Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
O DU FRÖHLICHE . .

Kurz nach Pfingsten stieß ich in der Stadt mit der Kommerzien-
rätin Dallinger zusammen. Sie sal) furchtbar abgekämpft aus und
hatte beide Arme voll Pakete. Ich fragte sie, ob sie Umzug hätte und
warum sie sich denn gar so abschleppte bei der Bullenhitze. „Nein,"
keuchte sie, „ich mache bloß Weihnachtseinkäufe!" Mir blieb vor
Staunen gleichfallsdie Luft weg. „Weihnachtseinkäufe - jetzt schon?
Im Hochsommer!" — „Natürlich," erklärte sie, „jetzt ist doch die
günstigste Zeit - bei den vielen Ausverkäufen überall! Und ich
kaufe doch gleich alles ou xr»8, wiffen Sie. Wenn man, wie ich, zirka
hundertfünfzig Menschen zu beschenken hat ..." — „Hunderts. ..?
Dann sind Sie gewiß bei irgend so einem Verein — wie? Zur
,Bekämpfung der öffentliche» Sittlichkeit' — oder sowas Ähn-
liches . . .?" — „Kein Bein!" wehrte sie geringschätzig ab. „Ich
treibe nur private Wohltätigkeit. Aus purer Freude am Schenken."
Ihre wäfferigen Äuglein funkelten wie mit der Knopfgabel gepukt.
„Hach —t>a! Geben ist seliger als Nehmen!!"

Und ich bekam ein paar Pakete aufgeladen und durfte niit zu
Tietz. „Da war nämlich ein Posten ,Weihnachtspapier' ausge

schrieben - spottbillig! - Weil es ihnen bei dem Wolkenbruch neulich
durchgeregnet hat. Ich will gleich den ganzen Posten nehmen. Denn,
sehe» Sie — die Hauptsache an einem Geschenk ist die Ausmachung,
wenn auch der Inhalt bescheiden ist. Meine Paketchen sehen immer
reizend aus - wirklich! Alle meine Bekannten sagen, sie trauen sich
gar nicht, sie aufzumachen! Die Frau Schinagl, unsere alte Heb-
amme, läßt sie inimer ein halbes Jahr auf dem Vertiko liegen —
als Zimmerschmuck!"

Plötzlich entdeckte sie, daß mein rechter Arm wie gelähmt herunter-
hing und ich alle zwei Sekunden stehen blieb, um abzustellcn. „Biß-
chen schwer — was?" meinte sie nachsichtig. „Ja - in dem einen
Karton ist das Dutzend Korsetts für Rappels. Unsere Waschfrau,
das arme Luder, mit ihren elf Kindern . . ! Bloß ein bißchen ver-
schoffen - aber alles echt Fischbein — sehr preiswert!"

Ich wandte schüchtern ein, daß doch jetzt kein Mensch mehr Korsett
trüge. Aber die Kommerzienrätin war unbeirrbar. „Q, das macht
nichts — die Kinderchen sind ja noch ganz klein. Bis die erwachsen
sind, sind Korsetts bestimmt wieder hochmodern!"

Ganz vergangen langten wir bei ihrer Woh-
nung an. „So - dafür dürfen Sie mir aber auch
am Weihnachtstag die Geschenke austragen hel-
fen!" zeichnete mich Frau Dallinger aus. „Sie
sollen sehen, was für einen Spaß das gibt. Ich
habe mir schon die entzückendsten Überraschungen
ausgedacht!"

Weil ich als Junggeselle sowieso mit Weih-
»achten nichts anzufangen weiß, sagte ich zu. Wir
brachen schon bei Morgengrauen auf, um ja bis
zum Bescherabend mit den Lieferungen fertig zu
werden. Und wirklich - die Pakete sahen alle
riesig hübsch und lecker aus in dem bunten Seiden-
papier, mit Tannenzweiglein und so. Das Ver-
regnete war fast gar nicht zu sehen. Und die Kom-
merzienrätin glühte wie ein Plättbolzen vor Be-
geisterung. Asthmatisch keuchte sie in der klammen
Winterkälte treppauf, treppab. Unermüdlich!

Offengestanden aber war ich von dem Eindruck,
den wir mit unseren Liebesgaben bei den Leuten
erzielten, ein wenig enttäuscht. Ich hatte mir's
anders vorgestellt. Zum Beispiel Wimmers . . .
Blutsarme Leute, acht Köpfe - nicht mal Vor-
hänge am Fenster . . . Aber was meinen Sie?
Direkt mißtrauisch empfingen sie uns schon. Als
ob wir, Gort weiß was, gegen sie im Schilde
führten. Und als dann die Kommerzienrätin di«
hübsche Guitarre auspackte . . . Na ja, sie hatte
sie noch von ihrer Großtante, und Saiten sind
auch keine drauf. Aber immerhin ein schönes Stück
zum Aufhängen. Und von den Wimmers kann ja
sowieso keiner Guitarre spielen. Da ist es doch
schließlich ganz egal, ob sie Saiten hat oder nicht!
Aber die Gesichter . . . ! Und nicht mal „Danke
schön!" Aber Frau Dallinger sagt, das sei die
übergroße Freude gewesen. „Haben Sie denn gar
nicht bemerkt — den guten Leuten blieb ja vor

Detektiv-Talent

„Ihr habls ja wieder a neue Kellnerin an enkern Stammtisch?"

„Woher woaßt denn du dös?"

„Heut naht hast im Traum allaweil ,Rosa' gseuszt und nimmer ,Fanny'!"

302
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Detektiv-Talent"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Krombach, Paul
Entstehungsdatum (normiert)
1928 - 1928
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 169.1928, Nr. 4351, S. 302

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
Annotationen