Ztichnring von 3. L.-R.
„Das war der schrecklichste Augenblick meines ganzen Lebens!"
„Des ganzen? Na, das wollen wir doch nicht sagen, — Sie
haben ja noch 28 Zähne."
Sieg der Kosmetik
Linst war mal Häßlichbleiben edel.
Die gälte galt als ehrenhaft.
Die Locke ward hinweggerafst.
Zur Billardkugel ward der Schädel.
Massieren galt als beinah schändlich,
Zungblelben war direkt fatal.
Und Alter, Runzel und Moral
War eln Begriff, wie selbstverständlich.
doch Anschauungen wechseln ständig:
,eut ist nicht mehr mit Ruhm bekleckert,
Wer glatte Häute frech bemeckert —
Xosmetik Pflicht, Schönseln notwendig.
Hier wlrd das Paraffin verspritzt.
Dort zischt das heiße Bügeleisen,
Nachher ist nichts mehr zu beweisen —
Mensch, wie die neue Nase sitzt!
da wird die Wange hochgestrasit,
dort wird ein Nrähenfuß entwurzelt,
die Lippe, die das Rinn bepurzelt.
Wird aufgenäht und keß gerasit.
Rosmetik treibt sogar der Mann,
Bereits der Säugling müilert fleißig,
die §rauen bleiben z z.
Und Großpapa spielt Lisenbahn.
die Tante hat in Permanenz
Zn ihrem Schopfe Wasserwellen,
Hieß Lila stets, jetzt heißt sie Wen
Und tänzelt wie der junge Lenz.
die Schachtel wird zum netten Räsa:
Aus Gründen ihres Körperbaus
Zog sie den alten Adam aus
Und legte an — die neue Lva.
So werden wir zu bunten baitern
von der Nosmetik umgebaut:
Man fährt in Ruhe aus der Haut,
denn einfach Unfug ist das Altern!
Curry
Der Dienst am Staatswohl
„Herr Vogitzer," sprach eines Tages der Kaminkehrer-
meister Durl aus dem Faltenwurf behördlicher Autorität her-
aus, in den der schlichte Bürger bisweilen nichr ungern sich
hüllt, zum Kaufmann Vogitzer, „heut sag ich's Ihnen hiemit
zum dritten und letzten Mal: Nach der Kehrordnung bin ich
verpflichtet, jede neue Kaminanlage nach Fertigstellung im
Rohbau abzuziehen und in Bezug auf Feuersicherheit und
Wärmetechnik zu untersuchen. Sie haben aber bis jetzt leider
nichts davon angezeigt, daß Sie in Ihrem Garten vor dem
oberen Stadttor ein Gartenhäuschen errichtet und es mit einer
Kaminanlage versehen haben."
„And ich zeig's auch nicht an," erwiderte der Kaufmann
Vogitzer sehr sachlich.
„Dann" — und .Herr Durl drapierte den autoritativen/
Faltenwurf aufs neue — „sind Sie erstens strafbar, und zwei-
tens muffen Sie eben die Schritte hinnehmen, die ich zur
Untersuchung der Anlage für nötig halte."
„Einverstanden," erklärte der Kaufmann Vogitzer, und der
Kaminkehrer Durl entfernte sich, verärgert durch die Wider-
setzlichkeit und doch auch andernteils gehoben von der seiner
356
Stellung innewohnenden Fähigkeit, jeden Widerstand zu
brechen.
Am folgenden Tag nun saß schon frühmorgens, wie es
übrigens bei gutem Wetter seine Gewohnheit war, der Kauf-
mann Vogitzer aus einer versteckten Bank seines Gartens.
Hörte plötzlich ein verdächtiges Geräusch und sah alsbald
den Kaminkehrer Durl, der den standesgemäßen Zylinderhut
trug, auf seiner Schornsteinfegerleiter über den Zaun stei-
gen, sah ihn dann die Leiter an das niedere Gartenhaus
anlegen, auf ihr das Dach erklettern und von ihm aus seine
Rußnase drei-, viermal, den Sonnenschein mit beiden Län-
den abblendend, in den Rauchsang stecke». Zwischen den ein-
zelnen Besichtigungen schüttelte er dabei immer wieder zwei-
felnd den Kopf.
„Lahahaha!" schallte es jetzt von jener Bank her. „Ja,
ja. Sie sehen schon recht! Ein falscher Kamin. Laben Sie denn
Ihre Kehrordnung nicht dabei, Herr Durl? Da muß es doch
drin stehen, daß Sie sich um einen Kamin nicht zu bemühen
brauchen, unter dem keine Feuerstelle ist; der dem Dach nur
als Schmuck aufsitzt wie Ihnen der Zylinder, unter dem ja
auch weiter nichts ist." Lieronymus Jobs
„Das war der schrecklichste Augenblick meines ganzen Lebens!"
„Des ganzen? Na, das wollen wir doch nicht sagen, — Sie
haben ja noch 28 Zähne."
Sieg der Kosmetik
Linst war mal Häßlichbleiben edel.
Die gälte galt als ehrenhaft.
Die Locke ward hinweggerafst.
Zur Billardkugel ward der Schädel.
Massieren galt als beinah schändlich,
Zungblelben war direkt fatal.
Und Alter, Runzel und Moral
War eln Begriff, wie selbstverständlich.
doch Anschauungen wechseln ständig:
,eut ist nicht mehr mit Ruhm bekleckert,
Wer glatte Häute frech bemeckert —
Xosmetik Pflicht, Schönseln notwendig.
Hier wlrd das Paraffin verspritzt.
Dort zischt das heiße Bügeleisen,
Nachher ist nichts mehr zu beweisen —
Mensch, wie die neue Nase sitzt!
da wird die Wange hochgestrasit,
dort wird ein Nrähenfuß entwurzelt,
die Lippe, die das Rinn bepurzelt.
Wird aufgenäht und keß gerasit.
Rosmetik treibt sogar der Mann,
Bereits der Säugling müilert fleißig,
die §rauen bleiben z z.
Und Großpapa spielt Lisenbahn.
die Tante hat in Permanenz
Zn ihrem Schopfe Wasserwellen,
Hieß Lila stets, jetzt heißt sie Wen
Und tänzelt wie der junge Lenz.
die Schachtel wird zum netten Räsa:
Aus Gründen ihres Körperbaus
Zog sie den alten Adam aus
Und legte an — die neue Lva.
So werden wir zu bunten baitern
von der Nosmetik umgebaut:
Man fährt in Ruhe aus der Haut,
denn einfach Unfug ist das Altern!
Curry
Der Dienst am Staatswohl
„Herr Vogitzer," sprach eines Tages der Kaminkehrer-
meister Durl aus dem Faltenwurf behördlicher Autorität her-
aus, in den der schlichte Bürger bisweilen nichr ungern sich
hüllt, zum Kaufmann Vogitzer, „heut sag ich's Ihnen hiemit
zum dritten und letzten Mal: Nach der Kehrordnung bin ich
verpflichtet, jede neue Kaminanlage nach Fertigstellung im
Rohbau abzuziehen und in Bezug auf Feuersicherheit und
Wärmetechnik zu untersuchen. Sie haben aber bis jetzt leider
nichts davon angezeigt, daß Sie in Ihrem Garten vor dem
oberen Stadttor ein Gartenhäuschen errichtet und es mit einer
Kaminanlage versehen haben."
„And ich zeig's auch nicht an," erwiderte der Kaufmann
Vogitzer sehr sachlich.
„Dann" — und .Herr Durl drapierte den autoritativen/
Faltenwurf aufs neue — „sind Sie erstens strafbar, und zwei-
tens muffen Sie eben die Schritte hinnehmen, die ich zur
Untersuchung der Anlage für nötig halte."
„Einverstanden," erklärte der Kaufmann Vogitzer, und der
Kaminkehrer Durl entfernte sich, verärgert durch die Wider-
setzlichkeit und doch auch andernteils gehoben von der seiner
356
Stellung innewohnenden Fähigkeit, jeden Widerstand zu
brechen.
Am folgenden Tag nun saß schon frühmorgens, wie es
übrigens bei gutem Wetter seine Gewohnheit war, der Kauf-
mann Vogitzer aus einer versteckten Bank seines Gartens.
Hörte plötzlich ein verdächtiges Geräusch und sah alsbald
den Kaminkehrer Durl, der den standesgemäßen Zylinderhut
trug, auf seiner Schornsteinfegerleiter über den Zaun stei-
gen, sah ihn dann die Leiter an das niedere Gartenhaus
anlegen, auf ihr das Dach erklettern und von ihm aus seine
Rußnase drei-, viermal, den Sonnenschein mit beiden Län-
den abblendend, in den Rauchsang stecke». Zwischen den ein-
zelnen Besichtigungen schüttelte er dabei immer wieder zwei-
felnd den Kopf.
„Lahahaha!" schallte es jetzt von jener Bank her. „Ja,
ja. Sie sehen schon recht! Ein falscher Kamin. Laben Sie denn
Ihre Kehrordnung nicht dabei, Herr Durl? Da muß es doch
drin stehen, daß Sie sich um einen Kamin nicht zu bemühen
brauchen, unter dem keine Feuerstelle ist; der dem Dach nur
als Schmuck aufsitzt wie Ihnen der Zylinder, unter dem ja
auch weiter nichts ist." Lieronymus Jobs
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Das war der schrecklichste Augenblick meines ganzen Lebens!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1929
Entstehungsdatum (normiert)
1924 - 1934
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 170.1929, Nr. 4375, S. 356
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg