Fliegende Blätter (165.1926 (Nr. 4222-4247) = 82. Jahrg.)

Das Regnomobil

Der fortschrittlichen Technik ist es gelungen, die Freude am Regenwetter, die bisher nur Regenwürmern und Schnecken vergönnt war,
auch dem Menschen zu erschließen.

Abend am Starnberger See

Aus den Tiefen aufgeregter Fluten
Klingen wirr und heimlich dumpfe Weisen,
Unter drohend — schwarz geballten WrAken
Hoch und einsam weiße Möwen kreisen.

Traumhaft leuchten von den fernen Ufern
Bergesgipfel hinter gold’nem Schleier;

Und sie grüßen Sehnsucht schwere Herzen
Von des Abends sonnenfroher Feier.

Um mich aber schließen sich die Schatten,
Wiegen sich in schwermutsvollem Reigen;
Segel gleiten lichtlos in den Hafen.

Und die Wellen glätten sich und schweigen.
A.

Der Esel

„Da ward aus Abend und Morgen der fünfte Tag und der Herr
schuf die Tiere, ein jegliches nach seiner Art..."

„In welcher Gestalt willst du deine Erdenwanderung antreten?"
fragte der Herr eines seiner Geschöpfe. — Dieses wollte sich erst mit
den Erfahrensten des Himmels beraten. Zuerst ging es zu dem Erz-
engel Michael und fragte ihn: „Wen würdest du als den Weisesten
und Beneidenswertesten erachten?"

„Als der Weiseste und Beneidenswerteste ist derjenige zu achten,
der die ihm auferlegten Leiden und Lasten mit Geduld erträgt und
selbst die verachtete Distel zu nützen versteht." Nun ging es zum Erz-
engel Gabriel und fragte ihn: „Wen würdest du für den Weisesten
und Beneidenswertesten halten?"

„Den, der auch aus rauhen, steinigen Pfaden mit Sicherheit auf-
wärts schreitet, ohne zu straucheln." — Zuletzt ging es zum heiligen
Petrus und legte ihm seine Frage vor. „Ich betrachte denjenigen,

der am meisten hört und am wenigsten sagt, als den weisesten der
Weisen," antwortete Petrus.

Nun kehrte es zum Schöpfer zurück: „Herr, mache mich zu einem
Wesen, das die ihm auferlegten Leiden und Lasten mit Geduld erträgt,
das selbst die verachtete Distel zu nützen versteht; das auch auf steilen
Pfaden sicher auswärts schreitet und das viel hört und wenig sagt." -
So geschah es. Der Herr formte auch dieses Geschöpf „nach seiner Art"
und seinen Wünschen. Der Mensch aber mißbrauchte den langmütigen
Gesellen und nannte ihn: „Esel!" —

A h s o

— „Sie haben ja gestern eine gehörige Nase bekommen!"

Beamter: „Nase? Einen Elefantenrüssel!"

Drohung

Gast, der hinausgeworfen wurde, zum Wirt: „Warten Sie nur,
morgen bring ich meine Frau mit."

Brandbrief aus der Sommerfrische

„Lieber Onkel! „Schön aber teuer" — das ist, kurz zusammengefaßt, da« Wesent-
lichste, was sich von meiner Erholungsstätte sagen läßt. — Mein Studium betreibe
ich beim Rauschen eines munteren Wäfferleins. Um mich hier nun in aller Ruhe
gehörig zum Examen vorbereiten zu können, brauche ich Geld und abermals Geld.
Sei also bitte so gut und schicke. Herzlichen Dank im Voraus und viele Grüße!

Dein Neffe Paul."

Antwort:

„Lieber Paul! „Schön, aber teuer" ist ein Widerspruch. Schönheiten, die der
Natur vom Schöpfer verliehe» sind, läßt er uns unberechnet genießen. — Mit
anderen „Schönheiten" sollst du dich, zumal wenn sie „teuer" sind, lieber nicht ein-
lasten! Damit Du Dein Studium (nämlich der bewußten Schönheit!) ausgerechnet
beim Rauschen eines munteren Wäfferleins (kurz „Sekt" genannt) betreibst, dafür
habe ich wirklich kein Geld übrig! Beffere Dich! Herzhaften Gruß!

Dein lieber Onkel Otto."

Der Marabu

„Achtung!" sprach der Papagei zum Marabu, „ich habe von den
Menschen sprechen gelernt!" —

„Die Menschen würden wohl daran tun," erwiderte der vorsichtig
bedächtige Marabu, „wenn sie von mir schweigen lernten!"

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