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Zeichnung von C. Reiser

„Äerta kann doch schwimmen; sie läuft aber immer mit
dem Korkgürtel herum, wahrscheinlich hat sie doch Angst."
„Das vielleicht nicht — aber eine schlechte Taille."

In Gedanken

Große Abendgesellschaft. Die junge
Dame von unscheinbarem Aeußeren hat
eben das dritte Lied zum besten gegeben.

Krojanker hat in seinem Seffel gelehnt
und scheinbar ganz hingegebe» gelauscht,
in Wirklichkeit hat er an die Ultimoregu-
lierung gedacht.

Die ältere Dame, die neben Krojanker
sitzt, erklärt ihm: „Ja, die Stimme hat
meine Tochter von mir."

Krojanker schrickt auf. „Sei'n Se
froh, daß Se se los sind!"

Ein Muster

„Kriegen Sie eine tüchtige Äausfrau?"

„Und ob I Beim ersten Rendezvous am
Schillerdenkmal hat sie mir schon einen
Knopf angenäht!"

Die Partie

Stenzel hat Heiratsabsichten. Der Kol-
lege Knoll glaubt, ihn freundschaftlich auf
einen delikaten Punkt aufmerksam machen
zu müssen. „Mit der Meta Äühnerfeld
wollen Sie sich verloben? Äören Sie, lieber
Freund: ich an Ihrer Stelle würde mir
das noch überlegen, aber gewaltig über-
legen. Der Meta ihre Schwester, die Irma,
hat doch bei Meyer & Kohn eine sehr
peinliche Sache gehabt. Man hat ihr nichts
beweisen können,— aber jeder, der Bescheid
weiß, versichert, daß sie 'ne ganz bedeutende
Summe beiseite gebracht haben muß.

Stenzel hat aufgehorcht. „Alle Wetter I
Sie meinen also, ich soll lieber um die
Irma anhalten?"

Graphologie

Der Mann lachte, ich sah es. Aber er lachte nur vom
Lals nach abwärts. Sein Bauch schlitterte wie ein Seebeben,
sein Gesicht blieb ernst, wie es der Dienst am Kunde» verlangt.

Nach unsrer ersten Ausfahrt sah ich mich genötigt, Mit-
glied einer Krankenkasse zu werden. Es waren ausgedehnte
Reparaturen an mir vorzunehmen. August klebte eine 50-
Pfennigmarke auf den Soziussitz und schickte das Motorrad
in eine Reparaturanstalt. Die Leute schrieben »ns zurück, daß
sie unsre Schreibmaschine als unbrauchbar zum alten Eisen
geworfen hätten.

Rach der ersten Rate entschloß ich mich, mich endlich zu
rasieren. Ich war sehr erfolgreich. Außer einem tiefen Schnitt
im Lals brachte ich mir nur ausgedehnte .Hautabschürfungen
im Gesicht bei. Der Arzt sagte, bei größter Schonung und
reichlicher Ernährung könne ich in vier Wochen ohne Lebens-
gefahr in ein Sanatorium transportiert werden.

Kurz vor der vierten Rate starb Augusts Onkel ganz
plötzlich. Die vierte Rate blieb auf mir hängen.

So kam es, daß ich meinen Freund August zu bearg-
wöhnen anfing und dem Institut „Fatum" einen Brief von
ihm zur Beurteilung einsandte. August war kein Finanzgenie,
August hatte erwiesenermaßen von einem Motorrad so wenig
Ahnung wie eine erkältete Ringelnatter von der National-
ökonomie, August hatte einen höchst verdächtigen Onkel, der kurz
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vor der vierten Rate von einer unerklärlichen Krankheit dahin-
gerafft wurde. August war in meinen Augen eine madige Kamille.

Zwei Sachen verzapfte das Institut „Fatum": eine Cha-
rakterstudie zu 10 und eine Persönlichkeitsanalyse zu zwanzig
Mark. Ich glaubte, daß bei Augusts Charakter die Studie
zu 10 Mark vollauf genügen würde, und bestellte sie bei dem
Indier, dessen Bild die Annonce schmückte.

Der Indier hieß, wie sich dann herausstellte, Tobias Vogel-
schrot, und sein Institut schien nicht erstklassig zu sein, denn
die Studie war mit der Land geschrieben, und der Psychologe
hatte offenbar während des Schreibens Sülze gefrühstückt.

Das Schreiben lautete:

„Litten Sie sich vor dem betreffenden Lerrn! Er ist ein
Mensch, der zu egoistisch denkt, um wahrer Freundschaft fähig
zu sein. Unter einer konzilianten Lülle verbirgt sich in ihm
der Vampyr, der gewohnheitsmäßig über Leichen geht. Mit
robuster Ellenbogentaktik weiß er seinen Mitmenschen ein Bein
zu stellen. Aeberall läßt er sein Schäfchen blüh» und bringt
seinen Weizen ins Trockne . . . ."

So ging es noch einige Zeit fort.

Da klingelte es draußen. August trat ins Zimmer. Er
sah ernst und gefaßt aus. Nachdem er sechs Kognaks getrunken
hatte, sagte er:

„Gedacht habe ich es mir ja immer, daß du eine häßliche
Brezel bist!"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Herta kann doch schwimmen..."
Weitere Titel/Paralleltitel
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Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Reiser, Carl
Entstehungsdatum
um 1929
Entstehungsdatum (normiert)
1924 - 1934
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 171.1929, Nr. 4381, S. 38

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