Sonntag
Sommersonntag: Friede, Freude,
Segen quillt aus deinem Kleide!
Goldig-gelbe Ährengarben
beugen andachtsvoll die Knie,
roter Mohn streut Festesfarben
auf die sonntagsgrüne Wiese.
Taumelnd stürzen Schmetterlinge
in die Flut der Glockentöne.
Spinne wiegt im Hängebett.
Auf Millionen Käfern glitsert
diam an t ne Froh lieh keit!
Bienen summen sanft Choräle,
in den Büßen brummen Drohnen,
und zur Kirche schleppt die Schnecke
ihren Silberwitwenschleier
mühsam hinter sich !
Duftge Reigen aber tanzen
zarte ungezählte Mücken . . .
lautlos lieg icii in dem Grase
halt den Atem scheu zurück!
Denk an nichts . . Bin voller Glück
Bin voller Träume und Entzücken . . .
L UHs
Boshaft
Wenn Gohlke, der dunkle Ehrenmann sitzen
muß, sagt er immer, er mache eine Reise.
Dieser Tage erzählte er jemanden, er fahre
mit Frau und Kind in die Sommerfrische.
Sagt der andere: „Aber Ihr Kleiner ist
doch noch gar nicht im straffälligen Alter?"
Amerika
James H. Cord, Millionär, U. S. A. Chi-
kago, 473 Bedfordstreet, verwendet eine freie
Sekunde, um zum Fenster hinauszusehen, und
gewahrt, wie vor dem Gitter seines Parkes
sich ein Mann auf den Boden niederläßt und
das Gesicht an die Ritzen zwischen den Pflaster-
steinen drückt. Neugierig eilt er binuter und
spricht den Mann — der richtige Typus eines
Tramp —an: „Sagen Sie, was machen Sie
da?" — „Ach, Mister" versetzt der Tramp
„schlechte Zeiten für unsereinen. Ich komme
aus dem Westen .. . vier Tagefahrt auf den Puffern . .. vier Tage
lang nichts gegeffen, als Gras, das ich mir in der Nacht von den
Feldern holte . . jetzt in der Stadt . . kein Geld für Brot . . muß
jetzt von dem Gras leben, das zwischen den Pflastersteinen wächst!"
Erschüttert hebt Mr. James H. Cord, Millionär, kl. 8. A. den
Tramp auf: „Sie Ärmster, kommen Sie zu mir in den Park herein!
Da wächst das Gras meterhoch!"
Was ist unangenehm?
Wenn man einen Pullower anzieht,
und dabei vergißt, die brennende Zi
garre aus dem Mund zu nehmen.
Rosenlied
Die schönste Rose, halberblüht,
Tät dir am Herzen liegen,
Tät schmeichelnd sanft, wie wohlig miid.
Dir an die Brust sich schmiegen.
Dort lauschte sie den Tönen all,
Die aus dem Herzen kommen,
Und jeden kleinen, feinen Schall
Hat sie genau vernommen.
Und als sie duftend lag heut Nacht
Auf meinen weißen Kissen,
Ließ sie verstohlen, leis und sacht,
Midi dein Geheimnis wissen.
Hat mir so märchenschön erzählt
Von deines Herzens Klingen,
Von allem, was du mir verhehlt,
Tät sie mir Kunde bringen.
Sie tät mir alles anverirau’n,
Ja, alles alles sagen!
Dein Röslein starb beim Morgengrauri.
Sag, willst du es verklagen?
Carl Hollerbaum
Vor Gericht
Richter: „Sie haben diesen Stuhl auf dem
Rücken Ihres Mannes entzwei geschlagen?"
Frau: „Das habe ich aber nicht beabsichtigt."
Richter: „Ja, wollten Sie Ihren Mann
nicht treffen?"
Frau: „Das schon, aber der Stuhl sollte
nicht entzweigehen."
Der alte Postbote
In P., einem Dörfchen am Lech haben sie
eine alten Beamten. „Ja, es geht schon noch
immer!" klagt er mir seine Not, „wenn ich
nur net soviel draufzahlen müaßt' in letzter
Zeit!!" - „Ja wieso denn?" frage ich naiv.
„Sehn 's" — erklärt er die örtlichen Ver-
hältniffe „mit dene Briafmarkn is halt so a
Gschicht. Dö Leit wolln halt nir z'toan Ham,
etz schmeißen 'S halt immer glei 's Geld dazu
in 'm Kasten nei, wenn 's was z'schreiben
Hamm. — — Meistens isch halt z'weni!" — „Aber lieber Herr,"
wende ich ein, „da müffen Sie eben nachverlangen. — Wo käme man
da in der Stadt hin, wo-". Er unterbricht mich: „Härn 's
mir auf mit die Städter! — Dö sans ja, dö wo allweil z'weni Geld
nei'fchmeißen. Und wiffen 's die Adrcffaten von dene Poschtkarten sin'
halt lauter junge Mädle. - Und da kann i's net über's Herz bringe
- - liaber zabl 's i!" - -
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Sommersonntag: Friede, Freude,
Segen quillt aus deinem Kleide!
Goldig-gelbe Ährengarben
beugen andachtsvoll die Knie,
roter Mohn streut Festesfarben
auf die sonntagsgrüne Wiese.
Taumelnd stürzen Schmetterlinge
in die Flut der Glockentöne.
Spinne wiegt im Hängebett.
Auf Millionen Käfern glitsert
diam an t ne Froh lieh keit!
Bienen summen sanft Choräle,
in den Büßen brummen Drohnen,
und zur Kirche schleppt die Schnecke
ihren Silberwitwenschleier
mühsam hinter sich !
Duftge Reigen aber tanzen
zarte ungezählte Mücken . . .
lautlos lieg icii in dem Grase
halt den Atem scheu zurück!
Denk an nichts . . Bin voller Glück
Bin voller Träume und Entzücken . . .
L UHs
Boshaft
Wenn Gohlke, der dunkle Ehrenmann sitzen
muß, sagt er immer, er mache eine Reise.
Dieser Tage erzählte er jemanden, er fahre
mit Frau und Kind in die Sommerfrische.
Sagt der andere: „Aber Ihr Kleiner ist
doch noch gar nicht im straffälligen Alter?"
Amerika
James H. Cord, Millionär, U. S. A. Chi-
kago, 473 Bedfordstreet, verwendet eine freie
Sekunde, um zum Fenster hinauszusehen, und
gewahrt, wie vor dem Gitter seines Parkes
sich ein Mann auf den Boden niederläßt und
das Gesicht an die Ritzen zwischen den Pflaster-
steinen drückt. Neugierig eilt er binuter und
spricht den Mann — der richtige Typus eines
Tramp —an: „Sagen Sie, was machen Sie
da?" — „Ach, Mister" versetzt der Tramp
„schlechte Zeiten für unsereinen. Ich komme
aus dem Westen .. . vier Tagefahrt auf den Puffern . .. vier Tage
lang nichts gegeffen, als Gras, das ich mir in der Nacht von den
Feldern holte . . jetzt in der Stadt . . kein Geld für Brot . . muß
jetzt von dem Gras leben, das zwischen den Pflastersteinen wächst!"
Erschüttert hebt Mr. James H. Cord, Millionär, kl. 8. A. den
Tramp auf: „Sie Ärmster, kommen Sie zu mir in den Park herein!
Da wächst das Gras meterhoch!"
Was ist unangenehm?
Wenn man einen Pullower anzieht,
und dabei vergißt, die brennende Zi
garre aus dem Mund zu nehmen.
Rosenlied
Die schönste Rose, halberblüht,
Tät dir am Herzen liegen,
Tät schmeichelnd sanft, wie wohlig miid.
Dir an die Brust sich schmiegen.
Dort lauschte sie den Tönen all,
Die aus dem Herzen kommen,
Und jeden kleinen, feinen Schall
Hat sie genau vernommen.
Und als sie duftend lag heut Nacht
Auf meinen weißen Kissen,
Ließ sie verstohlen, leis und sacht,
Midi dein Geheimnis wissen.
Hat mir so märchenschön erzählt
Von deines Herzens Klingen,
Von allem, was du mir verhehlt,
Tät sie mir Kunde bringen.
Sie tät mir alles anverirau’n,
Ja, alles alles sagen!
Dein Röslein starb beim Morgengrauri.
Sag, willst du es verklagen?
Carl Hollerbaum
Vor Gericht
Richter: „Sie haben diesen Stuhl auf dem
Rücken Ihres Mannes entzwei geschlagen?"
Frau: „Das habe ich aber nicht beabsichtigt."
Richter: „Ja, wollten Sie Ihren Mann
nicht treffen?"
Frau: „Das schon, aber der Stuhl sollte
nicht entzweigehen."
Der alte Postbote
In P., einem Dörfchen am Lech haben sie
eine alten Beamten. „Ja, es geht schon noch
immer!" klagt er mir seine Not, „wenn ich
nur net soviel draufzahlen müaßt' in letzter
Zeit!!" - „Ja wieso denn?" frage ich naiv.
„Sehn 's" — erklärt er die örtlichen Ver-
hältniffe „mit dene Briafmarkn is halt so a
Gschicht. Dö Leit wolln halt nir z'toan Ham,
etz schmeißen 'S halt immer glei 's Geld dazu
in 'm Kasten nei, wenn 's was z'schreiben
Hamm. — — Meistens isch halt z'weni!" — „Aber lieber Herr,"
wende ich ein, „da müffen Sie eben nachverlangen. — Wo käme man
da in der Stadt hin, wo-". Er unterbricht mich: „Härn 's
mir auf mit die Städter! — Dö sans ja, dö wo allweil z'weni Geld
nei'fchmeißen. Und wiffen 's die Adrcffaten von dene Poschtkarten sin'
halt lauter junge Mädle. - Und da kann i's net über's Herz bringe
- - liaber zabl 's i!" - -
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Was ist angenehm?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1928 - 1928
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 169.1928, Nr. 4331, S. 64
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg