Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zeichnung von I. L.-R.

Die Reise am Freitag VonPeter Robinson

Frau Geheimrat Sulzbacher war zwecks einiger
Besorgungen unterwegs; zu einer flüchtigen Erquik-
kung kam sie in das Cafch wo Köditz und ich gerade
Zeitungen lasen. Köditz kann der Frau Geheimrat
nicht begegnen, ohne zu erschrecken. Das haftet ihm
noch an aus jener Zeit, da er die Vorlesungen des
Äerrn Geheimrats Sulzbacher, des bedeutenden Ger-
manisten, besuchte und auch zu dem akademischen
Zirkel gepreßt wurde, der unter der Direktion der
Frau Geheimrat an jedem Montag sich versammelte.
Inzwischen hat Köditz längst umgesattelt; die Pro-
tektion des Lerrn Geheimrats braucht er nicht, und
also kann er auch auf das Wohlwollen der Frau Ge-
heimrat pfeifen. Er könnte ihr sogar ganz offen sagen,
daß sie das Schreckgespenst aller zu den ehrwürdigen
Füßen ihres Gatten sitzenden jungen Akademiker sei,
daß er persönlich sie hasse und verabscheue und sich
die Laare ausreißen möchte, weil er sich von ihr da-
mals so viele Kommissionen und gefällige Dienste
habe aufpacken lassen. Wirklich, Köditz hätte große
Lust, der Frau Geheimrat das einmal zu erklären,
aber ihn halten, wie er sagt, alberne atavistische
Lemmungen zurück.

Köditz erschrak jetzt also. Frau Geheimrat Sulz-
bacher aber freute sich. „Ach Lerr Köditz — daß ich
Siegerade treffe! Sie tun mir einen großen Gefallen,
nicht wahr? Ich höre so schlecht am Telephon, und
es ist so laut hier — bitte, telephonieren Sie doch
für mich! Fünfundzwanzigdreihundertachtzehn. Die
Leute sollen mir die Babyausstattung unbedingt bis
sechs Ahr ins Laus schicken; ich muß sie heute noch
einpacken."

Köditz sprang davon. „Ein reizender Mensch,"
sagte Frau Geheimrat Sulzbacher zu mir. „Immer
so nett und gefällig. Was ich aber heute auch noch
alles zu besorgen habe! Ich fahre nämlich morgen
früh nach Berlin, zu meiner verheirateten Tochter.

Das ist jetzt eine Zeit der Anruhe für mich. Sie ver-
stehen, nicht wahr? Wenn es nur erst glücklich vor-
über wäre!"

Köditz kam zurück und erstattete artig Bericht. Ja,
es würde alles richtig besorgtwerden. „Tausend Dank,
lieber Lerr Köditz,tausend Dank!" sagte Frau Geheim-
rat Sulzbacher. And dann erzählte sie nun auch Köditz,
daß sie am nächsten Morgen nach Berlin fahren werde.

Ich verstand jetzt nicht, warum ^Köditz das tat,
aber wirklich: er faltete für einen Augenblick die
Lände. „Morgen wollen Sie reisen, Frau Geheimrat?

Aber um Limmels willen: morgen ist doch Freitag!"

Frau Geheimrat Sulzbacher hob neckisch verwei-
send den Zeigefinger. „Wer wird so abergläubisch
sein, Lerr Köditz!"

Jetzt rang Köditz sogar die Lände. „Abergläubisch ?

Verehrte Frau Geheimrat: man soll eine Reise lieber nicht
an einem Freitag antreten — das ist doch kein Aberglaube,
das ist ein Erfahrungssatz."

„Ich bitte Sie: wie viele hunderttausend Leute setzen sich
morgen in die Eisenbahn! Wenn das Anglück bringen sollte —
ach, da würde ja schon längst an den Freitagen kein Zug zu
fahren brauchen."

„Ich sage ja nicht, daß es Anglück bringen muß. Im all-
gemeinen sicherlich nicht. Aber es mag in manchem Einzelfall
geschehen. Zum mindesten ist es eine Lerausforderung des
Schicksals bei einer Reise, die von Bedeutung ist, die aus

Im

Zoo „Können Sie mir vielleicht sagen, wie ich zu dem großen
Affen komme?"

„Ja, Sie werden wohl zuviel getrunken haben, mein Lieber!"

wichtigen Gründen erfolgt, an deren Ende erhebliche Dinge
stehen. Gewiß, wenn man unbedingt, vielleicht urplötzlich ab-
reisen mutz, dann liegt in solchem Zwange eine Garantie gegen
schlechte Scherze des Schicksals. Wenn man aber ganz will-
kürlich den Freitag wählt, während man ebensogut noch einen
Tag warten könnte-das ist doch Siebennut."

Als Köditz von wichtigen Reisegründen gesprochen hatte,
war Frau Geheimrat Sulzbacher nachdenklich geworden. „Lieber
Lerr Köditz, Sie sagen das so beschwörend. Beinahe könnte
ich Angst bekommen. Aber nein — so etwas gibt es nicht!
Das müßten Sie mir erst beweisen."

7
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Im Zoo"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Loukota, Josef
Entstehungsdatum
um 1929
Entstehungsdatum (normiert)
1924 - 1934
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 171.1929, Nr. 4379, S. 7

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
Annotationen