Erklärung
„Was sind Zeitfragen,
Vater?"
„Na, zum Beispiel:
,Wieviel Ahr ist es''?"
Widerspruchsvoll
„Der Kranke ist heute
wieder recht schwach!"
„Wird wohl zu viel
Wein getrunken haben!"
„Warum gibt man ihm
denn Wein?"
„Na, zur Stärkung I"
Man
könnte beinahe . . .
Der Prokurist über-
reicht dem Ches ein Krank-
heitszeugnis des Kassierers
Müller.
„Lerr Meyer," sagt er,
„der Kassierer fehlt schon
seit vier Wochen, das Zeug-
nis ist von einem Arzt in
Chikago ausgestellt worden,
und in der Kasse ist ein
Manko von achtzig Mille
vorhanden! Man könnte
beinahe aus den Gedanken
kommen, daß uns der
Müller durchgegangen sei!"
In guten Formen
Schon seit vierzehn
Tagen unterhandelt Willy
Kay mit dem alten Schloch-
auer wegen dessen Tochter
Adolfine. Es ist ein harter
.Handel; der alte Schloch-
auer ist zäh. Leute erklärt
er fest und bestimmt: „Von
fuffzigtausend Mark kann
gar nicht die Rede sein.
Ich geb' vierzigtausend und
keinen Pfennig mehr. Nu
entscheiden Sie sich, ob Sie
se wollen. Es hat sich näm-
lich noch 'n andrer Be-
werber gefunden, der ist
mit vierzigtausend zu-
frieden."
„Ein andrer!" schreit
Willy Kay. „Na, wer
denn?"
Der alte Schlochauer
ist empört. „Ich werd'
Ihnen doch den Namen
nicht nennen. Wir wollen
die Sache doch mit Takt
und Delikatesse erledigen,
nicht wahr?" —- °».
dio jlcr: if Tf m &lajviAx£vl
Dr. Schrull, Gelehrter und Erfinder,
Klüftete die Stirne wild und kraus.
And das flackernde Gehirn dahinter
Dachte sich grandiose Dinge aus:
In geheimer Nächte mystschem Dunkel
.Höchst versteckt ward experimentiert -
Lat er sich den künstlichen Lomunkel,
Den Maschinenmenschen, konstruiert.
Di*. Schrulls } Haschvrienrnensch
Glieder, die aus starrem Stahl gemacht sind,
Werde», sernlenkbar, subtil bewegt,
And Impulse, die horrend durchdacht sind.
Lat er in das Werk hineingelegt:
Knie knicken sanft-graziös im Schreiten,
Schultern wiegen leicht, und Auge blaut,
And von kunstvoll imitierten Läuten
Ist die Mensch-Maschine weich umbaut.
Sprechluft (mittels Automat-Kompressors)
Bringt zum Tönen seinen Kehlkopsritz,
And er trägt die Züge des Professors
And verrät sogar gesunden Witz.
Leicht gelenkt mit einem kleinen Level,
Kontrolliert durch Fernseh-Apparat,
Schickt ihn Schrull sogar in dickem Nebel
And bei Schneegestöber in die Stadt.
Erst zum Zwecke kleiner Kommissionen,
Später führt er Kompliziertres aus:
Bei Bekannten, die weit draußen wohnen,
Macht er Löflichkeitsbesuch im Laus,
Trinkt auch mal 'nen Gilka oder Brandy,
Konversiert charmant, wird plötzlich stumm
And entfernt sich immer eisern, wenn die
Offiziellen zehn Minuten um.
Schließlich läßt er seine Mensch-Maschine
Alles tuen, was er selber tut.
Das Kolleg „Die Niederdruckturbine"
Liest sie anstandslos im Institut.
Aber einmal brachte dieser Racker
— Der Professor sah bedenklich aus —
Die stud. ehern. Lelene Lanewacker
Zum Fünf-Ahr-Tee lächelnd mit nach Laus.
Rasch vertauschte hinter 'ner Portiere
Dr. Schrull sich mit dem Apparat,
And, als ob gar nichts gescbehen wäre.
Bot er- Sandwiches an und Fruchtsalat.
Doch er merkte schon am ersten Tage
— And das hat ihn wirklich irritiert --
Die Maschine hatte ohne Frage
Eigenmächtig ziemlich kokettiert.
Dr. Schrull war eigentlich ein scheuer
Schüchterling. — Wer weiß, wie es passiert?
Jedenfalls fing der Gelehrte Feuer —
Bald ist man zum Standesamt marschiert.
Anprofessorale Flitterwochen
Lebte er in Pisa und in Rom -
Doch als Lenchen anfing, selbst zu kochen,
Dachte er erneut an sein Phantom.
Zeigte Lenchen schlechtgelaunte Miene,
Oder wenn sie ungemütlich ward,
Schickte er statt seiner die Maschine,
And die war im Nehmen furchtbar hart.
Nie sprach Pseudo-Schrull: „Das ist die,Löhe!"
And man findet wohl nicht leicht geschwind
Eine so von Glück durchtränkte Ehe,
Wo die Männer — nicht aus Eise» sind.
-7
A.W.
375
„Was sind Zeitfragen,
Vater?"
„Na, zum Beispiel:
,Wieviel Ahr ist es''?"
Widerspruchsvoll
„Der Kranke ist heute
wieder recht schwach!"
„Wird wohl zu viel
Wein getrunken haben!"
„Warum gibt man ihm
denn Wein?"
„Na, zur Stärkung I"
Man
könnte beinahe . . .
Der Prokurist über-
reicht dem Ches ein Krank-
heitszeugnis des Kassierers
Müller.
„Lerr Meyer," sagt er,
„der Kassierer fehlt schon
seit vier Wochen, das Zeug-
nis ist von einem Arzt in
Chikago ausgestellt worden,
und in der Kasse ist ein
Manko von achtzig Mille
vorhanden! Man könnte
beinahe aus den Gedanken
kommen, daß uns der
Müller durchgegangen sei!"
In guten Formen
Schon seit vierzehn
Tagen unterhandelt Willy
Kay mit dem alten Schloch-
auer wegen dessen Tochter
Adolfine. Es ist ein harter
.Handel; der alte Schloch-
auer ist zäh. Leute erklärt
er fest und bestimmt: „Von
fuffzigtausend Mark kann
gar nicht die Rede sein.
Ich geb' vierzigtausend und
keinen Pfennig mehr. Nu
entscheiden Sie sich, ob Sie
se wollen. Es hat sich näm-
lich noch 'n andrer Be-
werber gefunden, der ist
mit vierzigtausend zu-
frieden."
„Ein andrer!" schreit
Willy Kay. „Na, wer
denn?"
Der alte Schlochauer
ist empört. „Ich werd'
Ihnen doch den Namen
nicht nennen. Wir wollen
die Sache doch mit Takt
und Delikatesse erledigen,
nicht wahr?" —- °».
dio jlcr: if Tf m &lajviAx£vl
Dr. Schrull, Gelehrter und Erfinder,
Klüftete die Stirne wild und kraus.
And das flackernde Gehirn dahinter
Dachte sich grandiose Dinge aus:
In geheimer Nächte mystschem Dunkel
.Höchst versteckt ward experimentiert -
Lat er sich den künstlichen Lomunkel,
Den Maschinenmenschen, konstruiert.
Di*. Schrulls } Haschvrienrnensch
Glieder, die aus starrem Stahl gemacht sind,
Werde», sernlenkbar, subtil bewegt,
And Impulse, die horrend durchdacht sind.
Lat er in das Werk hineingelegt:
Knie knicken sanft-graziös im Schreiten,
Schultern wiegen leicht, und Auge blaut,
And von kunstvoll imitierten Läuten
Ist die Mensch-Maschine weich umbaut.
Sprechluft (mittels Automat-Kompressors)
Bringt zum Tönen seinen Kehlkopsritz,
And er trägt die Züge des Professors
And verrät sogar gesunden Witz.
Leicht gelenkt mit einem kleinen Level,
Kontrolliert durch Fernseh-Apparat,
Schickt ihn Schrull sogar in dickem Nebel
And bei Schneegestöber in die Stadt.
Erst zum Zwecke kleiner Kommissionen,
Später führt er Kompliziertres aus:
Bei Bekannten, die weit draußen wohnen,
Macht er Löflichkeitsbesuch im Laus,
Trinkt auch mal 'nen Gilka oder Brandy,
Konversiert charmant, wird plötzlich stumm
And entfernt sich immer eisern, wenn die
Offiziellen zehn Minuten um.
Schließlich läßt er seine Mensch-Maschine
Alles tuen, was er selber tut.
Das Kolleg „Die Niederdruckturbine"
Liest sie anstandslos im Institut.
Aber einmal brachte dieser Racker
— Der Professor sah bedenklich aus —
Die stud. ehern. Lelene Lanewacker
Zum Fünf-Ahr-Tee lächelnd mit nach Laus.
Rasch vertauschte hinter 'ner Portiere
Dr. Schrull sich mit dem Apparat,
And, als ob gar nichts gescbehen wäre.
Bot er- Sandwiches an und Fruchtsalat.
Doch er merkte schon am ersten Tage
— And das hat ihn wirklich irritiert --
Die Maschine hatte ohne Frage
Eigenmächtig ziemlich kokettiert.
Dr. Schrull war eigentlich ein scheuer
Schüchterling. — Wer weiß, wie es passiert?
Jedenfalls fing der Gelehrte Feuer —
Bald ist man zum Standesamt marschiert.
Anprofessorale Flitterwochen
Lebte er in Pisa und in Rom -
Doch als Lenchen anfing, selbst zu kochen,
Dachte er erneut an sein Phantom.
Zeigte Lenchen schlechtgelaunte Miene,
Oder wenn sie ungemütlich ward,
Schickte er statt seiner die Maschine,
And die war im Nehmen furchtbar hart.
Nie sprach Pseudo-Schrull: „Das ist die,Löhe!"
And man findet wohl nicht leicht geschwind
Eine so von Glück durchtränkte Ehe,
Wo die Männer — nicht aus Eise» sind.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Dr. Schrulls Maschinenmensch"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1930
Entstehungsdatum (normiert)
1920 - 1940
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 172.1930, Nr. 4428, S. 375
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg