Der Schublade nichts ausgeschwätzt würde. Jeden Morgen, jeden
Mittag, jeden Abend bestaunte der Lösselbauer den verborgenen Schatz,
und je mehr die Mark fiel, desto höher stieg seine Hoffnung. „Schließ-
lich werde ich wirklich dem Nachbar noch den ganzen Hof damit ab-
kaufen können", meinte er und freute sich der kommenden Zeiten.
Aber da traf er nach längerer Zeit eines Abends seinen Nachbar,
den Kirchbauern, als dieser gerade aus der Stadt zurückkehrte, wo er
ein paar fetteOchsen verkauft hatte. „Denk dir nur," erzählte der Nach-
bar, „wie mich der Händler bezahlt hat. Zehn amerikanische Dollar
hat er mir unter das Geld gemischt." Der Löffelbauer bekam einen
weiten Mund und wiederholte: „Gleich zehn Dollar?" Sofort zog
der Nachbar das Geld aus der Tasche und zeigte es her. Da begann
der Löffelbauer schadenfreudig zu lachen und rief: „Da bist du schön
hereingefallen, das sind lauter falsche." — „Das wirst du verstehen/
entgegnete der Kirchbauer, „falsche werden das sein." — „Wenn ich
es dir sage", beharrte der Löffelbauer. „Ein echter Dollar sieht ganz
anders aus. Komm mit mir", fuhr er mit gedämpfter Stimme fort
und lauerte ringsuin, ob ihn niemand höre. „Ich habe einen." — Also
ging der Kirchbauer mit in das Haus, um hinter verschlossener Tür
seine Dollar mit dem des Löffelbauern zu vergleichen. Wahrlich, die
zehn Dollar sahen ganz anders aus! Sollte ihn der Viehhändler ab-
sichtlich betrogen haben? Eine schlechte Welt sei das doch heute, sagte
der Kirchbauer zum Löffelbauern, und dieser wollte seinen erbten Dollar
eben wieder freudestrahlend in die Schublade legen. Da ging draußen
„Aber lXaverl, bist d' denn immer noch da? Ich Hab' g'laubt, du wollt'st auswandern — nach Amerika?" — „Na, na, ich bleib' doch lieber
da: ich Hab' nämlich drüb'n in Amerika an Vetter, der mir spinnefeind is."
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Mittag, jeden Abend bestaunte der Lösselbauer den verborgenen Schatz,
und je mehr die Mark fiel, desto höher stieg seine Hoffnung. „Schließ-
lich werde ich wirklich dem Nachbar noch den ganzen Hof damit ab-
kaufen können", meinte er und freute sich der kommenden Zeiten.
Aber da traf er nach längerer Zeit eines Abends seinen Nachbar,
den Kirchbauern, als dieser gerade aus der Stadt zurückkehrte, wo er
ein paar fetteOchsen verkauft hatte. „Denk dir nur," erzählte der Nach-
bar, „wie mich der Händler bezahlt hat. Zehn amerikanische Dollar
hat er mir unter das Geld gemischt." Der Löffelbauer bekam einen
weiten Mund und wiederholte: „Gleich zehn Dollar?" Sofort zog
der Nachbar das Geld aus der Tasche und zeigte es her. Da begann
der Löffelbauer schadenfreudig zu lachen und rief: „Da bist du schön
hereingefallen, das sind lauter falsche." — „Das wirst du verstehen/
entgegnete der Kirchbauer, „falsche werden das sein." — „Wenn ich
es dir sage", beharrte der Löffelbauer. „Ein echter Dollar sieht ganz
anders aus. Komm mit mir", fuhr er mit gedämpfter Stimme fort
und lauerte ringsuin, ob ihn niemand höre. „Ich habe einen." — Also
ging der Kirchbauer mit in das Haus, um hinter verschlossener Tür
seine Dollar mit dem des Löffelbauern zu vergleichen. Wahrlich, die
zehn Dollar sahen ganz anders aus! Sollte ihn der Viehhändler ab-
sichtlich betrogen haben? Eine schlechte Welt sei das doch heute, sagte
der Kirchbauer zum Löffelbauern, und dieser wollte seinen erbten Dollar
eben wieder freudestrahlend in die Schublade legen. Da ging draußen
„Aber lXaverl, bist d' denn immer noch da? Ich Hab' g'laubt, du wollt'st auswandern — nach Amerika?" — „Na, na, ich bleib' doch lieber
da: ich Hab' nämlich drüb'n in Amerika an Vetter, der mir spinnefeind is."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Aber Xaverl, bist d' denn immer noch da?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1924
Entstehungsdatum (normiert)
1919 - 1929
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 161.1924, Nr. 4142, S. 675
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg