Frohsinns schon seit Fahren hängt. Sie ist zwar zwischen den
Nägeln etwas locker und faltig geworden, auch ziemlich verstaubt,
doch sieht man deutlich alle Kugellöchcr, gerade fünfundzwanzig,
und wer es nicht glauben will, der reise selbst cininal nach Ber-
tolzhausen, kehre im »Grünen Anker" ein, kaufe sich einen Liter
sguercs Bier und zähle sie.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Das Schützenfest"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1924
Entstehungsdatum (normiert)
1919 - 1929
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 161.1924, Nr. 4119, S. 307

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