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machte einen Kostenanschlag von 138 Mark. Ich ließ schleunigst ein Ab-
stimmungszirkular ini Hause kerumgehen. Alle Parteien, bei denen nichts
defekt war, stimmten entschieden gegen die Reparatur und weigerten sich,
die Kosten zu tragen. Es mußte also an den Hauswirt geschrieben werden.
Und wie gesagt, der Hauswirt lebt in Ostindien. Und i» Ostindien ist es
bekanntlich so heiß, daß . . . Aber bab ich das nicht schon mal . . . ?

Hier dagegen war es inzwischen so hundskalt geworden, daß ich mich
entschloß, die Monteurkosten siir sämtliche defekte» Parteien einstweilen
aus meiner eigenen Tasche auszulegen. Wogegen ausnahmsweise kein ein-
ziger Mieter Einspruch erhob . . .

Und dann — so im Dezember — ging es abermals los. Wieder singt
der Dampf in den Radiatoren. Wieder strömt sanfte Wärme belebend durch
alle Zimmer. Klettert das Thermometer langsam auf 16 Grad Reaumur.
Behaglich dehne ich mich in meinem Klubseffel... Da raffelt das Telefon.
Eine verärgerte Stimme: „Hier Kläff. Haupkmann Kläff—dritter Stock
rechts . . . Sagen Sie augenblicklich den, Hausmeister, er soll nicht so blöd-
sinnig einkacheln. Ich schmeiße mein Geld nicht zum Fenster raus. Bei
den Pensionen! Und überhaupt darf ich höchstens 14 Grad Celsius haben
— vom Arzt aus. Ich habe 220 Blutdruck. Jawohl! Es kan» mein Tod
sein . . .!" Schleunigst stürze ich zum Hausmeister und befehle ihm, den
Blutdruck . . . will sagen, den Dampfdruck, hrrabzumindern. Langsam sinkt
das Thermometer auf vierzehn Grad Celsius. Da geht die Entreeglocke.
Stürzt mit herausquellenden Augen der Postschaffner Schnappfuß ins
Zimmer. „Wos is 'n dös für a verdammte Schlamperei — so a Sau-
költ'n in der ganz'» Wohnung?! I zahl mei Göld, i kann auf d'Nacht a
woarm's Zimmer verlanga. Wann ma scho an ganzen Dog net z' Haus
is! Un wo i so 's Reuma hob... Glei sogn S' dem Hund, dem damischen..."

Wiederum jagte ich ins Erdgeschoß und kommandierte: „Mehr Dampf!"
Aber trotz peinlichster Berücksichtigung sämtlicher Einzelwünsche, trotz an-

Der Vater und das 4 jährige Töchterchcn sitzen in der Elektrischen.
Eine hypermoderne Dame setzt sich dem Kind gegenüber, das sich mit lauten
Worten über die verrückte Kleidung äußert. Am Heimweg weist es der
Vater zurecht: „Du darfst nur zu Hause über die fremden Leute mit mir
reden." Nack einigen Tagen sitzen die zwei wieder in der Elektrischen,
eine ausfallend geschminkte Matrone neben ihnen. Nach langem Kampf,
äußert das Kind endlich mit ausgestrecktem Zeigefinger: „Gel Papa,
von — der reden wir dann daheim!"

gestrengter Tätigkeit gelang es mir nicht, die richtige Tem-
peratur zu erzielen. Immer wieder liefen Klagen ein. Das
Maurerpoliersehepaar im Parterre rechts hatte Drillinge b«>
kommen, die noch nicht ganz fertig waren und zwecks weiterer
Lebensfähigkeit auf mindestens sechzig Grad erhitzt werden
mußten. Wohingegen die alte Baronin aus der Beletage einen
Polarbund besaß, der überhaupt nur Minus vertrug. Ganz
schlimm erging es der armen Frau Bunke, die acht Tage lang
Wechselfieber hatte - bald beiß, bald kalt. Natürlich mußte
in Rücksicht auf ihren Zustand auch dauernd mit der Temperatur
gewechselt werden. Selbstverständlich! Aber das vaßte wieder
den andern Mietern nicht. Besonders der Korseltnäberin
Klemmschraub, die behauptete, von der wechselnden Temperatur
ganz krank zu werden. Weil sie in den Wechseljahren sei!
Wae ja eigentlich ein Widerspruch ist - finden Sie nicht?
- Bei Wänzle s hielt sich vor Kalte im Eckzimmer kein Aster-
mieter. Und bei der geschiedenen Frau Ingenieur Quabbe
kündigte der Zimmerherr, weil er Berussborer war und beim
Training überhaupt keine Heizung vertragen konnte . . . Als
ich aber einmal in einer Mieterversammlung den schüchternen
Vorschlag riskierte, daß diejenigen, denen es zu warm sei, doch
einfach die Heizung abstellen sollten ... Na, das hätten Sie
erleben sollen! Wie ein aufgescheuchter Horniffenschwarm
fielen sie über mich her: — ob ich vielleicht dächte, daß sie die
neun Mark Heizgeld im Monat umsonst bezahlten? Damit
di« andern den Dampf bekämen! Für ihr gutes Geld! Fiel
ihnen ja gar nicht ein. Lieber ersticken!!!

Unermüdlich schepperte mein Telefon. Unermüdlich hetzte ich
treppauf, treppab. Ich verlor 20 Kilo Lebendgewicht und meine
Stellung bei der Bank, wo ich im Nebenberuf beschäftigt

Der ängstliche Freier

„Sie wollen also tatsächlich um die Hand meiner Tochter anhalten?- -—Johann!!"
„Bitte, ich geh schon, Herr Kommerzienrat."

„Bleiben Sie doch - der Johann soll ja nur meine Tochter hereinholen!"

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Diskretion" "Der ängstliche Freier"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Geis, Josef
Entstehungsdatum
um 1928
Entstehungsdatum (normiert)
1923 - 1933
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 169.1928, Nr. 4348, S. 274

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Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
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