Der Lerr. die Zigarette, aber die Dame
„Nein, jetzt erst recht nicht!" Sie rückte ihren Stuhl noch
besser zurecht. Er mußte bleiben. Der Abend war verdorben.
Er suchte ihr begreiflich zu machen, daß er sie nicht be-
greifen könne. Einmal so, das andere Mal so — wie sollte
er da wissen, was sie wollte. „Das muß dir dein Takt sagen!"
Kein Wort mehr.
Die Lösung des Rätsels Weib hieß also Takt — das war
eine neue Einsicht für ihn. Er schwieg. Im Stillen betete er.
Oder fluchte er? Er wußte es selbst nicht.
Nach zwei Tagen hatten sie sich wiederum versöhnt und
erschienen wieder im Cafs. Und da geschah es, daß die Dame
auch an diesem Abend ihre kaum begonnene Zigarette weg-
legte. Als hätte er nur darauf gewartet, legte der Lerr seine
Zeichnung von M. Claus
Zigarette ebenfalls weg und fuhr sich mit seinem Taschentuch
über die Augen.
„Leuchter!" zischte ihn die Dame an.
„Aber, mein Kind, wie kannst du nur —?"
„Du willst mich beleidigen — meinst du, das merke ich
nicht? La!"
„La!" ries der Lerr aus und raste davon und überließ
die Dame und ihre Zigaretten einem einsamen Schicksal . . .
Das Palasthündchen Von Peter Robinson
Gumperts haben sich neulich ein Lündchen gekauft. Oder
sagen wir lieber: sie haben es käuflich erworben, — was ge-
wichtiger klingt und in diesem Falle besser paßt, denn das
Tierchen hat 1000 Mark ge-
kostet. In Worten: eintausend
Mark. Es ist nämlich ein chine-
sisches Palasthündchen. Gum-
perts sind zwar keine Chinesen,
und einen Palast haben sie auch
nicht, wenn auch eine sonst sehr
elegante Wohnung, aber ein
chinesisches Palasthündchen
mußten sie haben, und wenn
es noch teurer gewesen wäre.
Ihm, dem Julius Gumpert,
wäre die Töle eigentlich ganz
egal, aber sie, die junge Frau
Lilly, hatte behauptet, ohne
solch ein süßes Tierchen ein-
fach nicht leben zu können.
Nun, und da Gumperts erst
drei Monate verheiratet, aber
nicht abgeneigt sind, es über
die goldene Lochzeit hinaus
zu bringen, wozu sie natürlich
beide am Leben bleiben müssen
— — deshalb eben hat Julius
der Lilly das Palastköterchen
bewilligen müssen. Uebrigens:
er hat mit ihr eine so glänzende
Partie gemacht, daß er ruhig
mal tausend Mark springen
lassen kann. Sogar sein Papa
hat gemeint: „Wenn sie sich
den Lund mal in den Kopf
gesetzt hat, — was willst du
machen? Und wenn 's Glück
will, und sie hat ihn über —
dann ist die Sorte am Ende noch
teurer geworden." — Gumpert
senior aber hat einen Vetter
in Strelitz,der für Julius und
Lilly der Onkel Moritz ist. Der
ist jetzt auf ein paar Tage zu
den alten Gumperts gekom-
men, und dabei macht er auch
den jungen Leuten einen Be-
such.Das Palasthündchen kläfft
ihn an, und Onkel Moritz, der
nicht die geringste Ahnung von
Lunden hat, ist entzückt. „So'n
Lündchen-ja, das lass' ich
mir gefallen. Was hat er denn
gekostet?" «Forts. S. 57)
Die Tragödin „Sie sind wohl enttäuscht. Gnädigste, daß auch Sie nicht
den schwachen dritten Akt haben Herausreißen können?"
„Ach, der Affe von Dichter hätte ihn aus seinem Manu-
skript Herausreißen sollen!"
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„Nein, jetzt erst recht nicht!" Sie rückte ihren Stuhl noch
besser zurecht. Er mußte bleiben. Der Abend war verdorben.
Er suchte ihr begreiflich zu machen, daß er sie nicht be-
greifen könne. Einmal so, das andere Mal so — wie sollte
er da wissen, was sie wollte. „Das muß dir dein Takt sagen!"
Kein Wort mehr.
Die Lösung des Rätsels Weib hieß also Takt — das war
eine neue Einsicht für ihn. Er schwieg. Im Stillen betete er.
Oder fluchte er? Er wußte es selbst nicht.
Nach zwei Tagen hatten sie sich wiederum versöhnt und
erschienen wieder im Cafs. Und da geschah es, daß die Dame
auch an diesem Abend ihre kaum begonnene Zigarette weg-
legte. Als hätte er nur darauf gewartet, legte der Lerr seine
Zeichnung von M. Claus
Zigarette ebenfalls weg und fuhr sich mit seinem Taschentuch
über die Augen.
„Leuchter!" zischte ihn die Dame an.
„Aber, mein Kind, wie kannst du nur —?"
„Du willst mich beleidigen — meinst du, das merke ich
nicht? La!"
„La!" ries der Lerr aus und raste davon und überließ
die Dame und ihre Zigaretten einem einsamen Schicksal . . .
Das Palasthündchen Von Peter Robinson
Gumperts haben sich neulich ein Lündchen gekauft. Oder
sagen wir lieber: sie haben es käuflich erworben, — was ge-
wichtiger klingt und in diesem Falle besser paßt, denn das
Tierchen hat 1000 Mark ge-
kostet. In Worten: eintausend
Mark. Es ist nämlich ein chine-
sisches Palasthündchen. Gum-
perts sind zwar keine Chinesen,
und einen Palast haben sie auch
nicht, wenn auch eine sonst sehr
elegante Wohnung, aber ein
chinesisches Palasthündchen
mußten sie haben, und wenn
es noch teurer gewesen wäre.
Ihm, dem Julius Gumpert,
wäre die Töle eigentlich ganz
egal, aber sie, die junge Frau
Lilly, hatte behauptet, ohne
solch ein süßes Tierchen ein-
fach nicht leben zu können.
Nun, und da Gumperts erst
drei Monate verheiratet, aber
nicht abgeneigt sind, es über
die goldene Lochzeit hinaus
zu bringen, wozu sie natürlich
beide am Leben bleiben müssen
— — deshalb eben hat Julius
der Lilly das Palastköterchen
bewilligen müssen. Uebrigens:
er hat mit ihr eine so glänzende
Partie gemacht, daß er ruhig
mal tausend Mark springen
lassen kann. Sogar sein Papa
hat gemeint: „Wenn sie sich
den Lund mal in den Kopf
gesetzt hat, — was willst du
machen? Und wenn 's Glück
will, und sie hat ihn über —
dann ist die Sorte am Ende noch
teurer geworden." — Gumpert
senior aber hat einen Vetter
in Strelitz,der für Julius und
Lilly der Onkel Moritz ist. Der
ist jetzt auf ein paar Tage zu
den alten Gumperts gekom-
men, und dabei macht er auch
den jungen Leuten einen Be-
such.Das Palasthündchen kläfft
ihn an, und Onkel Moritz, der
nicht die geringste Ahnung von
Lunden hat, ist entzückt. „So'n
Lündchen-ja, das lass' ich
mir gefallen. Was hat er denn
gekostet?" «Forts. S. 57)
Die Tragödin „Sie sind wohl enttäuscht. Gnädigste, daß auch Sie nicht
den schwachen dritten Akt haben Herausreißen können?"
„Ach, der Affe von Dichter hätte ihn aus seinem Manu-
skript Herausreißen sollen!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Tragödin"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Bildunterschrift: "Sie sind wohl enttäuscht, Gnädigste, daß auch Sie nicht den schwachen dritten Akt haben herausreißen können?" // "Ach, der Affe von Dichter hätte ihn aus seinem Manuskript herausreißen sollen!"
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1929
Entstehungsdatum (normiert)
1924 - 1934
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 170.1929, Nr. 4356, S. 54
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg