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Zeichnung von E. Eroissaill

Ein Mann erfand — ich hör
jemand, lachen —

Es handelt sich nicht um technische Sachen,
Kleine Diagonalzerreißfestigkeitsprüfungszange,
Nichts von bayrischem oder okkultem Belange,
Nein, er erfand — wie sag ichs nur? —

Eine kommune Hühneraugentinktur.

Das heißt: er nahm die bereits bewährte.

Der er nur Etiketten bescherte,
Betätigte sich kleberisch
Und parfümierte sie neu und frisch.

Dann hing er ein Schild an des Hauses Tor
Und kam sich als Unternehmer vor.

Er wartete Tage, er saß sich krumm.

Doch niemand kam, und die Klingel blieb
stumm.

Hein Mensch, kein einziger, ließ sich
„erweichen,“

Verzweifelt begann er die Möbel zu streichen
Rauf und runter in einer Tour
Mit der Tinktur.

Am nächsten Tag auf dem Kanapee,

Da hatte er plötzlich eine Idee.

Man müßte, begann er zu meditieren.

Das Publikum besser informieren,

Man sollte die allerbreitesten Massen
Von seinem Wirken wissen lassen.

Es gab Hunderte Verweinte,

Von sägendem, klirrendem Schmerz Zerpeinte,
Armeen, die sich in Weh zerkrampfen —
Man müsste sie nur aus der Erde stampfen!

So ging der Mann, gestrafft wie Bronze,

Und gab in das Morgenblatt eine Annonce;
Ernst und sachlich — so schiens ihm zu taugen,
Und oben drüber stand: Hühneraugen!

Er wartete diesmal fast zwei Wochen.

Da hörte er es verhalten pochen —

Doch es war nur ein Mann mit einer Latte,
Der sich im Stockwerk verlaufen hatte.

Er bat um Verzeihung. Er müsse gleich weiter,


i

Kein Zweifel, der Mensch war
freundlich und heiter,

Hatte Lehm an der Hose und im Gesicht,
Doch Hühneraugen hatte er nicht.

Am nächsten Tag auf dem Kanapee,

Da hatte der Mann wieder eine Idee.

Er ließ Reklameplakate malen:

Eine Dame mit fabelhaften Pedalen,

Im Badeanzug, sonst ziemlich blanko,
Tanzte darauf einen kessen Tango,

Und drunter stand ein verlockender Schmus
Von „Hühneraugen und Lebensgenuß.“
Und in psychologischer Durchdringung
Etwas von „Leichdorn und Verjüngung.“
Die Zeit, die man zur Entfernung verwandte
So hieß es, sei Dienst am Vaterlande
Hinten leuchteten Seestrand und Alpenfirne —
Es fraß sich mächtig in die Gehirne,
Man wurde gerüttelt und doch beschwichtigt.
Man fühlte beim Anschaun sich schon
ertüchtigt.

Es setzte ein im ganzen Reiche
Eine Hühneraugenentfernungsseuche.

Die Dämmerschöppler, sonst viel bequema,
Sprachen nur noch von diesem Thema,

(Nicht mehr von Briand, Aktien und Kuxen)
Bis Hühneraugen am Stammtisch wuchsen.
Die Frau aus dem Volk, das Girl in der Villa,
Die doppelte Witwe, der Star in Chinchilla,
Arbeitsleute und Herren, beskunkte,

Alles pinselte, tinkte und tunkte.

Der Staat aber krönte die Epoche
Mit der großen Reichshühneraugenwoche.

Und unser Mann? Ward Millionär.

Und Hühneraugen gäb es nicht mehr,
Wenn — doch er deckte sich den Rücken
Und kaufte sämtliche Schuhfabriken.

Und arbeitet so, paradox, doch gewandt,
Mit Stiefeln

den Hühneraugen — in die Hand.

A w

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Aufstieg"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Entstehungsdatum
um 1930
Entstehungsdatum (normiert)
1920 - 1940

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 172.1930, Nr. 4408, S. 53

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