Die
mißglückte
Verlobung
Humoreske von
A. I u n g m a n n
Im „General-
anzeigerpeines der
gelesensten Blätter
der provinzial-
hauptstadt Q., er-
schien eines Tages
folgendes Inserate
„FüreineWaise,
hübsch, gebildet,
geistreich, im Be-
sitz eines großen
Vermögens,sucht
der Vormund
einen passenden
Gatten im Alter
von 25-!Z0 Jah-
ren. Auf Ver-
mögen wird nicht
reflektiert. Offer-
ten unter W. 37
an die Geschäfts-
stelle d. Blattes.
Vermittler aus-
geschlossen."
Daß am näch-
stenTagedieBriefc
dort schockweisean-
langten, wird wohl
jedermann begreif-
lich finden. In kur-
zerZeit waren nicht
weniger als 540
für W. 37 aufge-
stapelt.
EinigeTage spä-
ter erhielt Gras
EgonvonMülftng,
einer der 540, fol-
gendes Schreiben:
Herr Graf!
Die Auskunft, die Sie so freundlich waren, mir über Ihre werte
Persönlichkeit zu geben, Ihre hierin ausgesprochenen Anschauungen
und Lebensmaximen haben einen vortrefflichen Eindruck auf mich
gemacht. Was mein Mündel anbetrifft, muß ich Ihnen allerdings
sagen, daß sie sich den Luxus erlauben will, nur einem Mann die
Hand zu reichen, der ihr wirklich Sympathie einflößt und den sie
aufrichtig lieben kann. Ihre Mittel erlauben ihr das. Im Vertrauen
kann ich Ihnen mitteilen, daß Ihre Photographie ihr keineswegs miß-
fallen hat. Im Gegenteil! Das bestimmt auch, Ihnen elneZusammen-
kunst mit meinem Mündel zu ermöglichen,- wollen Sie sich daher
sreundlichst Mittwoch, den 16. d. Mts. im Stadttheater einfinden.
Wir, mein Mündel und ich, werden in der Loge Br. 12 zu finden
sein und werden uns freuen, Sie zwischen dem ersten und zweiten
Akte daselbst zu empfangen.
Mit dem Ausdruck der vorzüglichen Hochachtung W. 37.
Der Graf hatte nichts Eiligeres zu tun, als zur Tageskasse des
Theaters zu eilen.
„Bitte, für mich einen Parkettsitz zur Vorstellung am 16. vormerken."
„Das ist nicht möglich."
„Wieso?"
„WeildasThe-
ater für den Tag
vollständig ausver-
kauft ist."
„Aber das kann
ja gar nicht mög-
lich sein!"
„O doch, es ist
ja die Benefiz-
Vorstellung unse-
res tüchtigen Ko-
mikers R.B."
DochGrafMül-
fing hörte nicht
weiter.
„Es ist also un-
möglich?"
„Ganz unmög-
lich I"
Was tun, das
war eine fatale,
ganz fatale Ge-
schichte. GrafMül-
fing verließ das
Theater mit einem
nichts weniger als
wonnigenGefühle.
„Ein Orchester-
sih gefällig?" fragte
ihn plötzlich eine et-
was fragwürdige
Gestalt.
„LassenSiemich
in Ruh'!" herrschte
Graf Mülfing den
Zudringlichen an.
„Was, für den
16. ? Her damit!
Was kostet er?"
„Es ist der letzte,
bitte. Man reißt
sich darum,- unter
20 Mark kann ick
ihn nicht geben!"
20 Mark hin.
das war viel Geld, aber was für Aussichten eröffneten sich ibm.
„Da, geben Sie her!" Der Handel war geschlossen.
Die Vorstellung vom 16. wird ewig denkwürdig bleiben. Ein solches
Publikum war seit Bestehen des Musentcmpels nie gesehen worden.
Im Parkett und parterre lauter Herren in Frack oder in Uniform,
als handele es sich um eine Galavorstellung.
In den Logen ebenfalls nur Herren, nichts als Herren. W. 37 war
vollständig vertreten auf die betreffende Annonce, in tadellosesten
Toiletten.
Das Haus war vollständig ausverkaust, nur die Loge Br. 12 blieb
leer, und gerade auf diese Loge richteten sich die Blicke der Operngucker
und Zwicker der meisten, nein aller!
Bach dem ersten Akte strömte alles in den Korridor und in der
Bähe der Loge Br. 12 drängte sich ein Knäuel von Herren.
Der zweite Akt begann und Loge 7 Ir. 12 blieb noch immer leer.
Im Theater begann eine seltsame Temperatur zu herrschen. Eine un-
erklärliche Aufregung schien sich des Hauses bemächtigt zu haben, eine
Bervosität, für die man schwer die Ursache finden konnte. Als der
zweite Akt zu Ende gespielt war, da drängte sich alles mit wabnsinniger
Eile in den Korridor links, und der Knäuel staute sich vor Loge Br. 12,-
Unter Haltung
„Bo, Seppl, hast di' mit 'm Franzi im Wirtshaus guat unterhalten?"
„Wohlwohl! Er hat nix g'red't und i Hab' zuag'hört."
42
mißglückte
Verlobung
Humoreske von
A. I u n g m a n n
Im „General-
anzeigerpeines der
gelesensten Blätter
der provinzial-
hauptstadt Q., er-
schien eines Tages
folgendes Inserate
„FüreineWaise,
hübsch, gebildet,
geistreich, im Be-
sitz eines großen
Vermögens,sucht
der Vormund
einen passenden
Gatten im Alter
von 25-!Z0 Jah-
ren. Auf Ver-
mögen wird nicht
reflektiert. Offer-
ten unter W. 37
an die Geschäfts-
stelle d. Blattes.
Vermittler aus-
geschlossen."
Daß am näch-
stenTagedieBriefc
dort schockweisean-
langten, wird wohl
jedermann begreif-
lich finden. In kur-
zerZeit waren nicht
weniger als 540
für W. 37 aufge-
stapelt.
EinigeTage spä-
ter erhielt Gras
EgonvonMülftng,
einer der 540, fol-
gendes Schreiben:
Herr Graf!
Die Auskunft, die Sie so freundlich waren, mir über Ihre werte
Persönlichkeit zu geben, Ihre hierin ausgesprochenen Anschauungen
und Lebensmaximen haben einen vortrefflichen Eindruck auf mich
gemacht. Was mein Mündel anbetrifft, muß ich Ihnen allerdings
sagen, daß sie sich den Luxus erlauben will, nur einem Mann die
Hand zu reichen, der ihr wirklich Sympathie einflößt und den sie
aufrichtig lieben kann. Ihre Mittel erlauben ihr das. Im Vertrauen
kann ich Ihnen mitteilen, daß Ihre Photographie ihr keineswegs miß-
fallen hat. Im Gegenteil! Das bestimmt auch, Ihnen elneZusammen-
kunst mit meinem Mündel zu ermöglichen,- wollen Sie sich daher
sreundlichst Mittwoch, den 16. d. Mts. im Stadttheater einfinden.
Wir, mein Mündel und ich, werden in der Loge Br. 12 zu finden
sein und werden uns freuen, Sie zwischen dem ersten und zweiten
Akte daselbst zu empfangen.
Mit dem Ausdruck der vorzüglichen Hochachtung W. 37.
Der Graf hatte nichts Eiligeres zu tun, als zur Tageskasse des
Theaters zu eilen.
„Bitte, für mich einen Parkettsitz zur Vorstellung am 16. vormerken."
„Das ist nicht möglich."
„Wieso?"
„WeildasThe-
ater für den Tag
vollständig ausver-
kauft ist."
„Aber das kann
ja gar nicht mög-
lich sein!"
„O doch, es ist
ja die Benefiz-
Vorstellung unse-
res tüchtigen Ko-
mikers R.B."
DochGrafMül-
fing hörte nicht
weiter.
„Es ist also un-
möglich?"
„Ganz unmög-
lich I"
Was tun, das
war eine fatale,
ganz fatale Ge-
schichte. GrafMül-
fing verließ das
Theater mit einem
nichts weniger als
wonnigenGefühle.
„Ein Orchester-
sih gefällig?" fragte
ihn plötzlich eine et-
was fragwürdige
Gestalt.
„LassenSiemich
in Ruh'!" herrschte
Graf Mülfing den
Zudringlichen an.
„Was, für den
16. ? Her damit!
Was kostet er?"
„Es ist der letzte,
bitte. Man reißt
sich darum,- unter
20 Mark kann ick
ihn nicht geben!"
20 Mark hin.
das war viel Geld, aber was für Aussichten eröffneten sich ibm.
„Da, geben Sie her!" Der Handel war geschlossen.
Die Vorstellung vom 16. wird ewig denkwürdig bleiben. Ein solches
Publikum war seit Bestehen des Musentcmpels nie gesehen worden.
Im Parkett und parterre lauter Herren in Frack oder in Uniform,
als handele es sich um eine Galavorstellung.
In den Logen ebenfalls nur Herren, nichts als Herren. W. 37 war
vollständig vertreten auf die betreffende Annonce, in tadellosesten
Toiletten.
Das Haus war vollständig ausverkaust, nur die Loge Br. 12 blieb
leer, und gerade auf diese Loge richteten sich die Blicke der Operngucker
und Zwicker der meisten, nein aller!
Bach dem ersten Akte strömte alles in den Korridor und in der
Bähe der Loge Br. 12 drängte sich ein Knäuel von Herren.
Der zweite Akt begann und Loge 7 Ir. 12 blieb noch immer leer.
Im Theater begann eine seltsame Temperatur zu herrschen. Eine un-
erklärliche Aufregung schien sich des Hauses bemächtigt zu haben, eine
Bervosität, für die man schwer die Ursache finden konnte. Als der
zweite Akt zu Ende gespielt war, da drängte sich alles mit wabnsinniger
Eile in den Korridor links, und der Knäuel staute sich vor Loge Br. 12,-
Unter Haltung
„Bo, Seppl, hast di' mit 'm Franzi im Wirtshaus guat unterhalten?"
„Wohlwohl! Er hat nix g'red't und i Hab' zuag'hört."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Unterhaltung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1925 - 1925
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 164.1926, Nr. 4199, S. 42
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg