Weihnachtsrevue
Der Revuedirektor
rennt zum Regiffeur:
„Sie, das sage ich
Ihnen aber gleich, zu
. ■> - „„.. n — „ Weihnachten müssen
. . .. H ffU fUn.
M w ' wirnatürlicheinErtra-
Weihnachtö-Revue-Ausstattungsbild einlegen. Mit Weihnachtsge-
sang, Weihnachtsboom und allen Schikanen. Ich will nachher gleich
mit dem Dirigenten sprechen. Was schlagen Sie für ein Weihnachts-
lied vor? O du fröhliche?"
Der Regiffeur schlägt entsetzt beide Hände über dem Haupt zu-
sammen: „Um Gotteswillen nicht O du fröhliche! Selbstverständlich
kommt nur O Tannenbaum in Frage! Das ist das einzige Weihnachts-
lied, auf das sich ein vernünftiger Charleston tanzen lässt . . . ."
Christbaummarkt
Ein altjüngferliches ausserordentlich hageres Wesen
hielt einen kleinen Weihnachtsbaum in der Hand und
drehte ihn hin und her. „Was soll er denn kosten?"
fragte sie schließlich. „Eene Mark," erwiderte der
Händler und spuckte aus. „Eine Mark!" sagte das
Fräulein entsetzt. „Das ist aber teuer! Für dieses
kleine Bäumchen! Es ist ja gar nichts dran!"
„Nischt dran?" knurrte der Händler. Aber plötzlich
wurde er freundlicher, grinste und fügte hinzu:
„Sehnse, Frollein, det ie derselbe wie mit Ihnen.
An Ihnen is ooch nich viel dran un trotzdem Kam Sie
die scheene schlanke moderne Linie!" - Das Fräulein
wurde blass, dann wühlte sie in ihrem Handtäschchen
und zahlte — eine Mark fünfzig.
Er kennt sie
Zu Weihnachten kommt vom Warenhaus Tietz ein
großes Paket. Frau Meier stürzt neugierig daraus zu,
zerreißt die Umhüllung und öffnet es. Ein Schrei des
Erstaunens entringt sich ihrem Munde: „Das Packet
enthält fünfzig Reibeisen! Waö soll ich denn mit
fünfzig Reibeisen ansangen? Du bist wohl verrückt
geworden?" - „Nein," sagt Herr Meier, „aber ich
hatte keine Zeit, was auszusuchen, und da habe ich eben für den
Betrag, den ich dir zugedacht habe, Reibeisen bestellt. Du tauschst
ja doch alle Geschenke nach dem Fest wieder um . . ."
Sie will die Uhr vorstellen
Das kleine Mädchen steht gegen vier Uhr, am Heiligabend, vor
mir. Sie ist aufgeregt, ihre Stimme zittert schon, in ihren Augen
flammt schon der Weihnachtsstern. Man fühlt, wie sie von einer
anbrechenden Seligkeit gequält wird. „Nicht wahr, wenn 's finster
ist, dann kommt der Weihnachtsmann und brennt die Lichter
^ an?" - „Bestimmt."
„Kannst du nicht
die Uhr vordrehen?
Ordentlich vordrehen,
dann wird 's gleich
finster." - „Nein, um
Jtor.
Csfic
_____ > ",
Gotteswillen, das geht nicht. Übrigens, die Stadtuhr müsste dann
auch vorgedreht werden. Der Türmer tut das nicht."
„Die Stadkuhr?" — „Ja, denke dir, dieses alte, schwere Ding
mit den verrosteten Zeigern. Wenn der Türmer da hinaus will, um
die Zeiger vorzusteüen, dann kann er nicht mehr herunter. Er wird
von den alten, grauen Spinnfäden ganz eingegarnt. Und die Fleder-
mäuse sind wie Gespenster, und die Glocke ist ganz kalt. Nein, nein,
der Türmer kann da nicht 'rauf." Und nun stebt sie, denkt ein biß-
chen nach, holt ihren Mantel und lächelt mich an:
„Ich gehe zum Turmwächter. Er wird 's schon machen."
Mar Iungnickel
Kur!
„Wenn du betrunken bist, benimmst du dich wie ein
Kind." «- „Das ist eben meine Verjüngungskur."
Nach der Verlobung
„Ach, Paltewin!" - „Was seifzte denn, mei
Meischen?" — „Ich hawe e beeses Gewissen! Ich
hawe dir was verheemlicht! Ich muß dir e Geschtändnis
machen!" - „Na, denn mach' emal! So was Ge-
fährliches wird 's ja wohl nich sin!"
„Ich —ach, ich grieg 's gaum raus - : ich bin nich
so rein, wie de wahrscheinlich gloobst, Paltewin!"
„Awer Baulinchen . . .!"
„Nee, nee, so, wie du denkst, war das nich von mir
gemeent, wir Hamm ja Badeeinrichtung!"
„Na also, was d'nn denn?" - „Ich - ich hawe
- - — Sommersprosse» . . .!"
„Ich mechte wissen, wo! Ich sehe geene!"
„Nu, im Gesichte nadierlich! Un daß de geene siehst,
will ich dr gerne glooben, weil jetzt geene da sin. Awer
im Friehjahr, wenn de Sonne wieder scheint, da
gomm' se sicher wieder, da gannste Gist drauf nähm!
Un da haw' ich nu Angst, daß de mich denn nich mehr so lieb hast;
wegen den ecklichen Sommerschbroffen!"
„Awer Baulinchen, mei süsses Meischen, wie gommste nur
uf solche dumme» Gedanken! Im Gegendeel, noch emal so lieb
haw' ich dich, nu, wo ich das mit den Sommerschbroffen weeß. Denn
nu siehste, mit den Menschen is «e kenau so wie mit den Abbeln:
je desdo boomfleckcher
de Äbbel sein duhn, je
desdo besser die Abbel
schmecken!"
„Du bist doch e zu
kuder Gerl, Paltewin!
Un immer so boedisch
un galant! Nee, wie ich
mich nu auf den Frieh-
ling freie!" V.B.^.
304
Der Revuedirektor
rennt zum Regiffeur:
„Sie, das sage ich
Ihnen aber gleich, zu
. ■> - „„.. n — „ Weihnachten müssen
. . .. H ffU fUn.
M w ' wirnatürlicheinErtra-
Weihnachtö-Revue-Ausstattungsbild einlegen. Mit Weihnachtsge-
sang, Weihnachtsboom und allen Schikanen. Ich will nachher gleich
mit dem Dirigenten sprechen. Was schlagen Sie für ein Weihnachts-
lied vor? O du fröhliche?"
Der Regiffeur schlägt entsetzt beide Hände über dem Haupt zu-
sammen: „Um Gotteswillen nicht O du fröhliche! Selbstverständlich
kommt nur O Tannenbaum in Frage! Das ist das einzige Weihnachts-
lied, auf das sich ein vernünftiger Charleston tanzen lässt . . . ."
Christbaummarkt
Ein altjüngferliches ausserordentlich hageres Wesen
hielt einen kleinen Weihnachtsbaum in der Hand und
drehte ihn hin und her. „Was soll er denn kosten?"
fragte sie schließlich. „Eene Mark," erwiderte der
Händler und spuckte aus. „Eine Mark!" sagte das
Fräulein entsetzt. „Das ist aber teuer! Für dieses
kleine Bäumchen! Es ist ja gar nichts dran!"
„Nischt dran?" knurrte der Händler. Aber plötzlich
wurde er freundlicher, grinste und fügte hinzu:
„Sehnse, Frollein, det ie derselbe wie mit Ihnen.
An Ihnen is ooch nich viel dran un trotzdem Kam Sie
die scheene schlanke moderne Linie!" - Das Fräulein
wurde blass, dann wühlte sie in ihrem Handtäschchen
und zahlte — eine Mark fünfzig.
Er kennt sie
Zu Weihnachten kommt vom Warenhaus Tietz ein
großes Paket. Frau Meier stürzt neugierig daraus zu,
zerreißt die Umhüllung und öffnet es. Ein Schrei des
Erstaunens entringt sich ihrem Munde: „Das Packet
enthält fünfzig Reibeisen! Waö soll ich denn mit
fünfzig Reibeisen ansangen? Du bist wohl verrückt
geworden?" - „Nein," sagt Herr Meier, „aber ich
hatte keine Zeit, was auszusuchen, und da habe ich eben für den
Betrag, den ich dir zugedacht habe, Reibeisen bestellt. Du tauschst
ja doch alle Geschenke nach dem Fest wieder um . . ."
Sie will die Uhr vorstellen
Das kleine Mädchen steht gegen vier Uhr, am Heiligabend, vor
mir. Sie ist aufgeregt, ihre Stimme zittert schon, in ihren Augen
flammt schon der Weihnachtsstern. Man fühlt, wie sie von einer
anbrechenden Seligkeit gequält wird. „Nicht wahr, wenn 's finster
ist, dann kommt der Weihnachtsmann und brennt die Lichter
^ an?" - „Bestimmt."
„Kannst du nicht
die Uhr vordrehen?
Ordentlich vordrehen,
dann wird 's gleich
finster." - „Nein, um
Jtor.
Csfic
_____ > ",
Gotteswillen, das geht nicht. Übrigens, die Stadtuhr müsste dann
auch vorgedreht werden. Der Türmer tut das nicht."
„Die Stadkuhr?" — „Ja, denke dir, dieses alte, schwere Ding
mit den verrosteten Zeigern. Wenn der Türmer da hinaus will, um
die Zeiger vorzusteüen, dann kann er nicht mehr herunter. Er wird
von den alten, grauen Spinnfäden ganz eingegarnt. Und die Fleder-
mäuse sind wie Gespenster, und die Glocke ist ganz kalt. Nein, nein,
der Türmer kann da nicht 'rauf." Und nun stebt sie, denkt ein biß-
chen nach, holt ihren Mantel und lächelt mich an:
„Ich gehe zum Turmwächter. Er wird 's schon machen."
Mar Iungnickel
Kur!
„Wenn du betrunken bist, benimmst du dich wie ein
Kind." «- „Das ist eben meine Verjüngungskur."
Nach der Verlobung
„Ach, Paltewin!" - „Was seifzte denn, mei
Meischen?" — „Ich hawe e beeses Gewissen! Ich
hawe dir was verheemlicht! Ich muß dir e Geschtändnis
machen!" - „Na, denn mach' emal! So was Ge-
fährliches wird 's ja wohl nich sin!"
„Ich —ach, ich grieg 's gaum raus - : ich bin nich
so rein, wie de wahrscheinlich gloobst, Paltewin!"
„Awer Baulinchen . . .!"
„Nee, nee, so, wie du denkst, war das nich von mir
gemeent, wir Hamm ja Badeeinrichtung!"
„Na also, was d'nn denn?" - „Ich - ich hawe
- - — Sommersprosse» . . .!"
„Ich mechte wissen, wo! Ich sehe geene!"
„Nu, im Gesichte nadierlich! Un daß de geene siehst,
will ich dr gerne glooben, weil jetzt geene da sin. Awer
im Friehjahr, wenn de Sonne wieder scheint, da
gomm' se sicher wieder, da gannste Gist drauf nähm!
Un da haw' ich nu Angst, daß de mich denn nich mehr so lieb hast;
wegen den ecklichen Sommerschbroffen!"
„Awer Baulinchen, mei süsses Meischen, wie gommste nur
uf solche dumme» Gedanken! Im Gegendeel, noch emal so lieb
haw' ich dich, nu, wo ich das mit den Sommerschbroffen weeß. Denn
nu siehste, mit den Menschen is «e kenau so wie mit den Abbeln:
je desdo boomfleckcher
de Äbbel sein duhn, je
desdo besser die Abbel
schmecken!"
„Du bist doch e zu
kuder Gerl, Paltewin!
Un immer so boedisch
un galant! Nee, wie ich
mich nu auf den Frieh-
ling freie!" V.B.^.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
Ohne Titel
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1927
Entstehungsdatum (normiert)
1922 - 1932
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 167.1927, Nr. 4299, S. 304
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg