Zeitglossen
Züchtet Assen! Der Vorkämpfer für „Ver-
jüngung" Profeffor Voronoff erklärte, daß Affen-
zucht die größte und erfolgreichste Sache der Zukunft
sein werde. - Na, mit der Affenzucht ist man doch
schon seit längerer Zeit beschäftigt. Leider hat man
aber größtenteils dazu — Menschenmaterial ver-
wendet . . . Ri-ri
Junge Ehen. In China wurden in gewisien
Volksschichten die Kinder schon vor ihrer Geburt
miteinander verbeiratet, wenn die Familien der wer-
denden Mütter die Verbindung für gut fanden —
vorausgesetzt, daß die eine einen Knaben, die an-
dere ein Mädchen zur Welt brachte. — Durch ein
Gesetz wurde jetzt dieses allzufrühe Heiraten als
nicht zu Recht bestehend erklärt. Die Chinesen hatten
es bis dahin gut. Man war von vornherein der
Wahl und Qual um de» Ehepartner enthoben, man brachte ihn sozusagen
schon auf die Welt mit. Es soll ja vorgekommen sein, daß die jungen Ebe-
gatten durch heftiges Schreien gegen ihre beffere oder schlechtere Hälfte
protestierten, aber durch eine Flasche Reismilch wurde dann immer der
eheliche Friede wieder hergestellt. Diese chinesischen
Paare konnten ihr Leben lang eine Menge Hoch-
zeitsjubiläenfeiern. Mit 25 Jahren waren sie bereits
ein Silberjubelpaar und standen in den Familien-
nachrichten der Zeitung als langjähriges Abonnen-
tenehepaar. Siehatken in allem 25IahreVorfprung.
- Wenn es richtig ist, daß das siebte Ehejahr das
kritischste ist, so konnten sie bereits als A-B-C-
Sckützen wieder geschieden sein. Doch ein altes
Sprichwort, das in diesem Fall besonders treffend
sein dürfte, heißt: Jung gefreit, hat niemand gereut.
Kosmetik. Um dicke Beine schlank zu kriegen,
werden jetzt von den Kosmetikern in Frankreich die
Damenbeine in vierwöchentlichen Gipsverband ge-
legt. Schönheit muß leiden! — Für den Beinschwund
kan» man künstlich sorgen, der Gehirnschwund stellt
sich bei den dazu Veranlagten ganz von selbst ein. —
Vielleicht wird es schick, statt der Seidenstrümpfe überhaupt einen Gips-
verband um die Beine zu tragen, so daß man die Kur sogar in der Gesell-
schaft (d. h. ohne Berufsstörung für die Damen) durchführen kann. Wen»
man denkt, wie sich der Kreis im Lauf der Jahrtausende schließt! Eva
wurde aus einer ein-
fachen Rippe erschaf-
fen. Die Frau von
beute kehrt wieder
ganz zum Knocken zu-
rück. Der alte Ben
Akiba behält doch im-
mer recht. Kr-i»
Briefkasten
Dulderin in Ver-
zweiflung. Daß Ihnen
Ihr Herr Gemahl nach
jeder Stammlischkneipe
den nämlichen alten Witz
als neu erzählt, dürste
nach der Einstellung un-
serer Richter, welche meist
selbst Stammtischmitglie-
der sind, leider noch kei-
nen genügenden Grund
zur Ehescheidung bieten.
Aber vielleicht entschlie-
ße» sich die Herrschaften
zu einer Auswanderung
nach den Vereinigten
Staaten. In Holywood
spielt zur Zeit ein Schei-
dungsprozeß „wegen gei-
stiger Grausamkeit". Fr.
Dezembernacht 1930
„Mensch, was willst«, in de Sterne gucken? Dazu ham m'r doch's Planetarium. Der Himmel is fir de Reklame."
REZEPT
Nur mit Hühneraugenpflaster.
Oder mit Verjüngungspillen,
Oder Mittelchen für andre Laster
Kanh man heut den Beutel füllen.
Will bescheidener man leben.
(Was jedoch nicht allgemein beliebt)
Nun — so mag man Tüten kleben.
Oder mas es sonst noch Schönes gibt.
Will man aber langsam sterben,
Muß man auch auf das verzichten.
Muß man Wanzenleder gerben,
Oder Flöhe züchten, oder - dichten!
E u m u s
Büchertifch
Humor bei Goethe. Herausgegeben von Hans Heinrich
Borcherdt. (Deutsches Verlagshaus Bong, Ber-
lin-Leipzig.) Goethe war kein Humorist. Bekannt ist
seine auffallende Äußerung über die Verantwortungslosig-
keit des Humoristen, die die Einleitung dieses Buches zitiert.
War also ein Buch, das alles Humoristische aus Goetbes
Werken zusammenträgt, wirkliche Notwendigkeit, war es
mehr als das registrierende Werk deutschen Katalogisie-
rungS-BedürfniffeS? Man könnte darüber streiten. Man
könnte auch finden, daß nicht alles wirklich humorvoll ist,
was hier gesammelt ist, daß eine engere Auswahl bester
gewesen wäre. Ferner könnten die auS dem Zusammenhang
geriffenen Mephisto-Szenen aus dem Faust entbehrt werde».
Was das Buch trotzdem nützlich und brauchbar macht, ist
die bequeme Zusammenstellung, die es für jede» bedeutet,
der eben einmal gerade den „lustigen" Goethe zitieren, rezi-
tieren oder nachschlagen will, sowie vor allem das Nahe-
bringen vieler weniger bekannter Dinge, die in den Gesamt-
ausgaben entweder gar nicht enthalten oder schwierig auf-
zusinden sind. Die Ausstattung des Buches ist vorzüglich.
Karl Lerbs, Di« Wette gegen Unbekannt. (Bühnen-
volkSbund-Verlag Berlin). Die schmucke Reihe der
billigen, handlichen Silber-Bändchen des Verlages erscheint
als Vorbild guter unterhaltender Bahn- oder Wandcr-
lektüre. Karl Lerbs' Büchlein birgt eine Fülle reifer Er-
zählungskunst in der aktuelle» Form der knappen Anekdote,
der gespannten und spannenden Kurzgeschichte. Eine be-
hagliche, anschaulich formende Sprache vermittelt ausge-
zeichnet geschaute Situationen, reizvollste Bildausschnitte,
lebendigste Kurzfilms des Leben», das ja nichts ist als eine
Wette gegen Unbekannt.
Walter von Rummel, I» Sankt Peter» Hut. (Verlag
I. Neumann Neudamm). Weil Sankt Peter das
Wetter macht, bat er von jeher mit dem Master zu tun.
Und so ist er vermutlich zum Patron der Fischer geworden
Wetter, Master, Wind und Wald sind in diesem Buch.
Und natürlich fehlt nicht der Humor, der ja auch von Fe -
tigkeit kommen soll. Wer alle diese Dinge liebt, wird auch
dies neue Buch lieben müste». R.8.
298
Züchtet Assen! Der Vorkämpfer für „Ver-
jüngung" Profeffor Voronoff erklärte, daß Affen-
zucht die größte und erfolgreichste Sache der Zukunft
sein werde. - Na, mit der Affenzucht ist man doch
schon seit längerer Zeit beschäftigt. Leider hat man
aber größtenteils dazu — Menschenmaterial ver-
wendet . . . Ri-ri
Junge Ehen. In China wurden in gewisien
Volksschichten die Kinder schon vor ihrer Geburt
miteinander verbeiratet, wenn die Familien der wer-
denden Mütter die Verbindung für gut fanden —
vorausgesetzt, daß die eine einen Knaben, die an-
dere ein Mädchen zur Welt brachte. — Durch ein
Gesetz wurde jetzt dieses allzufrühe Heiraten als
nicht zu Recht bestehend erklärt. Die Chinesen hatten
es bis dahin gut. Man war von vornherein der
Wahl und Qual um de» Ehepartner enthoben, man brachte ihn sozusagen
schon auf die Welt mit. Es soll ja vorgekommen sein, daß die jungen Ebe-
gatten durch heftiges Schreien gegen ihre beffere oder schlechtere Hälfte
protestierten, aber durch eine Flasche Reismilch wurde dann immer der
eheliche Friede wieder hergestellt. Diese chinesischen
Paare konnten ihr Leben lang eine Menge Hoch-
zeitsjubiläenfeiern. Mit 25 Jahren waren sie bereits
ein Silberjubelpaar und standen in den Familien-
nachrichten der Zeitung als langjähriges Abonnen-
tenehepaar. Siehatken in allem 25IahreVorfprung.
- Wenn es richtig ist, daß das siebte Ehejahr das
kritischste ist, so konnten sie bereits als A-B-C-
Sckützen wieder geschieden sein. Doch ein altes
Sprichwort, das in diesem Fall besonders treffend
sein dürfte, heißt: Jung gefreit, hat niemand gereut.
Kosmetik. Um dicke Beine schlank zu kriegen,
werden jetzt von den Kosmetikern in Frankreich die
Damenbeine in vierwöchentlichen Gipsverband ge-
legt. Schönheit muß leiden! — Für den Beinschwund
kan» man künstlich sorgen, der Gehirnschwund stellt
sich bei den dazu Veranlagten ganz von selbst ein. —
Vielleicht wird es schick, statt der Seidenstrümpfe überhaupt einen Gips-
verband um die Beine zu tragen, so daß man die Kur sogar in der Gesell-
schaft (d. h. ohne Berufsstörung für die Damen) durchführen kann. Wen»
man denkt, wie sich der Kreis im Lauf der Jahrtausende schließt! Eva
wurde aus einer ein-
fachen Rippe erschaf-
fen. Die Frau von
beute kehrt wieder
ganz zum Knocken zu-
rück. Der alte Ben
Akiba behält doch im-
mer recht. Kr-i»
Briefkasten
Dulderin in Ver-
zweiflung. Daß Ihnen
Ihr Herr Gemahl nach
jeder Stammlischkneipe
den nämlichen alten Witz
als neu erzählt, dürste
nach der Einstellung un-
serer Richter, welche meist
selbst Stammtischmitglie-
der sind, leider noch kei-
nen genügenden Grund
zur Ehescheidung bieten.
Aber vielleicht entschlie-
ße» sich die Herrschaften
zu einer Auswanderung
nach den Vereinigten
Staaten. In Holywood
spielt zur Zeit ein Schei-
dungsprozeß „wegen gei-
stiger Grausamkeit". Fr.
Dezembernacht 1930
„Mensch, was willst«, in de Sterne gucken? Dazu ham m'r doch's Planetarium. Der Himmel is fir de Reklame."
REZEPT
Nur mit Hühneraugenpflaster.
Oder mit Verjüngungspillen,
Oder Mittelchen für andre Laster
Kanh man heut den Beutel füllen.
Will bescheidener man leben.
(Was jedoch nicht allgemein beliebt)
Nun — so mag man Tüten kleben.
Oder mas es sonst noch Schönes gibt.
Will man aber langsam sterben,
Muß man auch auf das verzichten.
Muß man Wanzenleder gerben,
Oder Flöhe züchten, oder - dichten!
E u m u s
Büchertifch
Humor bei Goethe. Herausgegeben von Hans Heinrich
Borcherdt. (Deutsches Verlagshaus Bong, Ber-
lin-Leipzig.) Goethe war kein Humorist. Bekannt ist
seine auffallende Äußerung über die Verantwortungslosig-
keit des Humoristen, die die Einleitung dieses Buches zitiert.
War also ein Buch, das alles Humoristische aus Goetbes
Werken zusammenträgt, wirkliche Notwendigkeit, war es
mehr als das registrierende Werk deutschen Katalogisie-
rungS-BedürfniffeS? Man könnte darüber streiten. Man
könnte auch finden, daß nicht alles wirklich humorvoll ist,
was hier gesammelt ist, daß eine engere Auswahl bester
gewesen wäre. Ferner könnten die auS dem Zusammenhang
geriffenen Mephisto-Szenen aus dem Faust entbehrt werde».
Was das Buch trotzdem nützlich und brauchbar macht, ist
die bequeme Zusammenstellung, die es für jede» bedeutet,
der eben einmal gerade den „lustigen" Goethe zitieren, rezi-
tieren oder nachschlagen will, sowie vor allem das Nahe-
bringen vieler weniger bekannter Dinge, die in den Gesamt-
ausgaben entweder gar nicht enthalten oder schwierig auf-
zusinden sind. Die Ausstattung des Buches ist vorzüglich.
Karl Lerbs, Di« Wette gegen Unbekannt. (Bühnen-
volkSbund-Verlag Berlin). Die schmucke Reihe der
billigen, handlichen Silber-Bändchen des Verlages erscheint
als Vorbild guter unterhaltender Bahn- oder Wandcr-
lektüre. Karl Lerbs' Büchlein birgt eine Fülle reifer Er-
zählungskunst in der aktuelle» Form der knappen Anekdote,
der gespannten und spannenden Kurzgeschichte. Eine be-
hagliche, anschaulich formende Sprache vermittelt ausge-
zeichnet geschaute Situationen, reizvollste Bildausschnitte,
lebendigste Kurzfilms des Leben», das ja nichts ist als eine
Wette gegen Unbekannt.
Walter von Rummel, I» Sankt Peter» Hut. (Verlag
I. Neumann Neudamm). Weil Sankt Peter das
Wetter macht, bat er von jeher mit dem Master zu tun.
Und so ist er vermutlich zum Patron der Fischer geworden
Wetter, Master, Wind und Wald sind in diesem Buch.
Und natürlich fehlt nicht der Humor, der ja auch von Fe -
tigkeit kommen soll. Wer alle diese Dinge liebt, wird auch
dies neue Buch lieben müste». R.8.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Dezembernacht 1930"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1927
Entstehungsdatum (normiert)
1922 - 1932
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 167.1927, Nr. 4298, S. 298
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg