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Sadi, der Eseltreiber

In einem Lande, weit gen Sonnenaufgang, herrschte vor
Zeiten der König Äirzuland. Sie nannten ihn den Vater des
Glücks. Er wollte, daß alle seine Untertanen gliicklich seien.
Darum hatte er ein Gesetz erlassen, daß ein Mann, der seine
Frau schlüge, mit dem Tode bestraft werden sollte.

Das Glück seiner Untertanen war sein einziger Ehrgeiz,
und nur ein Ehrgeiz war größer als dieser: er selbst wollte
in seinem Lande der Glücklichste sein, und er konnte es nicht
ertragen, daß jemand glücklicher genannt werden könne als er,
der König.

Nun hatte Sadi, der ein Eseltreiber war, seine Frau
Maso geschlagen. Er wurde vor den König geführt und ins
Verließ geworfen und sollte am nächsten Morgen eine Lals
binde aus Lauf bekommen.

Am Abend vorher aber ging der König zu ihm ins Ge-
fängnis, sah ihn lange an und merkte, daß Sadi lächelte.
„Warum lächelst du?" fragte der König.

„Weil ich hingerichtet werden soll, o König."

„Fürchtest du dich nicht?"

„Nein, ich bin glücklich."

Der König runzelte die Brauen. „Du lügst!" sagte er.

„Ich lüge nicht. Ich soll die Äerrlichkeiten des
Jenseits sehen. Ich bin der glücklichste Mensch. Ich
bin glücklicher als du, o König!"

„Löre," sagte der König nach einer langen Pause,
„glaubst du nicht, daß jemand glücklicher sein könnte
als du, wenn du hingerichtet wirst?"

„O König," sagte Sadi, „du bist weise. Aber ich
kenne jemand, der wird den halben Tag viel glück-
licher sein als du und ich, und den andern halben
Tag so unglücklich, wie sonst niemand in deinem
Reich sein kann."

„Und wer ist das?"

„Das ist Maso, mein Weib."

Des Königs Stirn umwölkte sich.

„So werde ich dir das Leben schenken, Sadi,
und dich zu deiner Frau heimschicken."

Sadi lächelte.

„Dann machst du sie noch viel glücklicher," sagte
er. „Denn du hast kein Gesetz gemacht, o König, das
die Frau bestraft, welche ihren Mann schlägt, und
das tut sie."

„Ich werde dies Gesetz machen. Deine Frau wird
ins G esängnis kommen," rief der König, rot vor Zorn.

Da fiel Sadi dem König zu Füßen, umklammerte
seine Knie und rief:
ir „O weiser und gerechter König, der du das

tot*» Glück deiner Untertanen willst, tust du dieses, so bin

ich der unglücklichste Mensch, den je die Erde ge-
tragen hat!"

Da ging der König hinaus, dachte viele Tage
und Nächte über das Glück der Menschenkinder nach
und schloß sich mit seinen weisesten Räten ein.

Dann schickte er Sadi zu seiner Frau nach Lause
und hob das Gesetz aus, welches gebot, den Mann
zu töten, der seine Frau geschlagen habe. A. W.

* I

„Ich unterhalte mich am besten in wissenschaftlichen
Vorträgen."

„So? Ich denke, dabei darf man nicht sprechen."

146
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ich unterhalte mich am besten in wissenschaftlichen Vorträgen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Scholz, Robert
Entstehungsdatum
um 1929
Entstehungsdatum (normiert)
1924 - 1934
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 170.1929, Nr. 4362, S. 146
 
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