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DIE BESCHWERDE

„Sind Sie vorgeladen?" fragte der Polizeibeamte. „Nein, aber"
„Dann bitte ich, mich jetzt nicht zu stören."

„Das finde ich aber sehr merkwürdig", sagte der aufgeregte Be-
sucher. „Was denn — merkwürdig?"

„Sie müffen doch einsehen, daß ich als steuerzahlender Staats-
bürger das gute Recht habe, bei der Polizei vorzusprechen, wenn ich
es für notwendig halte. Nicht wahr, Herr Rat?" — „Ich bin kein
Rat", stellte der Beamte fest. „Macht nichts, macht nichts. Ich gebe
Ihnen gern mehr Ehre, als Ihnen zukommt, Herr Rat".

„Was wünschen Sie eigentlich?" Der Besucher zog tief Atem
ein, um in seinem breiten Brustkorb
Luftvorrat für eine lange Rede zu
haben. „Herr Rat, ich komme mich
beschweren. Mein Nachbar hat den
strafbaren Ausspruch getan: Aus
Sie - damit hat er mich gemeint,
bitte sehr, -

auch einmal die Polizei aufmerksam
machen."

„Ob dieser Ausspruch unbedingt
strafbar ist- ".

„Erlauben Sie mir, Herr Rat!
das ist zumindest eine Ehrenbeleidl-
gung oder noch eher eine Verleum-
dung. Vielleicht auch ein Betrug.

Ich bin in juristischen Dingen nicht
ganz bewandert."

„Ja, das sehe ich."

„Und bedenken Sie nur, Herr
Rat, weshalb mein Nachbar diesen
strafbaren Ausspruch getan hat! Sie
werden lachen! Weil mein Hund in
der Nähe seiner Wohnungstür —
nämlich derWohnungötür des Nach-
barn, bitte sehr, — also deswegen
mir mit der Polizei zu drohen!

Wenn das keine Verleumdung ist
oder eine Ehrabschneidung oder wie
eben der Fachausdruck heißt — also,
dann weiß ich wirlich nicht, wesbalb
ich Steuern zable. Denn ich habe
doch, bitte sehr, ein Recht auf den
Schutz meiner Ehre." - „Dieses
Recht haben Sie unbedingt", gab der Beamte zu. „Aber was Ihren
Hund betrifft, haben Sie auch Pflichten gegen die Nachbarschast
und gegen die Allgemeinheit. Es ist jedenfalls nicht in der Ordnug,
daß Sie Ihren Hund — ".

„Verzeihen Sie, Herr Rat!" unterbrach der aufgeregte Herr die
Rechtsbelehrung. „Ich habe ja keine Verantwortung für den Hund
übernommen. Es ist nicht meine Schuld, wenn ec schlecht erzogen ist."

„Ja, wer hat denn die Verantwortung?" fragt der Beamte geduldig.

„Wer? Der, dem der Hund gehört, richtiger gesagt, dem er bis-
her gehört hat. Was geht mich denn ein fremder Hund an? Ich
habe ihn doch nur gefunden. Erst vor zwei Monaten. Und da soll
ich ihm schon höhere Lebensart beigebracht haben?" Der Beamte

sah erstaunt auf. „Sie haben den Hund gefunden und haben ihn
ganz einfach behalten? Wissen Sie, daß das eine Fundverbeimlichung
ist, die sehr streng bestraft wird?"

„Da muß ich lachen!" fuhr der Besucher gereizt auf. „Wozu
bätte ich denn anzeigen sollen, daß ich den Hund gefunden habe? Ich
kenne das Tier doch. Es gehört einem gewissen Fräulein Pendel.
Das heißt, der Hund hat ihr gekört, bevor ich ihn gefunden habe."

„Das ist aber höchst merkwürdig. Da waren Sie doch umso eber
verpflichtet, den Hund der Besitzerin zurückzugeben."

Verzeihen Sie Herr Rat, wenn ich staune! Sie haben nicht das

geringste Verständnis für's prakti-
sche Leben. Mein Gott, so find eben
die Beamten. Herr Rat, ich kann
mich doch nicht wegen eines gewöhn-
lichen Hundes mit Fräulein Pendel
in Verbindung setzen!"

„Wesbalb denn nicht?"
„Weshalb denn nicht?" wieder-
holte der Mann erregt. „Sie darf
doch nicht wissen, wie ich heiße und
wo ich wohne. Ich habe ihr doch die
Ehe versprochen, wie sie mir zwei-
hundert Mark geliehen hatte. Sehen
Sie'« nun ein, Herr Rat, daß Sie
die unmöglichsten Dinge von mir
verlangen?"

„Können Sie denn Ihr Ehever-
sprechen nicht einhalten?" fragte der
Polizeibeamte weiter.

„Herr Rat, ich bitte Sie im In-
teresse der Achtung, die ich vorIhrem
hohen Amte habe — mengen Sie
sich nicht in Dinge, die Ihnen nicht
liegen! Sie machen sich - verzeihen
Sie das harte Wort - Sie machen
sich sonst lächerlich! Wie soll ich denn
Fräulein Pendel heiraten? Ich bin
doch schon längst verheiratet."

„Das ist aber interessant!" stellte
der Beamte fest. „Wissen Sie, daß
Sie ein Heiratsschwindler sind?

„Ich, ein Heiratsschwindler?"
schrie der Besucher empört. „Das
ist das Höchste! Mir diesen Vorwurf zu machen! Mir, wo ich doch
nicht einmal, sondern zweimal - hören Sie, Herr Rat? — zwei-
mal vor Gott und der Welt in der Kirche und auf dem Standesamt
geheiratet habe!"

„Sie sind also zu Fräulein Pendel, wenn ich nicht irre, in Be-
ziehungen getreten, nachdem Ihre erste Ehe geschieden war? Das
kann vielleicht ein Milderungsgrund sein, aber strafbar ist Ihr Vor-
gehen doch. Es ist jedenfalls schmählich, daß Sie als geschiedener
Mann, als reifer Mensch - "

„Strasbar? Was ist strafbar? Wer ist geschieden? Ich bitte Sie
Herr Rat, verbrennen Sie sich nicht Ihre Finger an einer Sache,
von der Sie keine Ahnung haben!" — „Nun, ich glaube doch, daß

Ein kleiner Zwischenfall. „Schade, daß ich keinen
Porzellanladen habe, Fräulein Springer, da könnte
ich Sie wenigstens der Konkurrenz empfehlen!"

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ein kleiner Zwischenfall"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Rost, Richard
Entstehungsdatum
um 1928
Entstehungsdatum (normiert)
1923 - 1933
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 169.1928, Nr. 4327, S. 18

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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