Zeichnung von E. Kelen
Die Bedarfshaltestelle
„Siehste, die heut'che Jugend kann ja nich jedeihn!
Bringt da dünne Bengl jetzt tatsächlich den dicken
Omnibus zum Latte»; und da soll er dann zu Lause noch'» Respekt vor seinem Vater hab'n!"
Das unschuldige Kind
Die Tante zu ihrem kleinen Neffen: „Ja, denke dir mal, Jungchen, wie ich gestern abend
so spät von euch weggegangen bin, sah ich einen Mann auf der Straße — ach Gott, wie
bin ich da gelaufen."
Neffe: „And hast du ihn gekriegt, Tante?"
«c.£e -i-w
Der Pumper
Lorst Saffian, der Dichter und
Edelkommunist, pumpt jeden
Menschen an,den er auf ein paar
Minuten zu fassen gekriegt hat.
Das ist sein Grundsatz, ja sogar
sein Prinzip. Da ihm die Welt
den Tribut der Anerkennung
bisher nicht gezollt hat, sucht
er wenigstens in dieser Weise
Ersatz. Er würde sich höchst un-
tüchtig Vorkommen, wenn er
jemanden, der was in der
Tascke hat, ungerupft entrinnen
ließe.
Lorst Saffian hat eben die
Bekanntschaft des Direktors
Zwiebler gemacht. Zwiebler
dirigiert einen Schuhvertrieb,
aber er lernt gern mal beson-
dere Menschen kennen. Nach
fünf Minuten ersucht Lorst
Saffian so nebenbei: „Lören
Sie mal! Würden Sie mir
einen Kredit von fünf Mark
gewähren?"
Zwiebler zieht seine Brief-
tasche und kramt darin. „Tut
mir leid — — ich habe bloß
Lundertmarkscheine."
Was tut Lorst Saffian?
Jetzt holt er seine Brieftasche
heraus. „Macht nichts — —
ich gebe Ihnen 95 Mark 'raus."
-Ott.
Die Bescheidene
Dippelfing hat gestern sei-
nen siebzigsten Geburtstag be-
gangen. Leute ruft er seine
gute Laushälterin, die Frau
Wolke. „Lören Sie zu, Frau
Wolke! Der Mensch, besonders
der alte, muß an sein Ende
denken. Ich habe mein Testa-
ment gemacht und Ihnen ein
Legat von lOOOÜ Mark ausge-
setzt. Aber ich bin eigennützig,
Frau Wolke. Ich will natür-
lich, daß Sie auch weiterhin
so gut für mich sorgen, und
deshalb habe ich bestimmt, daß
diese Summe sich für jedes
weitere Jahr, das ich noch lebe,
um l 000 Mark erhöhen soll.
Wenn ich es also auf achtzig
bringe, Frau Wolke, dann krie-
gen Sie 20000 Mark."
Frau Wolke wischt sich ge-
rührt die Augen. „Ach Gott,
Lerr Dippelfing-so viel
brauch' ich ja gar nicht."
Piro
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Die Bedarfshaltestelle
„Siehste, die heut'che Jugend kann ja nich jedeihn!
Bringt da dünne Bengl jetzt tatsächlich den dicken
Omnibus zum Latte»; und da soll er dann zu Lause noch'» Respekt vor seinem Vater hab'n!"
Das unschuldige Kind
Die Tante zu ihrem kleinen Neffen: „Ja, denke dir mal, Jungchen, wie ich gestern abend
so spät von euch weggegangen bin, sah ich einen Mann auf der Straße — ach Gott, wie
bin ich da gelaufen."
Neffe: „And hast du ihn gekriegt, Tante?"
«c.£e -i-w
Der Pumper
Lorst Saffian, der Dichter und
Edelkommunist, pumpt jeden
Menschen an,den er auf ein paar
Minuten zu fassen gekriegt hat.
Das ist sein Grundsatz, ja sogar
sein Prinzip. Da ihm die Welt
den Tribut der Anerkennung
bisher nicht gezollt hat, sucht
er wenigstens in dieser Weise
Ersatz. Er würde sich höchst un-
tüchtig Vorkommen, wenn er
jemanden, der was in der
Tascke hat, ungerupft entrinnen
ließe.
Lorst Saffian hat eben die
Bekanntschaft des Direktors
Zwiebler gemacht. Zwiebler
dirigiert einen Schuhvertrieb,
aber er lernt gern mal beson-
dere Menschen kennen. Nach
fünf Minuten ersucht Lorst
Saffian so nebenbei: „Lören
Sie mal! Würden Sie mir
einen Kredit von fünf Mark
gewähren?"
Zwiebler zieht seine Brief-
tasche und kramt darin. „Tut
mir leid — — ich habe bloß
Lundertmarkscheine."
Was tut Lorst Saffian?
Jetzt holt er seine Brieftasche
heraus. „Macht nichts — —
ich gebe Ihnen 95 Mark 'raus."
-Ott.
Die Bescheidene
Dippelfing hat gestern sei-
nen siebzigsten Geburtstag be-
gangen. Leute ruft er seine
gute Laushälterin, die Frau
Wolke. „Lören Sie zu, Frau
Wolke! Der Mensch, besonders
der alte, muß an sein Ende
denken. Ich habe mein Testa-
ment gemacht und Ihnen ein
Legat von lOOOÜ Mark ausge-
setzt. Aber ich bin eigennützig,
Frau Wolke. Ich will natür-
lich, daß Sie auch weiterhin
so gut für mich sorgen, und
deshalb habe ich bestimmt, daß
diese Summe sich für jedes
weitere Jahr, das ich noch lebe,
um l 000 Mark erhöhen soll.
Wenn ich es also auf achtzig
bringe, Frau Wolke, dann krie-
gen Sie 20000 Mark."
Frau Wolke wischt sich ge-
rührt die Augen. „Ach Gott,
Lerr Dippelfing-so viel
brauch' ich ja gar nicht."
Piro
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Bedarfshaltestelle"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1929
Entstehungsdatum (normiert)
1924 - 1934
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 171.1929, Nr. 4401, S. 358
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg