DiezwölfGanseMuftaphas
»Allah ist groß, und Mohammed ist sein Prophet!" so ertönte der
Oiuf des Muezzin von der Galerie der Moschee des arabischen Dorfes
am Abend vor der Abreise der pilgcrkarawane. Auch Mustapha Abd-el-
Kerim wollte bei Anbruch des Tages sich mit auf den Weg nach Mekka
machen, um an dem Grabe Mohammeds zu beten.
Er hatte seinem Nachbarn, dem Fellachen Selim, seine zwölfe Gänse
anverkraut mit der Bitte, sie während seiner Abwesenheit zu füttern.
Weit war der Weg nach Mekka und beschwerlich, doch Allah war
mit den pilgern und gestärkt in seinem Glauben, kehrte Mustapha
nach sechs Wochen in sein Dorf zurück.
Er verlangte, nachdem er Selim umarmt und geküßt hatte, nach seinen
Gänsen, die ihn laut schnatternd begrüßten. Doch eine fehlte.
Selim schwur beim Barte des Propheten, daß es demnach nur
elf gewesen sein müßten, denn er habe keine Gans genommen, und
Mustapha beteuerte bei den Augen Selims, daß es zwölf waren, als
er fortzog.
Da die Nachbarn sich nicht einigen konnten, gingen sie zum Kadi.
Der Kadi strich sich den weißen Bart und dachte nach, wie er den
Streit schlichten könne. Dann beauftragte er seinen Schreiber, zwölf
Soldaten zu holen, ließ diese sich in einer Reihe aufstellen und befahl
Selim, die Soldaten zu zählen. Selim zählte richtig bis zwölf.
„So," sagte der Kadi, „jetzt werde ich in die Hände klatschen, worauf
jeder der zwölf Soldaten eine Gans ergreifen wird. Mit Allahs Hilfe
wird sich zeigen, wer recht hak von euch beiden."
Der Kadi klatschte in die Hände, die Soldaten stürzten sich auf die
Gänse, und jeder hielt nach kurzer Zeit eine in seinen Armen. Aber
einer ging leer aus.
„Nun, Selim," fragte der weise Richter, „sage mir, warum hat
dieser Mann keine Gans erwischt?"
Selim aber erwiderte: „Das weiß ich nicht, o Kadi,- er hätte sich
bloß eine zu nehmen brauchen, es waren ja genug da."
TonyBtnder (aus dem Arabischen).
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»Allah ist groß, und Mohammed ist sein Prophet!" so ertönte der
Oiuf des Muezzin von der Galerie der Moschee des arabischen Dorfes
am Abend vor der Abreise der pilgcrkarawane. Auch Mustapha Abd-el-
Kerim wollte bei Anbruch des Tages sich mit auf den Weg nach Mekka
machen, um an dem Grabe Mohammeds zu beten.
Er hatte seinem Nachbarn, dem Fellachen Selim, seine zwölfe Gänse
anverkraut mit der Bitte, sie während seiner Abwesenheit zu füttern.
Weit war der Weg nach Mekka und beschwerlich, doch Allah war
mit den pilgern und gestärkt in seinem Glauben, kehrte Mustapha
nach sechs Wochen in sein Dorf zurück.
Er verlangte, nachdem er Selim umarmt und geküßt hatte, nach seinen
Gänsen, die ihn laut schnatternd begrüßten. Doch eine fehlte.
Selim schwur beim Barte des Propheten, daß es demnach nur
elf gewesen sein müßten, denn er habe keine Gans genommen, und
Mustapha beteuerte bei den Augen Selims, daß es zwölf waren, als
er fortzog.
Da die Nachbarn sich nicht einigen konnten, gingen sie zum Kadi.
Der Kadi strich sich den weißen Bart und dachte nach, wie er den
Streit schlichten könne. Dann beauftragte er seinen Schreiber, zwölf
Soldaten zu holen, ließ diese sich in einer Reihe aufstellen und befahl
Selim, die Soldaten zu zählen. Selim zählte richtig bis zwölf.
„So," sagte der Kadi, „jetzt werde ich in die Hände klatschen, worauf
jeder der zwölf Soldaten eine Gans ergreifen wird. Mit Allahs Hilfe
wird sich zeigen, wer recht hak von euch beiden."
Der Kadi klatschte in die Hände, die Soldaten stürzten sich auf die
Gänse, und jeder hielt nach kurzer Zeit eine in seinen Armen. Aber
einer ging leer aus.
„Nun, Selim," fragte der weise Richter, „sage mir, warum hat
dieser Mann keine Gans erwischt?"
Selim aber erwiderte: „Das weiß ich nicht, o Kadi,- er hätte sich
bloß eine zu nehmen brauchen, es waren ja genug da."
TonyBtnder (aus dem Arabischen).
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die zwölf Gänse Mustaphas"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1925
Entstehungsdatum (normiert)
1920 - 1930
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 163.1925, Nr. 4172, S. 31
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg