Er zählt die Häupter seiner Liebe», und sieh, ibm fehlt manch
teures Haupt!
Bestürzung förmlich die Sprache weg?!" Und dann — ein Dante-
kopf aus echt imitiert Kupferbronze ist schließlich auch kein Pappen-
stiel. Den bekam der frühere Müllkutscher Biersack, der jetzt mit
Schuhbandln hausiert. Aber da sieht nian 's wieder — die Leute
haben keinen Sinn für 's Höhere! Ganz deutlich bab ich 's gehört,
wie er in der Schlafkammer die schöne Büste auf de» Boden feuerte
und zu seiner Frau, die gerade dabei war, Zwillinge zu kriegen,
sagte: „Dös alte G'lump, dös greisliche! Hält 's uns lieber a Knack-
wurfcht g'fchenkt - war g'fcheiter g'wen!" Ich muß schon sagen:
— wenn auch dem Dante ein kleines Stück Nase gefehlt hat. . .
Dante hat ohnehin viel zu viel Nase . . . Aber so ein Benehmen
bezeichne ich direkt als kraffe Undankbarkeit! Ich möchte auch darauf
wetten, daß Höchtls den feinen Witz mit der Gans mißverstanden
haben. Nämlich — den Höchtls schenkte die Kommerzienrätin ein
pfundiges Paket, auf dem
stand der nette kleine Vers:
Wenn nicht jeder Mensch seine»
Vogel hätt,
Dann war 's aus der Well nicht
so spaßig und nett!
Und das Paket fühlte sich
auch an wie eine richtige,
feiste Weihnachtsgans.
Natürlich stand die ganze
Familie mit Stielaugen
drum herum. Aber Frau
Dallinger sagte geheimnis-
voll lächelnd: — nein,, sie
dürften es erst unterm Christ-
haum ausmachen, - es fei
eine Überraschung drin! Und
dann ging sie ganz schnell fort, weil der Dank der braven Leute sie
fast zu Tränen rührte . . . Später, auf der Straße, sagte sie mir:
„Na. die werden beut Abend Augen machen! Die denken doch jetzt
alle, sie kriegen eine Gans. Aber in dem Paket ist doch der ausge-
stopfte Fischreiher von meiner Schwester selig drin! Das wird eine
Mordsgaudi geben - meinen Sie nicht?" Aber wie gesagt — ich
bin doch nicht so ganz sicher, ob die Familie Höchtl die Pointe ver.
stehen wird . . .!
Allerdings kann man den Leuten auch Unrecht tun, wie 's mir mit
der alten Kathi gegangen ist, die bei Dallingers dreißig Jahre lang
auf Stöbr genäht hat. Der wollte die Frau Kommerzienrat natürlich
auch eine Weihnachtöfreude machen. Und weil ihr gar nichts Pas-
senderes einfiel, bestellte sie sie ertra am Slefanitag zu sich und spielte
ihr auf dem Klavier „L> du fröhliche" vor. Alle drei Strophen! Aber
die alte Kathi zeigte auch nicht die Spur von Freude über diese seltene
Aufmerksamkeit. Ja, ich hatte den Eindruck, daß sie überhaupt nicht
zuhört. Une als sie dann auch noch ohne ein Wort des Dankes ge-
gangen war — da sprach ich mich denn doch ziemlich scharf dagegen
aus. „Aber nein," beschwichtigte Frau Dallinger meine Empörung,
„da tun Sie der Katbi Unrecht. Dieses schlichte Weihnachtslied war
mehr für die bescheidene Seele als ein ganzer Tisch voll Geschenke.
Aber sie kann 's eben nicht so zeigen, die Arme! Sie ist nämlich von
Geburt taubstumm . . !"
Ich wünschte beinah, ich wär' es auch. Denn mir hat die Gute
ihren eigenen Papagei geschenkt,-ihre geliebte Cara, ein Pracht-
stück! Schon über achtzig Jahre alt - denken Sie! —aber noch un-
geheuer rüstig. Frißt pro Tag 3 Pfund Sonnenblumenkerne und
singt ununterbrochen das „Heidenröslein". In sämtlichen Tonarten.
Außerdem beißt sie. Bloß zum Spaß natürlich. Aber so oft ich sie
füttere, habe ich meine lokale Blutvergiftung weg. Was soll ich tun?
Auslasten kann ich sie nicht, weil sich die Kommerzienrätin dreimal
am Tag telefonisch nach ibrer Cara erkundigt. Es wär« auch undank-
bar. Aber jetzt versteh ich erst so recht denn Sinn des schönen Sprich-
wertes: - daß Geben seliger ist als - Nehmen!! e-r«»
Komplimente
Ned trifft eine. Die er kennt.
„Küßdiehand, Gnäfrau," begrüßt er sie, „Sie werden auch jeden
Tag jünger."
„Keine Komplimente." - „Na schön, sagen wir jeden zweiten Tag."
Konjunktur. „Heiße Würstl gefällig?"
304
teures Haupt!
Bestürzung förmlich die Sprache weg?!" Und dann — ein Dante-
kopf aus echt imitiert Kupferbronze ist schließlich auch kein Pappen-
stiel. Den bekam der frühere Müllkutscher Biersack, der jetzt mit
Schuhbandln hausiert. Aber da sieht nian 's wieder — die Leute
haben keinen Sinn für 's Höhere! Ganz deutlich bab ich 's gehört,
wie er in der Schlafkammer die schöne Büste auf de» Boden feuerte
und zu seiner Frau, die gerade dabei war, Zwillinge zu kriegen,
sagte: „Dös alte G'lump, dös greisliche! Hält 's uns lieber a Knack-
wurfcht g'fchenkt - war g'fcheiter g'wen!" Ich muß schon sagen:
— wenn auch dem Dante ein kleines Stück Nase gefehlt hat. . .
Dante hat ohnehin viel zu viel Nase . . . Aber so ein Benehmen
bezeichne ich direkt als kraffe Undankbarkeit! Ich möchte auch darauf
wetten, daß Höchtls den feinen Witz mit der Gans mißverstanden
haben. Nämlich — den Höchtls schenkte die Kommerzienrätin ein
pfundiges Paket, auf dem
stand der nette kleine Vers:
Wenn nicht jeder Mensch seine»
Vogel hätt,
Dann war 's aus der Well nicht
so spaßig und nett!
Und das Paket fühlte sich
auch an wie eine richtige,
feiste Weihnachtsgans.
Natürlich stand die ganze
Familie mit Stielaugen
drum herum. Aber Frau
Dallinger sagte geheimnis-
voll lächelnd: — nein,, sie
dürften es erst unterm Christ-
haum ausmachen, - es fei
eine Überraschung drin! Und
dann ging sie ganz schnell fort, weil der Dank der braven Leute sie
fast zu Tränen rührte . . . Später, auf der Straße, sagte sie mir:
„Na. die werden beut Abend Augen machen! Die denken doch jetzt
alle, sie kriegen eine Gans. Aber in dem Paket ist doch der ausge-
stopfte Fischreiher von meiner Schwester selig drin! Das wird eine
Mordsgaudi geben - meinen Sie nicht?" Aber wie gesagt — ich
bin doch nicht so ganz sicher, ob die Familie Höchtl die Pointe ver.
stehen wird . . .!
Allerdings kann man den Leuten auch Unrecht tun, wie 's mir mit
der alten Kathi gegangen ist, die bei Dallingers dreißig Jahre lang
auf Stöbr genäht hat. Der wollte die Frau Kommerzienrat natürlich
auch eine Weihnachtöfreude machen. Und weil ihr gar nichts Pas-
senderes einfiel, bestellte sie sie ertra am Slefanitag zu sich und spielte
ihr auf dem Klavier „L> du fröhliche" vor. Alle drei Strophen! Aber
die alte Kathi zeigte auch nicht die Spur von Freude über diese seltene
Aufmerksamkeit. Ja, ich hatte den Eindruck, daß sie überhaupt nicht
zuhört. Une als sie dann auch noch ohne ein Wort des Dankes ge-
gangen war — da sprach ich mich denn doch ziemlich scharf dagegen
aus. „Aber nein," beschwichtigte Frau Dallinger meine Empörung,
„da tun Sie der Katbi Unrecht. Dieses schlichte Weihnachtslied war
mehr für die bescheidene Seele als ein ganzer Tisch voll Geschenke.
Aber sie kann 's eben nicht so zeigen, die Arme! Sie ist nämlich von
Geburt taubstumm . . !"
Ich wünschte beinah, ich wär' es auch. Denn mir hat die Gute
ihren eigenen Papagei geschenkt,-ihre geliebte Cara, ein Pracht-
stück! Schon über achtzig Jahre alt - denken Sie! —aber noch un-
geheuer rüstig. Frißt pro Tag 3 Pfund Sonnenblumenkerne und
singt ununterbrochen das „Heidenröslein". In sämtlichen Tonarten.
Außerdem beißt sie. Bloß zum Spaß natürlich. Aber so oft ich sie
füttere, habe ich meine lokale Blutvergiftung weg. Was soll ich tun?
Auslasten kann ich sie nicht, weil sich die Kommerzienrätin dreimal
am Tag telefonisch nach ibrer Cara erkundigt. Es wär« auch undank-
bar. Aber jetzt versteh ich erst so recht denn Sinn des schönen Sprich-
wertes: - daß Geben seliger ist als - Nehmen!! e-r«»
Komplimente
Ned trifft eine. Die er kennt.
„Küßdiehand, Gnäfrau," begrüßt er sie, „Sie werden auch jeden
Tag jünger."
„Keine Komplimente." - „Na schön, sagen wir jeden zweiten Tag."
Konjunktur. „Heiße Würstl gefällig?"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Nach der Katastrophe" "Konjunktur"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1928
Entstehungsdatum (normiert)
1923 - 1933
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 169.1928, Nr. 4351, S. 304
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg