Graphologie
Von Arthur Wagner
Wenn ich Ihnen von meinen Erfahrungen mit der Gra-
phologie erzählen soll, dann muß ich etwas weiter ausholen
und zunächst schildern, wie ich mir mit meinem Freunde August
ein Motorrad kaufte.
Das war schrecklich. Wir legten zunächst einen genauen
Tilgungsplan fest. Wo sollten die 250 Mark Anzahlung Her-
kommen?
August fand einen Ausweg.
„Wenn wir beide 3 Monate lang die Miete nicht bezahlen,
haben wir es raus," sagte August. Man muß ihm lassen,
intelligent ist der Junge.
Dann die Raten. Die erste sollte ich zahlen, die zweite
er usw., die dritte meine Tante, die vierte sein Onkel
„Und die Reparaturen?" warf ich in die Debatte.
„Ein Finanztechniker wirst du nie werden," lächelte August.
„Wir werden uns in Zukunft selbst rasieren, mein Junge! Da
spart jeder täglich 50 Pfennige, macht im Jahr 365 mal 1 Mark,
gibt 365 Mark jährlich. Es müßte mit dem Teufel zugehen,
wenn das für Reparaturen nicht langt."
„Und die Sonn- und gesetzlichen Feiertage? Die darfst
du nickt mit einkalkulieren!"
„Idiot!" sagte August, „selbstverständlich nicht! An diesen
Tagen wird sowieso nicht rasiert. Macht noch mal etwa 60 Mark
im Jahr. Äaben wir mithin eine Summe von 425 Mark übrig "
Er warf mit fliegender Last Zahlen auf den Rand des
Fremdenblattes und fuhr fort: „Du siehst, die Sache geht, geht
glänzend! Laß uns nun sofort zum Ankauf einer Maschine
schreiten!"
„Schreiten wir!" ermannte ich mich.
Beim Motorradhändler stellte sich heraus, daß August
über „Maschinen" neuerer Konstruktion gar nicht im Bilde war.
„Bitte", sagte er, „wieviel Kilowattstunden läuft der Mo-
tor? And vor allen Dingen geben Sie mir einen Auspuff, der
absolut mündelsicher ist! Dann noch etwas: das Kardanwellen-
Kreuznut-Gestänge muß derart in der Brennschere verkrvpft
sein, daß ich auf dem Anlasser bequem zwei erste Hypotheken
unterbringen kann. Nicht wahr, die Kotbleche brauche ich doch
nicht standesamtlich eintragen zu lassen?"
Zeichnung von I 2.-R
Entlassung
J-L- H.
„Nun verlegen Sie sich nicht wieder auf den Hei-
ratsschwindel, sondern gehen Sie ehrlicher Arbeit nach!"
„Selbstverständlich! Geben Sie mir aber, bitte, mein
Notizbuch mit den Damenadressen heraus."
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Von Arthur Wagner
Wenn ich Ihnen von meinen Erfahrungen mit der Gra-
phologie erzählen soll, dann muß ich etwas weiter ausholen
und zunächst schildern, wie ich mir mit meinem Freunde August
ein Motorrad kaufte.
Das war schrecklich. Wir legten zunächst einen genauen
Tilgungsplan fest. Wo sollten die 250 Mark Anzahlung Her-
kommen?
August fand einen Ausweg.
„Wenn wir beide 3 Monate lang die Miete nicht bezahlen,
haben wir es raus," sagte August. Man muß ihm lassen,
intelligent ist der Junge.
Dann die Raten. Die erste sollte ich zahlen, die zweite
er usw., die dritte meine Tante, die vierte sein Onkel
„Und die Reparaturen?" warf ich in die Debatte.
„Ein Finanztechniker wirst du nie werden," lächelte August.
„Wir werden uns in Zukunft selbst rasieren, mein Junge! Da
spart jeder täglich 50 Pfennige, macht im Jahr 365 mal 1 Mark,
gibt 365 Mark jährlich. Es müßte mit dem Teufel zugehen,
wenn das für Reparaturen nicht langt."
„Und die Sonn- und gesetzlichen Feiertage? Die darfst
du nickt mit einkalkulieren!"
„Idiot!" sagte August, „selbstverständlich nicht! An diesen
Tagen wird sowieso nicht rasiert. Macht noch mal etwa 60 Mark
im Jahr. Äaben wir mithin eine Summe von 425 Mark übrig "
Er warf mit fliegender Last Zahlen auf den Rand des
Fremdenblattes und fuhr fort: „Du siehst, die Sache geht, geht
glänzend! Laß uns nun sofort zum Ankauf einer Maschine
schreiten!"
„Schreiten wir!" ermannte ich mich.
Beim Motorradhändler stellte sich heraus, daß August
über „Maschinen" neuerer Konstruktion gar nicht im Bilde war.
„Bitte", sagte er, „wieviel Kilowattstunden läuft der Mo-
tor? And vor allen Dingen geben Sie mir einen Auspuff, der
absolut mündelsicher ist! Dann noch etwas: das Kardanwellen-
Kreuznut-Gestänge muß derart in der Brennschere verkrvpft
sein, daß ich auf dem Anlasser bequem zwei erste Hypotheken
unterbringen kann. Nicht wahr, die Kotbleche brauche ich doch
nicht standesamtlich eintragen zu lassen?"
Zeichnung von I 2.-R
Entlassung
J-L- H.
„Nun verlegen Sie sich nicht wieder auf den Hei-
ratsschwindel, sondern gehen Sie ehrlicher Arbeit nach!"
„Selbstverständlich! Geben Sie mir aber, bitte, mein
Notizbuch mit den Damenadressen heraus."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Entlassung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1929
Entstehungsdatum (normiert)
1924 - 1934
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 171.1929, Nr. 4381, S. 36
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg