Zeichnung von Eugen Croissant
Dihs ist eyne süße Zeytl
Ist die Lufft nicht Mosgadeller?
Und sie Kostet keynen Heller/
Gratis ist die Säligkeyt.
Dihs Gekicher und Gewänder
Wie von Füßgen/ tapp tapp ta/
Aber hinterm Oleander
Kükkstu hin/ ist nihmand da.
Winde bringen honig-süße
Düffte mit vom Linden-Paum/
Phyllis/ Deyne Silber-Füße
Drippeln mir dorch meynen Draum.
So Du was klingen hörst/
Ich steh am Nuß-Paum/
So Du mich singen hörst/
Kömb untern Kuß-Paum!
Der Dir dihs Lihd gemacht/
Bald muß er wandern!
Morgen um Midter-Nachtt
Singt ers ner andern.
£
ln Gloriolen stehn die Höhn/
Abend öffnet seyne Truhen/
Sachte gehn in güldnen Schuhen
Unsre Seelen/ und auf Zehn.
Du und ich und Heut und Gestern
Fohgel/ Paum und Leyd und Lust
Sind ümb dihse Stunde Schwestern/
Alles ruhet Brust an Brust.
Pfützen spigeln Sterne wlhder/
Spigle Dich in mir/ Du Frawl
Und die Drossel träumt die Lihder/
Die sie singt vor Tag und Taw.
So Du was klingen hörst/
Ich steh am Nuß-Paum/
So Du mich singen hörst/
Kömb untern Kuß-Paum I
Der Dir dihs Lihd gemacht/
Bald muß er wandern/
Morgen um Midter-Nachtt
Singt ers ner andern.
r.
Schon bestikkt der Mond das Land
Kunst-vol wie mit Silber-Bortten/
In des Abends güldne Pforten
Gehn wir beyde Hand in Hand.
Phöbus fliht mit Bluht-Standarten
Und läßt Luna seynen Thron/
In dem blawen Himmels-Gartten
Schäkkern Rohsen-Wölkgen schon.
Abend spinnt die stillen Schleyer/
Hesperus/ der Adjutant/
Lokkt das Schilff-Lihd aus dem Weyher/
Gibt meyn Hertz in Deyne Hand.
So Du was klingen hörst/
Ich steh am Nuß-Paum/
So Du midi singen hörst/
Kömb untern Kuß-Paum I
Der Dir dihs Lihd gemacht/
Bald muß er zvandern/
Morgen um Midter-Nachtt
Singt ers ner andern.
A. W.
Zwar — aber
Man kann es nicht oft genug sagen: neben einer
Konditorei soll der Mensch keine Schweinezucht be-
treiben. Denn wohl kann der eine zum Zuckerbäcker,
der andere zum Schweinezüchter berufen sein, daß
indes ein Erdensohn mit einer so glücklichen Viel-
seitigkeit begabt wäre, daß er die beiden so weit aus-
einanderliegenden Erwerbsgeschäfte restlos in seiner
Persönlichkeit zu vereinigen vermöchte, ist bei der
Begrenztheit menschlicher Befähigung nicht anzu-
nehmen. Wo aber dennoch eine derartige Personal-
union stattfindet, wächst mit ihr auch die Gefahr,
daß zum Schaden der Allgemeinheit und auf Kosten
der Standesehre Konditorei und Schweinerei inein-
ander übergehen, wie Licht und Dämmerung eines
hinschwindenden Sommertags. Der Konditoreibesitzer
und Schweinezüchter Anton Grobmaier in Zöttle-
wang ist dafür ein Beispiel.
Lerr Grobmaier wurde, zwecks Verschleißes in
seiner Konditorei, mit einem Faß Äeidelbeerwein
beliefert. Beim Absüllen des Weines in Flaschen
geschah es nun, sei es durch Angeschicklichkeit der
handelnden Personen, sei es durch Mängel des Ge-
bindes, daß ein Teil des köstlichen Faßinhalts aus-
lief. Äerr Grobmaier jedoch, der die harte Lebens-
schule hypothekarischer Aeberschuldung mit Auszeich-
nung absolviert hatte, war nicht der Mann, vor einem
auslaufenden Beerenwein die Fassung zu verlieren.
Er tunkte vielmehr mit einer bei seiner Beleibtheit über-
raschenden Geschwindigkeit den bereits die halbe Küche
überschwemmenden Beerensaft mittelst Putzlumpen
und anderer Textilartikel auf und wand die hierzu
benützten Gewebe, sooft sie sich mit Wein gesättigt
hatten, in ein Wasserschaff hinein aus.
Fürsorglich, da sie ihren Gatten kannte, fragte
ob solchen Eifers Frau Grobmaier: „Aber du wirst
ja do in Gottsname dia Soß nimm'r in unsrem
Lade verkaufe!"
Nein, das allerdings nicht; aber das für den
menschlichen Genuß verlorene Getränke dem Schweine-
sutter beizumengen, verwehre weder Sitte noch Rein-
lichkeit, erklärte Äerr Grobmaier; im Gegenteil, sein
Gewissen, jede Verschwendung verabscheuend, ver-
lange geradezu diese Maßnahme von >hm. And also
geriet der Äeidelbeerwein unter die Nahrung der
Schweine.
Des waren die Säue nicht unfroh. Schlampten
und dampften das wohlschmeckende Gemengsel mit
Lust und brauchte auch niemand zu sagen: wünsche
wohl gespeist zu haben; denn die mancherlei Kurz-
weil, so die guten Tiere nach Aufhebung der Tafel
in heiterster Laune trieben, zeugte von sich aus für
Bekömmlichkeit und Wohlbefinden. Amso unerwar-
teter wirkte es daher, als plötzlich ein Schwein nach
dem andern, anscheinend sterbensmatt, zur Seite
sank, alle Viere bocksteif von sich streckte, und schließ-
lich alle miteinander den erschütternden Anblick einer
Massenkatastrophe boten.
Da riß Lerr Grobmaier seinen alten Rappen
aus dem Stall, schwang sich auf sein Einspänner-
wägelchen, hetzte nach der eine Stunde entfernten Be-
zirksstadt, lud dort den Tierarzt auf und hetzte den
borstigen Rappen wieder zurück, als läge auch nur
(Fortsetzung Sette 150)
148
Dihs ist eyne süße Zeytl
Ist die Lufft nicht Mosgadeller?
Und sie Kostet keynen Heller/
Gratis ist die Säligkeyt.
Dihs Gekicher und Gewänder
Wie von Füßgen/ tapp tapp ta/
Aber hinterm Oleander
Kükkstu hin/ ist nihmand da.
Winde bringen honig-süße
Düffte mit vom Linden-Paum/
Phyllis/ Deyne Silber-Füße
Drippeln mir dorch meynen Draum.
So Du was klingen hörst/
Ich steh am Nuß-Paum/
So Du mich singen hörst/
Kömb untern Kuß-Paum!
Der Dir dihs Lihd gemacht/
Bald muß er wandern!
Morgen um Midter-Nachtt
Singt ers ner andern.
£
ln Gloriolen stehn die Höhn/
Abend öffnet seyne Truhen/
Sachte gehn in güldnen Schuhen
Unsre Seelen/ und auf Zehn.
Du und ich und Heut und Gestern
Fohgel/ Paum und Leyd und Lust
Sind ümb dihse Stunde Schwestern/
Alles ruhet Brust an Brust.
Pfützen spigeln Sterne wlhder/
Spigle Dich in mir/ Du Frawl
Und die Drossel träumt die Lihder/
Die sie singt vor Tag und Taw.
So Du was klingen hörst/
Ich steh am Nuß-Paum/
So Du mich singen hörst/
Kömb untern Kuß-Paum I
Der Dir dihs Lihd gemacht/
Bald muß er wandern/
Morgen um Midter-Nachtt
Singt ers ner andern.
r.
Schon bestikkt der Mond das Land
Kunst-vol wie mit Silber-Bortten/
In des Abends güldne Pforten
Gehn wir beyde Hand in Hand.
Phöbus fliht mit Bluht-Standarten
Und läßt Luna seynen Thron/
In dem blawen Himmels-Gartten
Schäkkern Rohsen-Wölkgen schon.
Abend spinnt die stillen Schleyer/
Hesperus/ der Adjutant/
Lokkt das Schilff-Lihd aus dem Weyher/
Gibt meyn Hertz in Deyne Hand.
So Du was klingen hörst/
Ich steh am Nuß-Paum/
So Du midi singen hörst/
Kömb untern Kuß-Paum I
Der Dir dihs Lihd gemacht/
Bald muß er zvandern/
Morgen um Midter-Nachtt
Singt ers ner andern.
A. W.
Zwar — aber
Man kann es nicht oft genug sagen: neben einer
Konditorei soll der Mensch keine Schweinezucht be-
treiben. Denn wohl kann der eine zum Zuckerbäcker,
der andere zum Schweinezüchter berufen sein, daß
indes ein Erdensohn mit einer so glücklichen Viel-
seitigkeit begabt wäre, daß er die beiden so weit aus-
einanderliegenden Erwerbsgeschäfte restlos in seiner
Persönlichkeit zu vereinigen vermöchte, ist bei der
Begrenztheit menschlicher Befähigung nicht anzu-
nehmen. Wo aber dennoch eine derartige Personal-
union stattfindet, wächst mit ihr auch die Gefahr,
daß zum Schaden der Allgemeinheit und auf Kosten
der Standesehre Konditorei und Schweinerei inein-
ander übergehen, wie Licht und Dämmerung eines
hinschwindenden Sommertags. Der Konditoreibesitzer
und Schweinezüchter Anton Grobmaier in Zöttle-
wang ist dafür ein Beispiel.
Lerr Grobmaier wurde, zwecks Verschleißes in
seiner Konditorei, mit einem Faß Äeidelbeerwein
beliefert. Beim Absüllen des Weines in Flaschen
geschah es nun, sei es durch Angeschicklichkeit der
handelnden Personen, sei es durch Mängel des Ge-
bindes, daß ein Teil des köstlichen Faßinhalts aus-
lief. Äerr Grobmaier jedoch, der die harte Lebens-
schule hypothekarischer Aeberschuldung mit Auszeich-
nung absolviert hatte, war nicht der Mann, vor einem
auslaufenden Beerenwein die Fassung zu verlieren.
Er tunkte vielmehr mit einer bei seiner Beleibtheit über-
raschenden Geschwindigkeit den bereits die halbe Küche
überschwemmenden Beerensaft mittelst Putzlumpen
und anderer Textilartikel auf und wand die hierzu
benützten Gewebe, sooft sie sich mit Wein gesättigt
hatten, in ein Wasserschaff hinein aus.
Fürsorglich, da sie ihren Gatten kannte, fragte
ob solchen Eifers Frau Grobmaier: „Aber du wirst
ja do in Gottsname dia Soß nimm'r in unsrem
Lade verkaufe!"
Nein, das allerdings nicht; aber das für den
menschlichen Genuß verlorene Getränke dem Schweine-
sutter beizumengen, verwehre weder Sitte noch Rein-
lichkeit, erklärte Äerr Grobmaier; im Gegenteil, sein
Gewissen, jede Verschwendung verabscheuend, ver-
lange geradezu diese Maßnahme von >hm. And also
geriet der Äeidelbeerwein unter die Nahrung der
Schweine.
Des waren die Säue nicht unfroh. Schlampten
und dampften das wohlschmeckende Gemengsel mit
Lust und brauchte auch niemand zu sagen: wünsche
wohl gespeist zu haben; denn die mancherlei Kurz-
weil, so die guten Tiere nach Aufhebung der Tafel
in heiterster Laune trieben, zeugte von sich aus für
Bekömmlichkeit und Wohlbefinden. Amso unerwar-
teter wirkte es daher, als plötzlich ein Schwein nach
dem andern, anscheinend sterbensmatt, zur Seite
sank, alle Viere bocksteif von sich streckte, und schließ-
lich alle miteinander den erschütternden Anblick einer
Massenkatastrophe boten.
Da riß Lerr Grobmaier seinen alten Rappen
aus dem Stall, schwang sich auf sein Einspänner-
wägelchen, hetzte nach der eine Stunde entfernten Be-
zirksstadt, lud dort den Tierarzt auf und hetzte den
borstigen Rappen wieder zurück, als läge auch nur
(Fortsetzung Sette 150)
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Eyn kleynes Nachtt-Musikkgen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1929
Entstehungsdatum (normiert)
1924 - 1934
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)