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162 Amadeus

Aber in der braunen Schenke

Regt fich ein gar lautes Leben;

Geigen weinen, Burschen jauchzen,

Daß die Wände drein erbeben.

»He, Frau Wirthin! gold'ne Blume!

Andern Wein mir; der ist heurig!

Er soll alt sein wie mein Ahne,

Wie mein blühend' Liebchen feurig!

Spiel' Zigeuner! lustiger! Will schon
Sorgen, daß kein Durst Dich quäle!

Will verlanzen all' mein Geld heut',

Will austanzen mir die Seele!"

Klopft man draußen jetzt an's Fenster:

„Sollt' nicht toben, Ihr Schlaraffen!

Läßt der gnädige Herr Euch sagen ;

Hat gelegt fich und will schlafen!"

„Hol' der Teufel Deinen Herrn,

Und Du selber fahr' zur Holle!

Spiel', Zigeuner! ihm zum Trotze,

Gelt' den Tod es auf der Stelle!"

Wieder kommt man, wieder klopft man:

„Unterhaltet Euch doch trauter,

Daß Euch Gott im Himmel segne,

Liegt mir krank die arme Mutter."

Gibt kein Mensch d'rauf eine Antwort.

Schnell verstummen Zimbal, Geigen;

Leeren still das Glas die Burschen,

Gehen dann nach Haus' mit Schweigen ...

Amadeus Blutwurscht.

(Fortsetzung.)

Die Raturscene verwandelt fich dann in ein feuchtes Zimmer im Haufe
der Familie Flundcrbach. Eine düstere Lampe auf dem Tische verdunkelt
die Finsterniß der Nacht. HanS Flunderbach an einer Seite des Tisches,

Anna an der andern. Sonst nichts, was zu bemerken wäre.)

Hans. Ich weiß nicht, wie mir's ist; ich weiß nur, daß
es mir nicht so ist, wie es mir sein sollte; denn wäre es mir
so, wie es mir sein sollte, so wäre es mir nicht so, wie es
mir ist.

Anna. Es wäre mir auch lieb, wenn es mir anders
wäre; da es mir aber nicht anders ist, so ist es gut, daß es
mir nicht anders ist, als es jetzt ist, da es noch schlimmer
sein könnte, als es jetzt ist.

Blutwurscht.

Hans. Daran erkenn' ich Dein Temperament. Du warst
immer zufrieden; Du hast Dir von jeher Alles gefallen lassen.

Anna. Ich war freilich schwach; aber Du mußt geste-
hen, daß ich es gerne war.

Hans. Ich Hab' eS nie geläugnet.

Des Schicksals Stimme. Hütet Euch vor dem neun-
undzwanzigsten Februar!

Anna. Schon wieder!

Hans. Ich wollte, daß diese Stimme die Sttmme ver-
löre! Das ist jetzt schon das (ficht in ein Notizbuch) das 79te
Mal, daß ich sie höre. — Wo bleibt denn Eulalia?

Anna. Sie wird die Natur genießen. Sonderbares
Mädchen! Sie steckt voll Gefühl und irrt Nachts einsam um-
her. Doch machen wir uns deßhalb keine Sorgen; fie hat ja
immer den Hausschlüssel bei sich.

Des Schicksals Stimme. Hütet Euch vor dem neun-
undzwanzigsten Februar!

Hans. Das achtundfiebzigste Mal. Es ist nicht zum
Aushalten.

Sabina (einttetend und die Teller fallen lassend.) Hütet Euch
vor dem neunundzwanzigsten Februar!

Hans. Auch die Köchin!

Anna. Sie war von jeher eine sehr zerbrechliche Natur.

Sabina. Schon seit drei Stunden ruft's in der Küche.

Des Schicksals Stimme. Hütet Euch vor dem neun-
undzwanzigsten Februar!

Sabina. O weh, schon wieder!

Hans. Was macht der Fremde?

Sabina. Ich hört' ihn so eben husten.

Hans. Wir hätten ihn nicht aufnehmen sollen. Er fieht
nicht aus, wie er aussehen soll.

Anna. Sein Bart ist sehr zweideutig; doch wer kann
einem einsamen Wanderer, der allein dasteht, Obdach versagen?
— Hat er sein Abendbrod gegessen?

Sabina. Und wie! Mich wundert nur, daß er die
Teller nicht mitgegessen hat. Und dabei benimmt er fich so,
als wär' er Herr im Hause.

Anna. Schließ' das Geschirr ein. Man soll zwar von
den Menschen nichts Schlimmes denken; aber in Bezug auf
filberne Löffel kann fich der Mensch vor seinem Nebenmenschen
nicht genug in Acht nehmen. Geh' ab! (Sabina geht ab.)

Des Schicksals Stimme. Hütet Euch vor dem neun-
undzwanzigsten Februar!

Anna. Wehe!

Hans. Dem Ding will ich gleich ein Ende machen.
Ich verstopfe mir die Ohren mit Baumwolle. — So! Jetzt
mag fich die Stimme heiser schreien!

Anna. DaS war ein guter Einsall. Ich will dasselbe
thun. (Thut'S.)

Hans. Komm' zu Bette. (Beide ab.)
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