Rätsel
Don Hans Bachwltz
t Ä/'*'
Der große Direktor eines
noch größeren Operettenthea-
ters einer sehr großen Balkan-
hauptstadt an der Donau
schmückte eine Bank an der
Markenbader Kurpromenade
mit seiner umfangreichen Exi-
stenz. Rechts und links davon
saß je ein Librettist. Alle drei
überlegten, woher sie den
Stoff für die nächste Bovität
entnehmen sollten. Es lag
etwas Beklemmendes über
der Gruppe.
plötzlich stürzt ein glattrasierter Herr aus dem Gebüsch auf
die Bank zu und rammt sicb mit allen Bieren vor den Direktor
in den Boden.
„ Gestatten: Goldkehl, Tenor!'
Der Dircktorzieht diepupillen-
schüßcr hoch: „Angenehm! - Bo
— und was weiter so?'
„Herr Direktor!!! Sie haben
— es wird mir berichtet — ich bin
außer mir — Sir sollen — also
cs wird b e st i m m t e st e n s be-
hauptet -Sie sollen gesagthaben.
Sie könnten mich nicht engagieren, weil ich krumme, Beine
hätte!!! Sollen Sie gesagt haben, bitte sehr!'
„Oiwch!' monologelt Librettist A.
„Bu wenn schon!' schlagfertigt ihn Librettist B. ab.
Der große Direktor macht ein Gesiebt, so erstaunt, als habe
er zum ersten Male ein Originalmanuskript gesehen.
„Waaas soll ich g'sagt haben, das man Ihnen g'sagt hat??'
Die Goldplomben funkeln.
„Ich hätte-' Blick nach unten.
„Also — das is eine Gemeinheit! Das Hab' ich nicht g'sagt!'
„ Herr-'
„Zu kaan Mensch'n Hab' ich so wasBidderträchtiges be-
häuptelt. Ich wer' meine Bas' doch net in Ibncre Fieß stecken!
Kennt m'r pass'n!'
.Fein gegeben!' monologelt Librettist A.
Librettist B. notiert sich den .Witz' auf das auswechselbare
patenkröllchen.
Der Tenorist reckt sich zu dramatischer Wucht auf, jeder Zoll
ein zweites Finale.
„Wie gedenken Sic denn die unerhörte Verdächtigung zu
widerlegen?'
„Also Sie — — wer' Ihnen was sag'» — was Hab' ich für
e' Int'resse. Sie anzulügen, wo es sich doch um kaa Geschäft
nlr handelt? Ich bab' Ihnerc gedrehte Fieß net beriehrl! Dar-
aus gib ick Ihnen mein Ehrenwort!'
Der große Direktor sprach cö feierlich mit Augen aus Granit,
und des Tenoristen Haltung sackte zusammen. Er stammelte:
„Immerhin — — mein Gewährsmann hat mir auch sein Ehren-
wort gegeben!'
„Aber ich bitt' Ihnen, lieber Fraind, wer gcbbl hcitzetag
net alles aan Ebrenwort? Wo die Scklecktigkeit alle Täg
greßcr wird! Mccht man schon lachen, so wahr ich leb'! Missen
sich halt Ibncre Leit bißl anschau'n auf das hinauf. Und ich
wiederhol' Ihnen bei mein' ganz
großen Ehrenwort, Sie sollen
leben und glicklich sein, ich bab'
daS mit die Fieß net g'sagt!'
„Dann allerdings — — man
hat mich vielleicht mystifiziert-
Kulissenbosheit — — Sic ver-
stehen — — '
„Bowasdenn?Mirwer'nSic
sag'n! Kenn mich doch aus in das!'
„Alsdann — — 'tschuldigen schon!'
Der Tenorist verneigte sich gemessen und bedrückt wie itack
einem Achtungserfolg und ging nach rechts ab.
Der große Direktor sah ibm träumerisch nack und rieb sick
die ckarakteristische Base. Als
der Sänger außer Horchweite
war, wandte er sich an seine
Komplicen und meinte nach-
denklich:
„Also — wann ich doch bloß
wißt — mccht mlck doch wirk-
lich interessieren — w e r i h m
das wiedererzählt hat
— dasmitdieFieß! Und
gibbt gar e Ebrenwort!! Mir
is direkt rätselhaft, wie c an-
ständlgerMensck so verworfen
sein kann!'
Dynastie Otto
Otto Leimbichler, der junge Ehemann, wird glücklicher Baker
und läßt seinen Sohn gleichfalls auf den Bamen Otto taufen.
Ein Bekannter, der weiß, daß auch der Baker Leimbichlers Otto
mit Vornamen hieß, meint: „Sie wollen wohl den Vornamen
durchaus nicht aussterben lassen?'
,O,' erwidert Leimbichler, „das hat noch einen sehr prak-
tischen Bebenzweck. Ich stehe schon seit ein paar Jahren auf
der Dringlichkeitsliste des Wohnungsaims. Wenn ich sterbe.
dann gilt die Anmeldung gleich für meinen
Sohn.'
Es ging nicht
Huber kam zum Arzt. Der Arzt sah ihn scharf an und fragte:
„Trinken Sie, wie ick es Ihnen verordnet habe, eine Stunde
vor dem Essen Karlsbader Wasser?'
Huber sank daS Herz bCntcT die Kniescheiben: „Ja, Herr
Doktor, ick babc rS versucht, aber länger als eine Viertelstunde
halte ick cs nickt aus, das Zeug zu trinken.'
J60
Don Hans Bachwltz
t Ä/'*'
Der große Direktor eines
noch größeren Operettenthea-
ters einer sehr großen Balkan-
hauptstadt an der Donau
schmückte eine Bank an der
Markenbader Kurpromenade
mit seiner umfangreichen Exi-
stenz. Rechts und links davon
saß je ein Librettist. Alle drei
überlegten, woher sie den
Stoff für die nächste Bovität
entnehmen sollten. Es lag
etwas Beklemmendes über
der Gruppe.
plötzlich stürzt ein glattrasierter Herr aus dem Gebüsch auf
die Bank zu und rammt sicb mit allen Bieren vor den Direktor
in den Boden.
„ Gestatten: Goldkehl, Tenor!'
Der Dircktorzieht diepupillen-
schüßcr hoch: „Angenehm! - Bo
— und was weiter so?'
„Herr Direktor!!! Sie haben
— es wird mir berichtet — ich bin
außer mir — Sir sollen — also
cs wird b e st i m m t e st e n s be-
hauptet -Sie sollen gesagthaben.
Sie könnten mich nicht engagieren, weil ich krumme, Beine
hätte!!! Sollen Sie gesagt haben, bitte sehr!'
„Oiwch!' monologelt Librettist A.
„Bu wenn schon!' schlagfertigt ihn Librettist B. ab.
Der große Direktor macht ein Gesiebt, so erstaunt, als habe
er zum ersten Male ein Originalmanuskript gesehen.
„Waaas soll ich g'sagt haben, das man Ihnen g'sagt hat??'
Die Goldplomben funkeln.
„Ich hätte-' Blick nach unten.
„Also — das is eine Gemeinheit! Das Hab' ich nicht g'sagt!'
„ Herr-'
„Zu kaan Mensch'n Hab' ich so wasBidderträchtiges be-
häuptelt. Ich wer' meine Bas' doch net in Ibncre Fieß stecken!
Kennt m'r pass'n!'
.Fein gegeben!' monologelt Librettist A.
Librettist B. notiert sich den .Witz' auf das auswechselbare
patenkröllchen.
Der Tenorist reckt sich zu dramatischer Wucht auf, jeder Zoll
ein zweites Finale.
„Wie gedenken Sic denn die unerhörte Verdächtigung zu
widerlegen?'
„Also Sie — — wer' Ihnen was sag'» — was Hab' ich für
e' Int'resse. Sie anzulügen, wo es sich doch um kaa Geschäft
nlr handelt? Ich bab' Ihnerc gedrehte Fieß net beriehrl! Dar-
aus gib ick Ihnen mein Ehrenwort!'
Der große Direktor sprach cö feierlich mit Augen aus Granit,
und des Tenoristen Haltung sackte zusammen. Er stammelte:
„Immerhin — — mein Gewährsmann hat mir auch sein Ehren-
wort gegeben!'
„Aber ich bitt' Ihnen, lieber Fraind, wer gcbbl hcitzetag
net alles aan Ebrenwort? Wo die Scklecktigkeit alle Täg
greßcr wird! Mccht man schon lachen, so wahr ich leb'! Missen
sich halt Ibncre Leit bißl anschau'n auf das hinauf. Und ich
wiederhol' Ihnen bei mein' ganz
großen Ehrenwort, Sie sollen
leben und glicklich sein, ich bab'
daS mit die Fieß net g'sagt!'
„Dann allerdings — — man
hat mich vielleicht mystifiziert-
Kulissenbosheit — — Sic ver-
stehen — — '
„Bowasdenn?Mirwer'nSic
sag'n! Kenn mich doch aus in das!'
„Alsdann — — 'tschuldigen schon!'
Der Tenorist verneigte sich gemessen und bedrückt wie itack
einem Achtungserfolg und ging nach rechts ab.
Der große Direktor sah ibm träumerisch nack und rieb sick
die ckarakteristische Base. Als
der Sänger außer Horchweite
war, wandte er sich an seine
Komplicen und meinte nach-
denklich:
„Also — wann ich doch bloß
wißt — mccht mlck doch wirk-
lich interessieren — w e r i h m
das wiedererzählt hat
— dasmitdieFieß! Und
gibbt gar e Ebrenwort!! Mir
is direkt rätselhaft, wie c an-
ständlgerMensck so verworfen
sein kann!'
Dynastie Otto
Otto Leimbichler, der junge Ehemann, wird glücklicher Baker
und läßt seinen Sohn gleichfalls auf den Bamen Otto taufen.
Ein Bekannter, der weiß, daß auch der Baker Leimbichlers Otto
mit Vornamen hieß, meint: „Sie wollen wohl den Vornamen
durchaus nicht aussterben lassen?'
,O,' erwidert Leimbichler, „das hat noch einen sehr prak-
tischen Bebenzweck. Ich stehe schon seit ein paar Jahren auf
der Dringlichkeitsliste des Wohnungsaims. Wenn ich sterbe.
dann gilt die Anmeldung gleich für meinen
Sohn.'
Es ging nicht
Huber kam zum Arzt. Der Arzt sah ihn scharf an und fragte:
„Trinken Sie, wie ick es Ihnen verordnet habe, eine Stunde
vor dem Essen Karlsbader Wasser?'
Huber sank daS Herz bCntcT die Kniescheiben: „Ja, Herr
Doktor, ick babc rS versucht, aber länger als eine Viertelstunde
halte ick cs nickt aus, das Zeug zu trinken.'
J60
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Rätsel"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1924
Entstehungsdatum (normiert)
1919 - 1929
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 161.1924, Nr. 4129, S. 460
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg