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Ein altes Hausmittel

Von LIeronymuS Jobs.

Der Kleintierzucht gehört die Zukunft, sagt
der Vorstand des Lohenaster Kaninchenzucht-
vereins. Das Futter, rühmt er, gedeiht auf
den Wiesen der Großviehhalter, und Fleisch
und Pelz wachsen von selber. Aber, sagt er,
eine Standarte gehöre her, wenn es schon keine
Fahne leide, und in zwei Jahren hoffe er mit
dem Verein so weit zu sein. Es sei hart genug,
sagt der Vorstand weiter, wenn man so lange
noch zu den auswärtigen Vereinssestlichkeiten
nur mit einem Taferl „Kaninchenzuchtverein
Lohenast" ausrücken könne; denn mit einer so
spärlichen Aufmachung werde man überall über
die Achsel angesehen, zu allem häuslichen An-
frieden noch dazu, den so ein pflichtgemäßer
Vereinsausflug bisweilen da uno dort auslöse.

Seine Alte zum Beispiel würde flch auch in
hundert Jahren noch nicht daran gewöhnen,
sondern immer wieder aufs neue, zum Unter-
schied von so vielen Vexeinsschwestern, bei sei-
ner Leimkunft von einem Vereinsseft ihn mit
den heftigsten Vorwürfen überschütten, was
freilich nie und nimmermehr seine Vereins-
freudigkeit erschüttern könne. In dieser Ein-
gabe an die Kaninchenzucht und um die etwas
schäbige, weil eben sahnen- und standartenlose
Vereinsadjustierung einigermaßen zu heben,
hat der Vorstand — Andreas Schußmüller ist
sein Name - aus dem Zusammenbruch der
Lohenaster Liedertafel das ansehnliche Trink-
horn erstanden und mit diesem an der Seite
und das girlandengeschmückre Festzugstaferl
„Kaninchenzuchtverein Lohenast" in der Land,
begibt er sich eines Sonntags an der Spitze
einer zehnköpfigenVereinsabordnung Per Eisen-
bahn nach dem Marktflecken Lolzhausen zur
Fahnenweihe des dortigen Vruderverbandes.

Aber ach, wie schon im Familienleben unter
Brüdern und Schwestern die heilige, segens-
reiche Eintracht oft genug von Lader und
Zwist wo nicht für immer verdunkelt, so doch
vorübergehend gestört wird, so auch im Dasein
der Vereine. Ein kleiner, ja, kleinlicher Anlaß,
und die Flamme der Zwietracht lodert auf.

In Lolzhausen, wo man mit der Fahnenweihe
eine Kaninchenausstellung verbunden hatte,
schlug sie damals aus der angeblich ungerechten
Verteilung der Preise empor, von denen nicht
ein einziger nach Lohenast gefallen war. Darob
Protest, Zank, Injurien. Schon lief das Ge-
rücht durch den Markt: „Auf'm Schallhammer-
Keller raufen d' Laserer", wie dortlands der
Volksmund kurz die Anhänger der Kaninchenbewegung nennt;
schon schnallte der Polizeioberwachtmeister Knopfinger sich den
Schleppsäbel um; schon flogen schüchtern die ersten Maßkrüge
hin und her. Da gelang es der überragenden Persönlichkeit
Andreas Schußmüllers, nicht nur das Aergste hintanzuhälten,
sondern auch den drohenden Abzug der Lohenaster in Zorn
und Verbitterung zu verhüten. Man blieb vereint. Blieb, bis
aus dem dürren, durch seine unverstegliche Bierquelle jedoch
fruchtbar gemachten Kiesboden des Schallhammer-Kellers die
Palme der Versöhnung hoch emporgewachsen war und der

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Zeichnung von tz. Frank

Der Balkon

letzte Eisenbahnzug nach Lohenast abging. Es
war, wie Andreas Schußmüller in seiner Ab-
schiedsrede noch betonen wollte, aber infolge
seines nur mehr lallenden Sprechvermögens
nicht mehr so allgemein verständlich feststellen
konnte, ein herrlicher, ein unvergeßlicher, ja,
ein vorbildlicher Tag gewesen.

Am so überraschender für die Lohenaster
Festteilnehmerwar tags darauf AndreasSchuß-
müllers hochgeschwollenes Antlitz, das durch-
aus zu der Frage berechtigte: „Ja, Ander!,
in Lolzhausen ist doch alles noch so friedlich
abgegangen! Woher hast denn nachher du den
gschwollenen Backen?"

„Von einem naffen Amschlag," sprach An-
dreas Schußmüller, „den mir gschwind noch
heut nacht mei Alte gmacht hat, wie ich, an-
statt ins Bett, in 'n Glaskasten Hab neisteigen
wollen."

„Was? An naffen Amschlag?"

„Ja. Aber mit einem Putzhadern."

In absentfa

„Ich halte das nicht mehr aus, Lerr Rechts-
anwalt!"jammerteKnispel. „Einen Lautsprecher
hat Ruppke jetzt bei sich aufgestellt, und der
Satansapparat brüllt alles aus, was der Rund-
funk bringt. And gerade unter meinem Arbeits-
zimmer! And die Zimmerdecke, was Ruppke
anbelangt, beziehungsweise der Fußboden, was
mich betrifft, ist ja so dünn! Ich höre ja bei-
nahe, wenn eine Fliege an Ruppkes Decke
läuft. And nun soll ich die Musik vertragen
und den Gesang und das Vortragsgebrüll!
Ich werde noch verrückt werden! Ja, sogar
meschugge werde ich werden! Aber: was kann
ich da machen, ehe ich mich entschließe, Ruppke
totzuschlagen?"

„Ja, das ist nicht so einfach. Rundfunk ist
schließlich eine ganz normale Anterhaltung,
und wenn Ruppke in seiner Woh-
nung sich das Vergnügen machen
will-"

„Fällt ihm ja gar nicht ein! Das
ist es eben: er schaltet den Laut-
sprecher ein, und dann geht der ver-
dammte Kerl aus." _Dn.

Diskret

An der Bahnsteigsperre in Stutt-
gart übergibt eine korpulente, mit
Paketen beladene Dame dem kon-
trollierenden Schaffner ihre Karte. Darauf der Schaffner:
„Ich will doch net wiffe, daß Sie en Doppelzentner hent."

Die Dame hatte versehentlich statt der Fahrkarte ihre
Wiegekarte abgegeben.

Hoch- hinaus

„Ich Hab'meine Alte durch ein Leiratsgesuch im Lokalblätt-
chen kennengelernt, aber mein Junge soll es besser haben; der
soll seine Frau durch ein Weltblatt kennenlernen...!"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Balkon"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Frank, Hugo
Entstehungsdatum
um 1929
Entstehungsdatum (normiert)
1924 - 1934
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 171.1929, Nr. 4379, S. 4

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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