Der zerstreute Professor
Anekdote
Der berühmte Philosoph Borelius litt wie die meisten seiner gelehrten
Kollegen oft an unglaublicher Zerstreutheit. Als er eines Tages ausgehen
wollte, bat ihn seine Tochter, er möge ihr eine Flasche Kölnisches Wasser
mitbringen. Da der Professor besorgt ist, er könnte den Auftrag vergessen,
kaust er gleich die Flasche und trägt sie nun krampfhaft in der Hand. Da
entdeckt er im Schaufenster der Buchhandlung Möller eine neuerschienene
philosophische Abhandlung und sofort geht er in den Laden, obwohl er sonst
in der gegenüberliegenden Buchhandlung von Lindstcdt seine Bücher zu
kaufen pflegt. Während er das Buch durchsieht, stellt er die Flasche auf den
Tisch, aber beim Fortgehen vergißt er, sie mitzunehmcn.
Beim Mittagessen fragt seine Tochter: „Baker, du hast gewiß mein
Kölnisches Wasser vergessen?" — „Bein, ich habe die Flasche dabei", ver-
sichert Borelius stolz und beginnt in allen Taschen seines Rockes und Mantels
zu suchen. „Ach ja," fällt ihm da ein, „ich habe die Flasche in der Buch-
handlung stehenlassen." Rasch wird das Mädchen fortgeschickt, um die Flasche
zu holen, aber sie geht natürlich zu Lindstedt, weil sie weiß, daß der Herr
Professor dort zu kaufen pflegt. Bei Lindstedt erklärt man ihr, der Professor
wäre heute gar nickt im Laden gewesen, e>- habe also auch keine Flasche stehen-
lassen. Als das Mädchen mit diesem Bescheid nach Haufe kommt, gerät der
gute Borelius in Zorn und ruft: „Du hältst uns zum Barren, du bist gar
nicht in der Buchhandlung gewesen!" Aber das Mädchen versichert hoch
und heilig, daß es dort gewesen sei. Da will sich der Professor selbst von
der Wahrheit überzeugen. Er geht zu Möller und fragt: „Ist nicht eben
mein Mädchen hier gewesen?"— „Bein!" „Gut,- das dachte ich mir."
Und der Gelehrte geht befriedigt nach Hause,- natürlich fiel es ihm gar nicht
ein, selbst nach der vergessenen Flasche zu fragen. Er kommt heim und hält
dem Mädchen seine Lüge vor, doch sie bleibt standhaft dabei, daß sie in der
Buchhandlung gewesen wäre. Da befiehlt ihr der Professor, ihn zu begleiten.
Als sic bei Möller vorüberkommen, will Borelius hineingehen, aber das
Mädchen hält ihn am Rock fest, und der Irrtum klärt sich auf. «Ba, da bist
du ja entschuldigt... da können wir wieder nach Hause gehen." Und Herr
und Mädchen gehen heim. „Bun gut," sagt die Tochter, als Borelius ihr
Bericht erstattet, „aber wo hast du denn die Flasche?" „Teufel, die Flasche!
Die haben wir nun glücklich vergessen.... Aber ich nehme keinen Bissen,
bevor ich sie nicht selbst herbeigeschafft habe." Und aufs neue geht der Ge-
lehrte zu Möller. Dort bekommt er die Flatcke, und stolz wandert er mit
ihr nach Hause, indem er sic die ganze Zeit in der rechten Hand hält. Da
will es der Zufall, daß ihm gerade vor der Haustür einer seiner Studenten
begegnet, der ehrfurchtsvoll den Professor grüßt. Höflich greift Borelius nack
seinem Hut - und läßt die Flasche fallen. F.W.
Unsere Neuheit
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m vornehmer MockpackunH
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DIE MARKE DER GROSSEN WELT
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309
Anekdote
Der berühmte Philosoph Borelius litt wie die meisten seiner gelehrten
Kollegen oft an unglaublicher Zerstreutheit. Als er eines Tages ausgehen
wollte, bat ihn seine Tochter, er möge ihr eine Flasche Kölnisches Wasser
mitbringen. Da der Professor besorgt ist, er könnte den Auftrag vergessen,
kaust er gleich die Flasche und trägt sie nun krampfhaft in der Hand. Da
entdeckt er im Schaufenster der Buchhandlung Möller eine neuerschienene
philosophische Abhandlung und sofort geht er in den Laden, obwohl er sonst
in der gegenüberliegenden Buchhandlung von Lindstcdt seine Bücher zu
kaufen pflegt. Während er das Buch durchsieht, stellt er die Flasche auf den
Tisch, aber beim Fortgehen vergißt er, sie mitzunehmcn.
Beim Mittagessen fragt seine Tochter: „Baker, du hast gewiß mein
Kölnisches Wasser vergessen?" — „Bein, ich habe die Flasche dabei", ver-
sichert Borelius stolz und beginnt in allen Taschen seines Rockes und Mantels
zu suchen. „Ach ja," fällt ihm da ein, „ich habe die Flasche in der Buch-
handlung stehenlassen." Rasch wird das Mädchen fortgeschickt, um die Flasche
zu holen, aber sie geht natürlich zu Lindstedt, weil sie weiß, daß der Herr
Professor dort zu kaufen pflegt. Bei Lindstedt erklärt man ihr, der Professor
wäre heute gar nickt im Laden gewesen, e>- habe also auch keine Flasche stehen-
lassen. Als das Mädchen mit diesem Bescheid nach Haufe kommt, gerät der
gute Borelius in Zorn und ruft: „Du hältst uns zum Barren, du bist gar
nicht in der Buchhandlung gewesen!" Aber das Mädchen versichert hoch
und heilig, daß es dort gewesen sei. Da will sich der Professor selbst von
der Wahrheit überzeugen. Er geht zu Möller und fragt: „Ist nicht eben
mein Mädchen hier gewesen?"— „Bein!" „Gut,- das dachte ich mir."
Und der Gelehrte geht befriedigt nach Hause,- natürlich fiel es ihm gar nicht
ein, selbst nach der vergessenen Flasche zu fragen. Er kommt heim und hält
dem Mädchen seine Lüge vor, doch sie bleibt standhaft dabei, daß sie in der
Buchhandlung gewesen wäre. Da befiehlt ihr der Professor, ihn zu begleiten.
Als sic bei Möller vorüberkommen, will Borelius hineingehen, aber das
Mädchen hält ihn am Rock fest, und der Irrtum klärt sich auf. «Ba, da bist
du ja entschuldigt... da können wir wieder nach Hause gehen." Und Herr
und Mädchen gehen heim. „Bun gut," sagt die Tochter, als Borelius ihr
Bericht erstattet, „aber wo hast du denn die Flasche?" „Teufel, die Flasche!
Die haben wir nun glücklich vergessen.... Aber ich nehme keinen Bissen,
bevor ich sie nicht selbst herbeigeschafft habe." Und aufs neue geht der Ge-
lehrte zu Möller. Dort bekommt er die Flatcke, und stolz wandert er mit
ihr nach Hause, indem er sic die ganze Zeit in der rechten Hand hält. Da
will es der Zufall, daß ihm gerade vor der Haustür einer seiner Studenten
begegnet, der ehrfurchtsvoll den Professor grüßt. Höflich greift Borelius nack
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Unsere Neuheit
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