Lustig e W
Eisenbahnarbeiter fanden bei Ausgrabungen in der Nähe von Speyer
einen Knochen, der als Rest eines Ureinwohners des Speyergaues
gedeutet wurde. Bisher haben sich nur Hunde um Knochen gestritten,-
um diesen Knochen stritten sich aber Stadtgemeinde und Eisenbahn-
verwaltung. Jede wollte ihn für sich haben, den kostbaren Knochen!
Da der städtische Banktresor sowieso leer stand, deponierte man den
Knochen darin bis zur Schlichtung des Rechtsstreits. Jede Behörde
rechnete schon aus, was man beim Verkauf des Knochens an ein
Museum gewinnen würde, als eine sachverständige Untersuchung er-
gab, daß der Knochen von einem Rindvieh stammte. — Großmäch-
tiges Schilda, ein paar deiner Bürger scheinen nach Speyer ver-
sprengt worden zu sein!
Die Reche
Von Fritz Mü
A. : „Was steht zu Diensten, Herr Baumeister?"
B. : „Ich komme wegen der Rechenaufgaben, Herr Oberstudien-
rak, die Sie gestern in Ihrer Klasse gestellt haben. — Da heißt eine:
,3 Arbeiter brauchen zu einem Graben von 60 m Länge, 60 cm Breite
und 1,10 m Tiefe bei achtstündiger Arbeitszeit 24 Tage. a> Wie lange
brauchen bei zehnstündiger Arbeitszeit zwölf Arbeiter, wenn der Graben
1,20 m lang, 80 cm breit und 1,65 m tief werden soll?'"
A. i „Und was gefällt Ihnen an der Aufgabe nicht?"
B. : „Sie ist am grünen Tisch entstanden und hat mit den Ver-
hältnissen, wie sie das Leben bringt, nichts, aber auch gar nichts zu tun l"
A. : „Dieser Vorwurf trifft mich aber zu Unrecht. Ich selbst habe
diese Aufgabe ausgedacht, um den Schülern statt der weltfremden
Aufgaben, die im Rechenheft stehen, etwas aus dem Leben ..."
B. : „Ich wußte nicht, daß Sie der Schöpfer dieser Aufgabe sind,
Herr Oberstudienrat. Als Sachverständiger gerade auf diesem Ge-
biete muß ich Ihnen aber dennoch sagen, daß Ihre Aufgabe an Welt-
sremdheit den Aufgaben im Rechenheft in nichts nachsteht!"
A. : „Erlauben Sie einmal!"
B. : „Das mag Ihnen ungenehm sein. Aber cs ist nun einmal
so. — Zunächst kann man die Aufgabe auch nicht lösen, weil ver-
schiedene notwendige Airgaben fehlen!"
A. : „Das trifft aber uicht zu! Wenn ich nicht wüßte, daß für
einen Mann von Ihrer Vorbildung eine solche Aufgabe ein Kinder-
spiel ist, so würde ich Ihnen das Exempel vorrechnen."
B. : „Tun Sie's, bitte!"
A. : „Angenommen, die übrigen Bedingungen seien dieselben, dann
vollenden 12 Arbeiter die Arbeit im vierten Teil der Zeit — umge-
kehrte Schlußrechnung! — also in 6 Tagen. Ist aber der Graben drei-
mal so lang, so brauchen sie die dreifache Zeit, d. h. 18 Tage. Um von
60 cm auf 80 cm Breite schließen zu können, muß auf..."
B. : „So meine ich die Sache nicht! Ich wollte . . . ."
A. : „ Ach so! Sie rechnen solcheAufgaben init dem Bruchstrich, wie das
früher üblich war. (Schreibt) 2
= 2+L _ 28Vs
f-t-t-i 5
In 284/5 Tagen oder in 28 Tagen und 8 Arbeitsstunden wird der
Graben fertig sein!"
B. : „So????"
A. : „Ganz bestimmt! Die Rechnung ist unanfechtbar!"
B. : „Für Sie vom grünen Tische vielleicht! - Als Mann der
Praxis aber muß ich ein paar Einwendungen machen."
eltchronik
Die Behörden auf Malai haben die Erfahrung machen müssen,
daß eine Sache erst dann richtig in Gang kommt, wenn man die ganze
Bevölkerung dafür interessiert. Auf Malai war die Schlangenplage
groß. Lange versuchten die Behörden, mit eignen Hilfskräften des
giftigen Getiers Herr zu werden - umsonst! Endlich entschlossen sie
sich, die Bevölkerung mobil zu machen,- sie setzten für jeden einge-
lieferten Schlangenkopf eine Prämie aus und siehe da, der Erfolg
war überraschend. Überraschend war aber auch, daß die Zahl der ab-
gelieferten Köpfe ständig wuchs, sich verdoppelte, verdreifachte. Man
ging der Sache nach und was fand man? Eine große Menge pfiffiger
Malaien hatte regelrechte Schlangensarmeit angelegt, wo sie in fieber-
haftem Tempo Prämienobjekte züchteten. Das war auch ein Erfolg!
naufgabe
ller, Chemnitz
A. : „Da bin ich wirklich neugierig, Herr Baumeister!"
B. : „Zunächst bringen 12 Arbeiter den Graben nicht im vierten
Teile der Zeit fertig, die 3 Arbeiter brauchen. Wenn auf einer
Straße 3 Arbeiter beschäftigt sind, dann arbeiten 2, und einer steht
da und paßt auf, ob sie es richtig machen. Bei 12 Arbeitern sind aber
nicht 3 Aufseher, sondern nur einer notwendig, und wenn es hoch
kommt, noch einer, der aufpaßt, ob der eine richtig aufpaßt!"
A. : „Dann arbeiten im einen Falle 2 und im andern 10 Arbeiter
wirklich an dem Graben, und die 10 Arbeiter bringen den Graben
im fünften Teile der Zeit fertig."
B. : „Das stimmt auch wieder nicht. Es ist nicht angegeben, ob
sie sich infolge der engeren Verteilung im Wege stehen, ob sie durch
Arbeitsteilung größere Leistungen erzielen, ob sich 12 Leute mehr
unterhalten als 3 u. a. m."
A. : „Das mag sein. Aber die übrigen Angaben sind doch eindeutig?"
B. : „Auch nicht! — Bei der längeren Arbeitszeit ist der Ermüdungs-
koeffizient nicht angegeben. Dann ist nicht berücksichtigt, daß die Erd-
massen zur Beförderung mehr Kraft und Zeit brauchen, wenn der
Graben noch einmal so tief wird!"
A. : „Wenn man auf solche Dinge Rücksicht nehmen will, werden
aber die Aufgaben viel zu schwer. Sie haben doch lediglich den Zweck,
die Kinder zum logischen Denken zu erziehen!"
B. : „Dazu gehört auch, daß man nicht bloß mit angenommenen
Fällen arbeitet, sondern auch die tatsächlichen Verhältnisse berück-
sichtigt! — Übrigens, daß ich es nicht vergesse, die Aufgabe b> ist noch
viel ungeheuerlicher. Da heißt es: ,Nach 7V5 Tagen bricht ein
Streik aus. 6 Arbeiter legen die Arbeit nieder. Die anderen 6 aber
erklären, obwohl sie Weiterarbeiten, dadurch ihre Sympathie mit den
Streikenden, daß sic täglich nur noch 8 Stunden arbeiten. Wie lange
brauchen sie, um den Graben allein fertigzustellen?' — Ist so etwas
nicht fürchterlich?"
A. : „Ich wüßte nicht, inwiefern! Die Ausgabe ist sogar sehr ein-
fach. 71/5 Tage ist nämlich der vierte Teil der Zeit. Es sind demnach
noch b/i des Grabens zu vollenden. Dazu brauchen alle 12 Arbeiter
noch 213/s Tage. 6 Arbeiter können es aber nur in 426/5 oder
43l/s Tagen schaffen. Infolge der verringerten Arbeitszeit ist diese
Zahl erst mit 5 zu multiplizieren und ..."
B. : „ . . . durch vier zu teilen! So wird am grünen Tisch ge-
rechnet! Im Leben aber geht es anders zu. Zunächst streikt man da
nicht, wenn l/$ Tag verstrichen ist! Dann streiken entweder alle, oder
gar niemand!!"
A.: „Sie können aber verschiedenen Organisationen angehören!"
(Fortsetzung Sette 22)
20
Eisenbahnarbeiter fanden bei Ausgrabungen in der Nähe von Speyer
einen Knochen, der als Rest eines Ureinwohners des Speyergaues
gedeutet wurde. Bisher haben sich nur Hunde um Knochen gestritten,-
um diesen Knochen stritten sich aber Stadtgemeinde und Eisenbahn-
verwaltung. Jede wollte ihn für sich haben, den kostbaren Knochen!
Da der städtische Banktresor sowieso leer stand, deponierte man den
Knochen darin bis zur Schlichtung des Rechtsstreits. Jede Behörde
rechnete schon aus, was man beim Verkauf des Knochens an ein
Museum gewinnen würde, als eine sachverständige Untersuchung er-
gab, daß der Knochen von einem Rindvieh stammte. — Großmäch-
tiges Schilda, ein paar deiner Bürger scheinen nach Speyer ver-
sprengt worden zu sein!
Die Reche
Von Fritz Mü
A. : „Was steht zu Diensten, Herr Baumeister?"
B. : „Ich komme wegen der Rechenaufgaben, Herr Oberstudien-
rak, die Sie gestern in Ihrer Klasse gestellt haben. — Da heißt eine:
,3 Arbeiter brauchen zu einem Graben von 60 m Länge, 60 cm Breite
und 1,10 m Tiefe bei achtstündiger Arbeitszeit 24 Tage. a> Wie lange
brauchen bei zehnstündiger Arbeitszeit zwölf Arbeiter, wenn der Graben
1,20 m lang, 80 cm breit und 1,65 m tief werden soll?'"
A. i „Und was gefällt Ihnen an der Aufgabe nicht?"
B. : „Sie ist am grünen Tisch entstanden und hat mit den Ver-
hältnissen, wie sie das Leben bringt, nichts, aber auch gar nichts zu tun l"
A. : „Dieser Vorwurf trifft mich aber zu Unrecht. Ich selbst habe
diese Aufgabe ausgedacht, um den Schülern statt der weltfremden
Aufgaben, die im Rechenheft stehen, etwas aus dem Leben ..."
B. : „Ich wußte nicht, daß Sie der Schöpfer dieser Aufgabe sind,
Herr Oberstudienrat. Als Sachverständiger gerade auf diesem Ge-
biete muß ich Ihnen aber dennoch sagen, daß Ihre Aufgabe an Welt-
sremdheit den Aufgaben im Rechenheft in nichts nachsteht!"
A. : „Erlauben Sie einmal!"
B. : „Das mag Ihnen ungenehm sein. Aber cs ist nun einmal
so. — Zunächst kann man die Aufgabe auch nicht lösen, weil ver-
schiedene notwendige Airgaben fehlen!"
A. : „Das trifft aber uicht zu! Wenn ich nicht wüßte, daß für
einen Mann von Ihrer Vorbildung eine solche Aufgabe ein Kinder-
spiel ist, so würde ich Ihnen das Exempel vorrechnen."
B. : „Tun Sie's, bitte!"
A. : „Angenommen, die übrigen Bedingungen seien dieselben, dann
vollenden 12 Arbeiter die Arbeit im vierten Teil der Zeit — umge-
kehrte Schlußrechnung! — also in 6 Tagen. Ist aber der Graben drei-
mal so lang, so brauchen sie die dreifache Zeit, d. h. 18 Tage. Um von
60 cm auf 80 cm Breite schließen zu können, muß auf..."
B. : „So meine ich die Sache nicht! Ich wollte . . . ."
A. : „ Ach so! Sie rechnen solcheAufgaben init dem Bruchstrich, wie das
früher üblich war. (Schreibt) 2
= 2+L _ 28Vs
f-t-t-i 5
In 284/5 Tagen oder in 28 Tagen und 8 Arbeitsstunden wird der
Graben fertig sein!"
B. : „So????"
A. : „Ganz bestimmt! Die Rechnung ist unanfechtbar!"
B. : „Für Sie vom grünen Tische vielleicht! - Als Mann der
Praxis aber muß ich ein paar Einwendungen machen."
eltchronik
Die Behörden auf Malai haben die Erfahrung machen müssen,
daß eine Sache erst dann richtig in Gang kommt, wenn man die ganze
Bevölkerung dafür interessiert. Auf Malai war die Schlangenplage
groß. Lange versuchten die Behörden, mit eignen Hilfskräften des
giftigen Getiers Herr zu werden - umsonst! Endlich entschlossen sie
sich, die Bevölkerung mobil zu machen,- sie setzten für jeden einge-
lieferten Schlangenkopf eine Prämie aus und siehe da, der Erfolg
war überraschend. Überraschend war aber auch, daß die Zahl der ab-
gelieferten Köpfe ständig wuchs, sich verdoppelte, verdreifachte. Man
ging der Sache nach und was fand man? Eine große Menge pfiffiger
Malaien hatte regelrechte Schlangensarmeit angelegt, wo sie in fieber-
haftem Tempo Prämienobjekte züchteten. Das war auch ein Erfolg!
naufgabe
ller, Chemnitz
A. : „Da bin ich wirklich neugierig, Herr Baumeister!"
B. : „Zunächst bringen 12 Arbeiter den Graben nicht im vierten
Teile der Zeit fertig, die 3 Arbeiter brauchen. Wenn auf einer
Straße 3 Arbeiter beschäftigt sind, dann arbeiten 2, und einer steht
da und paßt auf, ob sie es richtig machen. Bei 12 Arbeitern sind aber
nicht 3 Aufseher, sondern nur einer notwendig, und wenn es hoch
kommt, noch einer, der aufpaßt, ob der eine richtig aufpaßt!"
A. : „Dann arbeiten im einen Falle 2 und im andern 10 Arbeiter
wirklich an dem Graben, und die 10 Arbeiter bringen den Graben
im fünften Teile der Zeit fertig."
B. : „Das stimmt auch wieder nicht. Es ist nicht angegeben, ob
sie sich infolge der engeren Verteilung im Wege stehen, ob sie durch
Arbeitsteilung größere Leistungen erzielen, ob sich 12 Leute mehr
unterhalten als 3 u. a. m."
A. : „Das mag sein. Aber die übrigen Angaben sind doch eindeutig?"
B. : „Auch nicht! — Bei der längeren Arbeitszeit ist der Ermüdungs-
koeffizient nicht angegeben. Dann ist nicht berücksichtigt, daß die Erd-
massen zur Beförderung mehr Kraft und Zeit brauchen, wenn der
Graben noch einmal so tief wird!"
A. : „Wenn man auf solche Dinge Rücksicht nehmen will, werden
aber die Aufgaben viel zu schwer. Sie haben doch lediglich den Zweck,
die Kinder zum logischen Denken zu erziehen!"
B. : „Dazu gehört auch, daß man nicht bloß mit angenommenen
Fällen arbeitet, sondern auch die tatsächlichen Verhältnisse berück-
sichtigt! — Übrigens, daß ich es nicht vergesse, die Aufgabe b> ist noch
viel ungeheuerlicher. Da heißt es: ,Nach 7V5 Tagen bricht ein
Streik aus. 6 Arbeiter legen die Arbeit nieder. Die anderen 6 aber
erklären, obwohl sie Weiterarbeiten, dadurch ihre Sympathie mit den
Streikenden, daß sic täglich nur noch 8 Stunden arbeiten. Wie lange
brauchen sie, um den Graben allein fertigzustellen?' — Ist so etwas
nicht fürchterlich?"
A. : „Ich wüßte nicht, inwiefern! Die Ausgabe ist sogar sehr ein-
fach. 71/5 Tage ist nämlich der vierte Teil der Zeit. Es sind demnach
noch b/i des Grabens zu vollenden. Dazu brauchen alle 12 Arbeiter
noch 213/s Tage. 6 Arbeiter können es aber nur in 426/5 oder
43l/s Tagen schaffen. Infolge der verringerten Arbeitszeit ist diese
Zahl erst mit 5 zu multiplizieren und ..."
B. : „ . . . durch vier zu teilen! So wird am grünen Tisch ge-
rechnet! Im Leben aber geht es anders zu. Zunächst streikt man da
nicht, wenn l/$ Tag verstrichen ist! Dann streiken entweder alle, oder
gar niemand!!"
A.: „Sie können aber verschiedenen Organisationen angehören!"
(Fortsetzung Sette 22)
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Lustige Weltchronik"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum (normiert)
1926 - 1926
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 165.1926, Nr. 4223, S. 20
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg