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Der Bubikopf, der fröhlich wilde,

Blieb Mode nicht und ward schon Tracht.
Er fand den Weg auch ins Gefilde
Der Borwelt durch den Orkusschacht.

Von reichen Zöpfen sich zu lösen
Ward aller Frauen Herzensbitt'.

Die Parzen schafften als Frisösen,

Die Schere dampft' im Sauseschnitt.

Da fiel der Zopf, so schwer wie Golde,
Und ward in Höllenglut verbrannt,

Für Venus, Hero und Isolde
Und dann für Elsa von Brabant.

Die Göttin Roms wie die Hetäre,

Die Pompadour, Kleopatra, -
Sie beugten alle sich der Schere, —

Dazu die schöne Helena.

Anna Boleyn gab ihre Haare,

Die Beatrix und Messalin'.

Ja selbst Frau Sphinx, die wandelbare,
Sprach ohne Rätsel: Hin ist hin.

Zwei Geistern wollt' dies nicht behagen:
Aus Frankreich der Johanna d'Arc.

Sie hat den „Bubi" längst getragen
Und fand nun die Verbreitung arg.

Und außerdem kam in Erregung
Sankt Bürokraz, der alte Tropf,- —

Erhob nach peinlicher Erwägung

Zum Amtsbeschluß: Es bleibt beim Zopf!

Karl Rabe

Das goldene sächsische Herz

DerKatasteramtssekretartatsoberassistent imRuhestande,Fürchte-
gottundscheueniemand Dünnbier, wurde seit einigerZeit regelmäßig
gegen ein Uhr nachts aus dem Schlafe geläutet.

Fürchtegottundscheueniemand fuhr jedesmal wutkochend in seine
Pantoffeln, warf sich in seinen Schlafrock, rannte zum Fenster, riß
es hastig auf, stieß den Fensterladen zurück und spähte grimmig in
das Dompfaffgäßchen hinaus.

Und jedesmal war in dem einsamen Gäßchen nicht ein Mäuse-
schwänzchen zu sehen.

Bis Fürchtegottundscheueniemand sich racheschnaubend auf die
Lauer legte, entschlossen, auf dem Haupte des Ruchlosen verschiedene
Erzeugnisse der porzellanindustrie zu zertrümmern, beim ersten
Glockenton den Fensterladen behutsam öffnete, uni zu seiner Über-
raschung seinen Nachbarn, den pensionierten Vizinalbahnober-
kontrolleur Iasomirgott Goldwasser gerade noch nebenan in der
Haustüre verschwinden zu sehen.

Schäumend setzte Fürchtegottundscheueniemand das bereit ge-
baltene Porzellangefäß zu Boden, daß es mit scharfemKnall zersprang.

Nach einer Weile finsteren Brütens fühlte er, daß es ihm um
die Beine herum reichlich kühl wurde und ging zu Bett.

In den Traumbildern, die durch sein verstörtes Hirn jagten,
spielte HerrVizinalbahnoberkontrolleur Goldwasser keine glückliche
Rolle.

Dreimal wurde er von Dünnbiers eigener Hand erwürgt, vier-
mal durch einen fürchterlichen Hieb zu Boden geschlagen und
inindestens alle Viertelstunde mit über Kreuz gefesselten Händen
von der Polizei durch das Mund und Nase aufsperrende Dom-
pfaffgäßchen geschleift.

Naß vor Aufregung stellte Dünnbier am nächsten Morgen den
Ruhestörer zur Rede.

„Awr Herr Nachbr", beruhigte ihn Goldwasser, während ein
fröhliches Schmunzeln den Aufgeregten entwaffnete, „awr Herr
Nachbr, da brauchen Se sich doch nich glei so uffzureege. Unsere
Glingl gehd nämlich nich und da sachde meine Frau zu mir: Weeßte,
Männchen, sachde se, glinglsd nähman, das Heer'ch gradesogud!"

Otto Grüne

H
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Bubi in der Unterwelt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Storch, Carl
Entstehungsdatum
um 1926
Entstehungsdatum (normiert)
1921 - 1931
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 165.1926, Nr. 4223, S. 14

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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