Zeichnung von M. Claus
„Der Arzt hat mir geraten, in ein billiges Bad zu gehen. Ich
müßte unbedingt was für mich tun."
„Gewiß, Gustav, hier hast du 30 Pfennige, geh ins Brausebad."
Die Lippe
Warum soll nicht auch die Kaleika Film
A.G. mal einen Marie Antoinette-Film
drehen? Sie tut es, und Adelina Krakowsky
ist die Königin. Adelina kann was, aber sie
ist noch Anfängerin, und deshalb läßt sie sich
noch etwas sagen. Der Regiffeur Gerstenkorn
sagt ihr viel und in sehr unschöner Art; er
behandelt Adelina ganz gemein, ja sogar
hundsgemein.
Guido Zittwer, der Direktor der Kaleika
Film A.G., kann das schließlich nicht mehr
anhören. Er nimmt den Regisseur bei Seite.
„Alles, was recht ist, mein lieber Gerstenkorn,
aber das geht doch zu weit. Was wollen
Sie? Fräulein Krakowsly ist doch brillant.
Aber Sie schimpfen unaufhörlich, wie ein
Rohrspatz schimpfen Sie."
„Wegen der Aehnlichkeit, Lerr Direktor,"
sagt Gerstenkorn. „Wenn ich schimpfe, läßt
Fräulein Krakowsky die Unterlippe so famos
hängen."
Armutszeugnis
„Ach Fräulein Lelene, Sie sind mein
einziger Gedanke I"
„Und Sie wollen Schriftsteller sein?"
Immer geschäftlich
„Sie scheinen viel Aerger und Verdruß
gehabt zu haben, arme Frau, haben Sie keine
ausgerauften Laare zu verkaufen?!"
Im Suff
„Warum zerren Sie fortwährend an dem
Laternenpfahl, Sie sollten nach Lause gehen,
Mann!"
„Will ick ooch, aber mein Freund will
nicht mit!"
Abrechnung
Don A. W.
Wir spielten Tennis und ahnte» nichts. Kuno hatte von
einem jeden von uns sechs sein Teil einkassiert. Der Platz
kostete: 50 Stunden 100 Mark, machte pro Stunde 2 Mark.
100 Mark durch 6 zu teilen, schien auf den ersten Blick
schwierig. Es ergab sich zwanglos, daß jeder 16,6666 usw. zu
zahlen hatte. Wir waren alle damit einverstanden, daß dieser
Betrag auf 16,67 Mark aufgerundet werden solle.
Dann spielten wir. Manchmal zu zweit, manchmal zu
dritt, manchmal zu viert.
„Wir verrechnen das nachher!" sagte Kuno großartig.
„Einige müssen zuzahlcn, und die andern bekommen etwas
heraus."
Mitte Juli sah Kuno auffallend angegriffen ans. Er bat
mich eines Tages zu sich, zeigte mir fünf graue Laare, die
er in den letzten drei Tagen bekommen hatte, und sagte:
„Sieh doch, bitte, mal meine Abrechnung durch!"
„Aber gern!"
„Du entsinnst dich," fuhr Kuno fort, „wir haben jeder
16,67 Mark eingezahlt. Dafür konnte jeder volle achteindrittel
20
Stunden allein spielen, oder sechszehnzweidrittel Stunden zu
zweit, oder dreiunddreißigeindrittel Stunden zu dritt, oder
sechsundsechzigzweidrittel Stunden zu viert."
Kuno sah scharfsinnig drein und klappte sich in Gedanken
ein Augenlid um, was greulich aussah. Wahrscheinlich hatte
er recht. Ich klappte ihm das Lid wieder herunter.
„Laß das!" sagte er, „ich hole dir die Abrechnung."
Er brachte die Abrechnung. Es war ein kleines Laupt-
buch voll. Kuno nannte das Buch eine Strazze.
„Ich habe hier ausgerechnet," explizierte er „was jeder
nach dieser Rechnung zu zahlen hat, und wenn ich alles zu-
sammen addiere, kommt 383,80 Mark heraus."
„Aber der Platz kostet doch nur 100 Mark!"
„Das ist es ja eben! Weißt du was: übernimm du das
für mich!"
Um die Wahrheit zu sagen: Ich konnte Kuno keinen Fehler
Nachweisen. Es stimmte alles, und wenn man es addierte, kam
383,80 Mark heraus. (Fortsetzung Seite 22)
„Der Arzt hat mir geraten, in ein billiges Bad zu gehen. Ich
müßte unbedingt was für mich tun."
„Gewiß, Gustav, hier hast du 30 Pfennige, geh ins Brausebad."
Die Lippe
Warum soll nicht auch die Kaleika Film
A.G. mal einen Marie Antoinette-Film
drehen? Sie tut es, und Adelina Krakowsky
ist die Königin. Adelina kann was, aber sie
ist noch Anfängerin, und deshalb läßt sie sich
noch etwas sagen. Der Regiffeur Gerstenkorn
sagt ihr viel und in sehr unschöner Art; er
behandelt Adelina ganz gemein, ja sogar
hundsgemein.
Guido Zittwer, der Direktor der Kaleika
Film A.G., kann das schließlich nicht mehr
anhören. Er nimmt den Regisseur bei Seite.
„Alles, was recht ist, mein lieber Gerstenkorn,
aber das geht doch zu weit. Was wollen
Sie? Fräulein Krakowsly ist doch brillant.
Aber Sie schimpfen unaufhörlich, wie ein
Rohrspatz schimpfen Sie."
„Wegen der Aehnlichkeit, Lerr Direktor,"
sagt Gerstenkorn. „Wenn ich schimpfe, läßt
Fräulein Krakowsky die Unterlippe so famos
hängen."
Armutszeugnis
„Ach Fräulein Lelene, Sie sind mein
einziger Gedanke I"
„Und Sie wollen Schriftsteller sein?"
Immer geschäftlich
„Sie scheinen viel Aerger und Verdruß
gehabt zu haben, arme Frau, haben Sie keine
ausgerauften Laare zu verkaufen?!"
Im Suff
„Warum zerren Sie fortwährend an dem
Laternenpfahl, Sie sollten nach Lause gehen,
Mann!"
„Will ick ooch, aber mein Freund will
nicht mit!"
Abrechnung
Don A. W.
Wir spielten Tennis und ahnte» nichts. Kuno hatte von
einem jeden von uns sechs sein Teil einkassiert. Der Platz
kostete: 50 Stunden 100 Mark, machte pro Stunde 2 Mark.
100 Mark durch 6 zu teilen, schien auf den ersten Blick
schwierig. Es ergab sich zwanglos, daß jeder 16,6666 usw. zu
zahlen hatte. Wir waren alle damit einverstanden, daß dieser
Betrag auf 16,67 Mark aufgerundet werden solle.
Dann spielten wir. Manchmal zu zweit, manchmal zu
dritt, manchmal zu viert.
„Wir verrechnen das nachher!" sagte Kuno großartig.
„Einige müssen zuzahlcn, und die andern bekommen etwas
heraus."
Mitte Juli sah Kuno auffallend angegriffen ans. Er bat
mich eines Tages zu sich, zeigte mir fünf graue Laare, die
er in den letzten drei Tagen bekommen hatte, und sagte:
„Sieh doch, bitte, mal meine Abrechnung durch!"
„Aber gern!"
„Du entsinnst dich," fuhr Kuno fort, „wir haben jeder
16,67 Mark eingezahlt. Dafür konnte jeder volle achteindrittel
20
Stunden allein spielen, oder sechszehnzweidrittel Stunden zu
zweit, oder dreiunddreißigeindrittel Stunden zu dritt, oder
sechsundsechzigzweidrittel Stunden zu viert."
Kuno sah scharfsinnig drein und klappte sich in Gedanken
ein Augenlid um, was greulich aussah. Wahrscheinlich hatte
er recht. Ich klappte ihm das Lid wieder herunter.
„Laß das!" sagte er, „ich hole dir die Abrechnung."
Er brachte die Abrechnung. Es war ein kleines Laupt-
buch voll. Kuno nannte das Buch eine Strazze.
„Ich habe hier ausgerechnet," explizierte er „was jeder
nach dieser Rechnung zu zahlen hat, und wenn ich alles zu-
sammen addiere, kommt 383,80 Mark heraus."
„Aber der Platz kostet doch nur 100 Mark!"
„Das ist es ja eben! Weißt du was: übernimm du das
für mich!"
Um die Wahrheit zu sagen: Ich konnte Kuno keinen Fehler
Nachweisen. Es stimmte alles, und wenn man es addierte, kam
383,80 Mark heraus. (Fortsetzung Seite 22)
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Arzt hat mir geraten, in ein billiges Bad zu gehen..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1930
Entstehungsdatum (normiert)
1920 - 1940
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 172.1930, Nr. 4406, S. 20
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg