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Dann allerdings-

Meier hatte den Mann mit der düsteren Miene schon seit
einiger Zeit beobachtet, wie er auf der Brücke hin und her
ging, mit jedem Male näher am Geländer und immer längere
Blicke auf die schnell strömende Flut hinunter schickend. „Nanm
der wird doch nicht?" hatte Meier gedacht. And wirklich: jetzt
kam er gerade noch zurecht — — gerade noch konnte er den
Mann zurückreißen, als er schon mit einem Beine über dem
Geländer war. Es war ein Mann in den sogenannte» besten
Jahren, gut gekleidet.

„Am Gottes willen, Mann, einen Augenblick! ich
öffne das Fenster. Die Scheibe ist teuerstes Spiegel-
glas, ein Meter zehn zu ein Meter zwanzig."

Der Mann war unzufrieden. „Was wollen Sie? Was
stören Sie mich? Was geht das Sie überhaupt an?"

„Oho, glauben Sie, ich werde hier ruhig zusehen, wie Sie
ins Wasser springen!" entgegnete Meier mit Nachdruck. „Nee,
mein Lieber, das gibt's nicht!"

Der Mann mit der düsteren Miene seufzte tief auf. „Mir
kann niemand mehr helfen."

„Sind Sie krank? Laben Sie kein Geld? Sind Sie un-
glücklich verliebt?"

„Ich bin gesund, ich habe mein Auskommen, und verliebt
bin ich zur Zeit überhaupt nicht. Aber — - " der
Mann schlug beide Lände vors Gesicht — „ach Gott,
ich kenne mich mit all den Steuern nicht aus!"

„Wenn's weiter nichts ist!" Meier gab dem
Manne einen ermunternden, tröstenden Rippenstoß.
„Mein Lieber, glauben Sie denn, ich kenne mich mit
den Steuern aus? Oder einer von meinen Bekannten.
Da weiß kein Aas Bescheid, Verehrtester. Ist ja auch
nicht nötig. Da geht man einfach aufs Finanzamt
und wendet sich an einen von den Auskunftsbeamten;
die Brüder müssen einem Bescheid geben."

Der Mann mit der düsteren Miene schluchzte
auf, daß es Meier eisig durch die Knochen fuhr. Fast
feierlich legte er Meier die Lände aus die Schultern.

„Mein Lerr-wissen Sie, was ich bin? Ich bin

Steuerauskunftsbeamter!"

Da drückte Meier sich wortlos. Kan Fr. Rimrod

Der Spiegel

Mirbach kommt in einer Laune nach Lause wie
ein Tiger, der ausgegangen ist, aber nichts zu fressen
gefunden hat. „Sulzfisch ist ein gemeiner Lund!"
brüllt er. „Elf Mark Hab' ich an ihn verloren. So
ein infamer Kerl!"

Frau Mirbach meint mit seltener Objektivität:
„Was schimpfst du auf Sulzfisch? Schimpfe auf dich!
Warum mußt du immer Karten spielen?"

„Aber Sulzfisch ist ein Gauner," brüllt Mirbach

weiter. „Nachher, wie er schon fort war-was

Hab' ich da gemerkt? Ich Hab' an der Wand gesessen,
unter einem Spiegel, und Sulzfisch hat mir gegen-
über gesessen, und da hat er im Spiegel immer meine
Karten gesehen."

Da greift Frau Mirbach an ihre immer noch
glatte, schöne Stirn. „Ist denn das möglich, Philipp?
Wenn ein Spiegel da ist, dann setzt man sich doch
natürlich so, daß man sich darin sehen kann." -on.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Um Gottes willen, Mann, einen Augenblick!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Claus, Martin
Entstehungsdatum
um 1929
Entstehungsdatum (normiert)
1924 - 1934
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 170.1929, Nr. 4377, S. 386
 
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