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n*9ft die Treppe
hinab.

Ein paar Au-
genblickespätersah
ich sie mit Befrie-
digung in derMitte
von vier Schupo-
männern abge-
sührl werden.

»So a Hund a
miserabliger, hier '
ehrliche Bürger in
eine Fallen zu lok-
ken", begrüßte mich
der größere von
den beiden. „Wart'
nur, Bürschel, mir
wachsen schon noch
Z samm'n, mir
Zwoa!"

Mit dieser tröst-
lichen Aussicht
suchte ich meine
Lagerstätte auf.

Am nächsten
Morgen bereits
um? Uhr erwachte
ich von dem Ge-
murmel einer zahl-
reichen Menschen-
menge unter mei-
nem Fenster. Die
ganze Straße war
schwarz von Men-
schen. Berittene
Schupo hielt die
Ordnung ausrecht.

Freiwillige Sanitäter schleppten ohnmächtige Frauen aus dem Ge-
dränge. Die Feuerwehr raste an. Tramwagen bahnten sich müh-
sam den Weg durch die aufgeregten Massen. Und immer neue Men-
schen strömten zu.

Was war los? Ich öffnete das Fenster.

„Jetzt! Des muß er sein. Der Bazi mit die hundert Mark !" Die
Menge brach in ein wüstes Geheul aus.

„Her mit die hundert Markl!"

„Mir gehört des Scheinderl."

„Na, i hab's verlor'n!"

Die Menge nahm eine bedrohliche Haltung untereinander an. Die
ersten Watschen entwickelten sich. Die Polizei schritt mit Gummi-
knüppeln ein. Die Feuerwehr gab Wasser aus der Dampfsprihe aus
all die „ehrlichen Verlierer" von Hundertmarkscheinen. Das schaffte
Abkühlung und Ruhe.

„Meine Herrschaften," brüllte ich durch den Schalltrichter meines
Grammophons, „einer kann den Schein doch nur verloren haben."

„A da schaugst den geselchten Affen, den geselchten! Betriegen will
er uns, unser saures Geld für sich behalten", kreischte eine Weiber-
stimme dazwischen.

„Meine Her-r-r-schasten, Sie alle haben offenbar gleiches Recht auf
?'!' Schein. Ich hätte freilich nie gedacht, daß in München an einem
Lage' - ich taxierte die Menge flüchtig — „120 000 Mark in ein-
zelnen Hundertmarkscheinen auf der Straße verloren werden."

„Ha ha, da seit sie nix", grunzte ein ansehnlicher Bierbaß da-
zwischen.

„Meine Her-r-r-schasten, um keinen von Ihnen zu benachteiligen,
werde ich den Schein verlosen. Folgen Sie mir alle auf den Nockher-
verg, dort werde ich die Verlosung vornehmen!"

„Des is g'scheit, da könn'n mer gleich 'nen Frühschoppen machen."

»Bravo! Bravo!"

Der Vorschlag
schien allgemein
Anklang zu finden.
Der Menge be-
mächtigte sich eine
freudigeErregung.
Es formierte sich
ein Zug, der sich
alsbald mit mir an
der Spitze nach
dem Nockherberge
in Bewegung setz-
te. Unter Absin-
gung des Liedes:
Drum san mer
Landsleut',
LinzerischeBuama.

Der Zug ver-
größerte sich un-
terwegs noch zu-
sehends. Auf dem
Nockherberg ange-
kommen,hatte alles
mit unheimlicher
Geschwindigkeit
seine Maß vor sich,
und Greise wie
Kinder, Männer
wie Frauen, Wei-
chensteller wie Ge-
heimräte, Wasser-
madln wie Lebe-
damen befanden
sich bald in ge-
hobenster Stim-
mung. Ich stieg
auf einen Tisch.

„Meine Herrschaften, zur Deckung meiner Unkosten, als da sind
Insertionskosten, Schreibgebühren usw., sehe ich mich gezwungen, das
Los mit einer Mark zu verkaufen!"

„Der Mann hat recht, des muß er hab'n", grunzte der Bierbaß
von vorhin aus seinem Maßkruge heraus.

Ich ließ mir ein paar Rollen perforiertes Papier bringen und be-
gann mit einem Blaustift Zahlen darauf zu malen, solchergestalt Lose
herstellend. Inzwischen kassierte die Zahlkellnerin in meinem Zylinder
das Geld dafür ein. Ein Glücksrad, noch vom gestrigen Vergnügen
des Vereins „Ausgeschämte Lackeln" in der Ecke vorhanden, wurde
auf den Tisch gestellt. Und ich drehte.

Nr. 1876.

Die Garderobenfrau vom Lase Luitpold war die glückliche Ge-
winnerkn.

„Ah, des g'freit mi' aber, Frau Ubermoser," ließ sich der bekannte
Bierbaß vernehmen, „daß Sie a solches Glück hab'n, so a braves
Weib wie Sie. De Frau Ubermoser soll leben! Oans, zwoa, drei,
g'suffa."

Begeistert stimmte die Menge in die Huldigung für die ehrwürdige
Dame ein. Die Kellnerinnen erschienen mit frischen Maßkrügen.

Wie lange die Festlichkeit noch gedauert hat, kann ich leider nicht
berichten. Ich stopfte den Ertrag für die Lose in einen vom Wirt ent-
liehenen Handkoffer, worauf ich mich per Auto nach Hause begab.

Dort machte ich Kasse. Nach Abzug der Unkosten und des Betrages
für das sicherlich nicht ausbleibende Strafmandat über fünf Mark
wegen Erregung eines öffentlichen Auflaufs blieb mir die immerhin
ganz nette Summe von 1493.70 Mark übrig.

Nächste Woche finde ich wieder einen Hundertmarkschein.

Geschäft ist Geschäft. ha„ha

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

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"Hundertmarkschein gefunden"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Flechtner, Otto
Entstehungsdatum
um 1925
Entstehungsdatum (normiert)
1920 - 1930
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 163.1925, Nr. 4172, S. 29

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