ich ziemlich klar sehe, wie sich diese Sache verhält." — „Keine
Ahnung haben Sie!" rief der Besucher; sein Gesicht war krebsrot
vor Wut. „Ich werde es Ihnen sofort beweisen. Ich bin von meiner
ersten Frau gar nicht geschieden! Sic lebt in Warschau und weiß
gar nichts davon, daß ich ein zweitesmal geheiratet habe. Also, ge
ehrter Herr Rat, mit Ihrem Scharfblick ist es nicht weit her!"
Der Polizcibeamte erhob sich. „Sie sind also auch Bigamist. Ich
verhafte Sie im Namen des Gesetzes."
„Herr Rat! Ich - ich kam doch nur - um mich zu beschweren,
daß mein Nachbar — wegen meines Hundes — vor seiner Tür."
„Wachtmeister Schulze", sprach der Beamte zu dem eintretenden
Schutzmann. — „Eine
Verhaftung wegen Bi-
gamie, Heiratsschwindel
undFundverheimlichung"
„Man soll sich mit der
Polizei wirklich nichts an-
fangen," sagte der Ver-
haftete entrüstet, als ihn
der Wachtmeister ab-
führte.
Der Tabakkenner.
Zuschauer beim Brand
des Tabaklagers: „Gran-
dios, was?"-Nachbar:
„O ja!" (schnuppernd)
„Brasil mit Sumatra I"
Zu spät
„Wenn Sie 's Bier-
trinken aufgeben, können
Sie achtzig Jahre alt
werden!" — „Dafür ist
es für mich zu spät!"
„Das ist für keinen
zu spät!" - „Für mich
wohl; ich bin bereits ein-
undachtzig!"
Opferwill ig
„Der Eintritt ins
Museum ist ja beute frei,
aber für die Aufbewah-
rung der Garderobe müsien wir zehn
Pfennig zahlen!" — „Macht nichts;
für die Kunst ist mir kein Opferzu groß!"
Bei der Konsultation
„Also, wie gesagt, keine geistige An-
strengung,absolut nicht denken! - denken
Sie daran!"
Reklame
„Gottes Wege sind wunderbar, aber
Stümperei gegen die mit unserer paten-
tierten Asphaltine hergestellten!"
Stimmen aus dem Hintergrund . . .
Draußen in der Vorstadt, auf dem Dultplatz, hat der Maler
seine Staffelei aufgebaut. Die farbigen Zeilen der Jahrmarktsbuden,
der kleinen „Standln" mit dem Kastaniendach darüber, das alter-
tümliche Winkelwerk der Häuser und Herbergen um den Platz, über
den der hohe Kirchturm wacht — das bunte Durcheinander von
allem, wag da kreucht und fleucht — das bildet sich allmählich in
großen Zügen auf der Leinwand.
Ein wohlgenährtes, durchaus von irdischen Belangen erfülltes
Ehepaar bleibt stehen und schaur «in Weilchen zu. - Die beiden
sind auf dem Weg zur Nachmittagbrotzeit im „Lilicngartl", verbal.
ten der Kunst zuliebe aber
nun doch ihre Schritte.
Sie prüfen kritisch und
genau, das Auge von der
Leinwand zum Objekt
schickend, das werdende
Bild.Auf demAntlitz der
beiden steht eine Mi-
schung von Respekt,Hoch-
achtung, daß jemand „so
was" kann und Mitleid
und Befremden, daß je-
mand so was tut, —
„Des is aa a' Beruf!"
raunt er ihr leise zu.
„Was da Zeit verlor'n
geht dabei!" - Sie be-
trachten wieder kopfschüt-
telnd Maler und Lein-
wand. „Was er wohl für
so a' Buidl kriagt?" —
„Mei', de Preise san'
halt verschieden. Der
Schlumberger Nazi hat
vor fufzehn Jahr a'mal
bei a'ra Versteigerung
an Königssee ei'gste igert.
Scho' a echis Ölgemälde.
- Dreiß'gMarkhat's kost',
des is allerhand Geld.
Aber dafür is'aa a pracht-
volle Goldrahm' rum.
„No ja, des kriagt aa net
a jeder für a Buidl! — Da Lenbach
freili, der is bei sei'm G'schäft no höher
'naufkumma. D'Amerikaner, woaßt, de
zabln! De büreln! - De kaffa's für
ihre Sammlung«! Es is ja scho' was
Schön's, wann oaner für d'Kunst a Be-
geisterung hat. Deutlicher sollt er halt
alles mach« der Herr Kunstmaler, net
bloß so Wischi-Waschi. - Is scho was
Schöne, was Guats, der Königssee vom
Schlumberger Peter. — A Handbreit
iS de Goldrabm g'wiß! Wenn er 's halt
no a bißl deutlicher machat, vielleicht
Streng. „Was, Ihre silberne Hochzeit wollen Sie morgen feiern? Nein,
mein Lieber, wenn ich 's morgen gestatte, so werden Sic wohl alle
25 Jahr« um Urlaub bitten!"
Nach der Reise
Der Zug stampft fort. Voll flutet Linrlennudit
um sprücheweiser Giebel ernste Wacht.
DieTiirklinkt auf. Ein Licht brennt klurund warm,
und Rosen blühen rot aus liebem Arm.
Der Kessel summt. In holdem Geigenschall
löst sich der Tage starker Überschwall.
Und alles naht vertraut, was lang entwich,
und hält mich fest und lächelt fröhlich: Sprich!
Still schiebt sich eine Brücke, heimerhellt,
ins dunkle Donnern einer fernen Welt.
Ludwig Bäte
20
Ahnung haben Sie!" rief der Besucher; sein Gesicht war krebsrot
vor Wut. „Ich werde es Ihnen sofort beweisen. Ich bin von meiner
ersten Frau gar nicht geschieden! Sic lebt in Warschau und weiß
gar nichts davon, daß ich ein zweitesmal geheiratet habe. Also, ge
ehrter Herr Rat, mit Ihrem Scharfblick ist es nicht weit her!"
Der Polizcibeamte erhob sich. „Sie sind also auch Bigamist. Ich
verhafte Sie im Namen des Gesetzes."
„Herr Rat! Ich - ich kam doch nur - um mich zu beschweren,
daß mein Nachbar — wegen meines Hundes — vor seiner Tür."
„Wachtmeister Schulze", sprach der Beamte zu dem eintretenden
Schutzmann. — „Eine
Verhaftung wegen Bi-
gamie, Heiratsschwindel
undFundverheimlichung"
„Man soll sich mit der
Polizei wirklich nichts an-
fangen," sagte der Ver-
haftete entrüstet, als ihn
der Wachtmeister ab-
führte.
Der Tabakkenner.
Zuschauer beim Brand
des Tabaklagers: „Gran-
dios, was?"-Nachbar:
„O ja!" (schnuppernd)
„Brasil mit Sumatra I"
Zu spät
„Wenn Sie 's Bier-
trinken aufgeben, können
Sie achtzig Jahre alt
werden!" — „Dafür ist
es für mich zu spät!"
„Das ist für keinen
zu spät!" - „Für mich
wohl; ich bin bereits ein-
undachtzig!"
Opferwill ig
„Der Eintritt ins
Museum ist ja beute frei,
aber für die Aufbewah-
rung der Garderobe müsien wir zehn
Pfennig zahlen!" — „Macht nichts;
für die Kunst ist mir kein Opferzu groß!"
Bei der Konsultation
„Also, wie gesagt, keine geistige An-
strengung,absolut nicht denken! - denken
Sie daran!"
Reklame
„Gottes Wege sind wunderbar, aber
Stümperei gegen die mit unserer paten-
tierten Asphaltine hergestellten!"
Stimmen aus dem Hintergrund . . .
Draußen in der Vorstadt, auf dem Dultplatz, hat der Maler
seine Staffelei aufgebaut. Die farbigen Zeilen der Jahrmarktsbuden,
der kleinen „Standln" mit dem Kastaniendach darüber, das alter-
tümliche Winkelwerk der Häuser und Herbergen um den Platz, über
den der hohe Kirchturm wacht — das bunte Durcheinander von
allem, wag da kreucht und fleucht — das bildet sich allmählich in
großen Zügen auf der Leinwand.
Ein wohlgenährtes, durchaus von irdischen Belangen erfülltes
Ehepaar bleibt stehen und schaur «in Weilchen zu. - Die beiden
sind auf dem Weg zur Nachmittagbrotzeit im „Lilicngartl", verbal.
ten der Kunst zuliebe aber
nun doch ihre Schritte.
Sie prüfen kritisch und
genau, das Auge von der
Leinwand zum Objekt
schickend, das werdende
Bild.Auf demAntlitz der
beiden steht eine Mi-
schung von Respekt,Hoch-
achtung, daß jemand „so
was" kann und Mitleid
und Befremden, daß je-
mand so was tut, —
„Des is aa a' Beruf!"
raunt er ihr leise zu.
„Was da Zeit verlor'n
geht dabei!" - Sie be-
trachten wieder kopfschüt-
telnd Maler und Lein-
wand. „Was er wohl für
so a' Buidl kriagt?" —
„Mei', de Preise san'
halt verschieden. Der
Schlumberger Nazi hat
vor fufzehn Jahr a'mal
bei a'ra Versteigerung
an Königssee ei'gste igert.
Scho' a echis Ölgemälde.
- Dreiß'gMarkhat's kost',
des is allerhand Geld.
Aber dafür is'aa a pracht-
volle Goldrahm' rum.
„No ja, des kriagt aa net
a jeder für a Buidl! — Da Lenbach
freili, der is bei sei'm G'schäft no höher
'naufkumma. D'Amerikaner, woaßt, de
zabln! De büreln! - De kaffa's für
ihre Sammlung«! Es is ja scho' was
Schön's, wann oaner für d'Kunst a Be-
geisterung hat. Deutlicher sollt er halt
alles mach« der Herr Kunstmaler, net
bloß so Wischi-Waschi. - Is scho was
Schöne, was Guats, der Königssee vom
Schlumberger Peter. — A Handbreit
iS de Goldrabm g'wiß! Wenn er 's halt
no a bißl deutlicher machat, vielleicht
Streng. „Was, Ihre silberne Hochzeit wollen Sie morgen feiern? Nein,
mein Lieber, wenn ich 's morgen gestatte, so werden Sic wohl alle
25 Jahr« um Urlaub bitten!"
Nach der Reise
Der Zug stampft fort. Voll flutet Linrlennudit
um sprücheweiser Giebel ernste Wacht.
DieTiirklinkt auf. Ein Licht brennt klurund warm,
und Rosen blühen rot aus liebem Arm.
Der Kessel summt. In holdem Geigenschall
löst sich der Tage starker Überschwall.
Und alles naht vertraut, was lang entwich,
und hält mich fest und lächelt fröhlich: Sprich!
Still schiebt sich eine Brücke, heimerhellt,
ins dunkle Donnern einer fernen Welt.
Ludwig Bäte
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Streng"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1928
Entstehungsdatum (normiert)
1923 - 1933
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)